Der lange Weg zum fairen Handy
Viele Elektronikgeräte setzen sich aus Rohstoffen zweifelhafter Herkunft zusammen. Transparenzvorschriften sollen das ändern, aber so einfach lässt sich die stark globalisierte Produktion nicht durchleuchten.
Lebensmittel, Textilien, Blumen – fair hergestellte und gehandelte Produkte finden sich in vielen Sortimenten. Im Bereich Informationstechnik sucht man sie allerdings vergebens. Dabei kommen in immer kürzeren Abständen immer mehr Handys, Smartphones und Computer auf den Markt, deren Produktion bis zu 60 verschiedene Rohstoffe frisst.
Hilfsorganisationen bemängeln seit Jahren, dass der Rohstoffabbau in den Ursprungsländern oft zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt – wegen katastrophaler ökologischer und sozialer Rahmenbedingungen oder weil die Erlöse Kriege und Konflikte befeuern. Diamanten und Coltan führen die lange Liste problematischer Rohstoffe an.
Handy-Produktion soll sozial- und umweltverträglicher werden
Der Schrei nach Sozial- und Umweltverträglichkeit wird lauter. Ob die Unternehmen diesen Forderungen überhaupt nachkommen können, ist jedoch fraglich. „Den Überblick über die vielen Fertigungsstufen und Lieferbeziehungen zu gewinnen, ist schwierig“, sagt Friedel Hütz-Adams, der für das Südwind-Institut die Wertschöpfungskette von Mobiltelefonen untersucht hat. Ein Ergebnis seiner Studie: „Die großen, namhaften Handyhersteller konzentrieren sich meist auf die Entwicklung und das Marketing. Die eigentliche Herstellung der Geräte wurde dagegen größtenteils an die Lieferanten abgegeben. Für Herkunft und Förderbedingungen der benötigten Rohstoffe fühlen sich die Markenproduzenten daher schlicht nicht verantwortlich.“
Die Zulieferer in die Verantwortung zu nehmen, fällt schwer. Oft handelt es sich um asiatische Großkonzerne, die ihrerseits wegen schlechter Arbeitsbedingungen in ihren Fabriken in der Kritik stehen. „Diese Unternehmen wollen nicht transparent sein, weder beim Umgang mit ihren Beschäftigten noch bei der Beschaffung der Komponenten“, sagt Cornelia Szyszkowitz, bei der Deutschen Telekom für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen zuständig. Vor ihnen in der Wertschöpfungskette liegen immer noch die Schmelzen, und davor internationale Händler, die ihre Ware wieder aus vielen Quellen beziehen. „Ein Container Coltan, der den Kongo verlässt, kann Erze aus bis zu 200 verschiedenen Förderstätten enthalten“, sagt Ilona Auer-Fege vom Ökumenischen Netz Zentralafrika.
Voraussetzung für eine faire, nachhaltige Handy-Fertigung: Transparenz
Bei solch kleinteiligen Strukturen mit internationaler Gesetzgebung Transparenz erzwingen zu wollen, kann kontraproduktiv sein, ist die Erfahrung von Michael Priester von der Beratungsfirma Projekt Consult. Ab Herbst 2013 schreibt der Dodd-Frank-Act an US-Börsen notierten Unternehmen vor, ihre Liefer- und Produktketten sowie Zahlungen offenzulegen, sofern sie bestimmte Rohstoffe aus dem Kongo oder angrenzenden Ländern verwenden die EU arbeitet bereits an einer ähnlichen Regelung. „Der Dodd-Frank-Act hat zu einer Kriminalisierung kongolesischer Produkte geführt“, sagt Priester. Zertifizierungen, die bei den Bedingungen vor Ort ansetzen, hält er für den nachhaltigeren Weg.
Der Weg zum ethisch unbedenklichen Handy ist weit – das erlebt gerade das niederländische Leuchtturmprojekt Fairphone. „Es gibt Probleme beim Aufbau transparenter Beschaffungsketten“, sagt Christian Kuijstermans von der Unterstützergruppe ActionAid. Um überhaupt voranzukommen, konzentriere sich Fairphone jetzt darauf, Zinn und Kobalt für die geplanten 10 000 Geräte aus zertifizierten Quellen zu beschaffen. Kuijstermans: „Ein zu 100 % faires Smartphone herzustellen, ist derzeit unmöglich.“
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