Die 360-Grad-Fotografie soll der Kamera das Leben retten
Früher hat man sogar gespart, um sich eine richtige Kamera leisten zu können. Jetzt werden Fotos mit dem Smartphone gemacht. Tiefenschärfe, Zoom, Stativ: All das zieht nicht mehr. Doch jetzt wollen die Kamerahersteller wieder die Sehnsucht nach richtigen Kameras entfachen. Das Zauberwort heißt 360 Grad.
Es ist wohl ein Akt der Verzweiflung, was Kamerahersteller wie Ricoh nun zur 360-Grad-Offensive greifen lässt: Im Vergleich zu 2008 hat sich die Zahl der jährlich verkauften Digitalkameras bis heute mehr als halbiert. Von einst 9 Millionen verkauften Digitalkameras sank der Absatz im Jahr 2014 auf nur noch vier Millionen. Auch für dieses Jahr ist keine Besserung in Sicht. Die Gesellschaft für Konsumforschung rechnet mit einem weiteren Rückgang auf dann knapp 3,4 Millionen verkauften Digitalkameras.
Das Smartphone verdrängt die Kompakten
Das ist allerdings kein Wunder, denn die in den aktuellen Smartphones verbauten Kamera-Module werden immer besser und müssen sich hinter den einfachen Digitalkameras nicht mehr verstecken. Im Gegenteil: Auf dem Smartphone lassen sich die Fotos direkt bearbeiten. Sie können zurechtgeschnitten und mit geeigneten Filtern aufgehübscht werden, um sie danach sofort mit Freunden vom Smartphone aus auf Facebook zu teilen. „Es hat einen Großteil der Kompaktkameras substituiert“, sagt Timm Lutter vom IT-Verband Bitkom.
Nun stellt Ricoh auf der Internationalen Funk-Ausstellung in Berlin seine 360-Grad-Kamera namens Theta S vor. Diese Mini-Kamera ist 44x130x22,9 mm groß und wiegt nur 125 g. Und dieser Zwerg kann was: Fotos nimmt die Theta S mit 14 Megapixeln auf. Und die in Full-HD aufgenommenen Videos können bis zu 25 min lang werden. Die kleine Kamera verzichtet auf Sucher und Display, was nur konsequent ist, weil ohnehin alles rundum aufgezeichnet wird.
Kameraspeicher ist fest verbaut
Der Kamerazwerg hat einen fest eingebauten Speicher. Ist er voll, müssen die aufgenommenen Bilder und Videos erst per USB-Anschluss auf ein anderes Medium übertragen werden oder in den digitalen Orkus verschwinden. Laut Ricoh reicht der interne Speicher für 1600 Fotos oder 65 min Video. Über den USB-Anschluss wird auch der Akku der kleinen Kamera aufgeladen.
Dem jetzt auf der IFA vorgestellten neuesten Modell hat Ricoh zusätzlich eine Micro-HDMI-Buchse spendiert. Darüber lassen sich die gespeicherten Fotos und Videos direkt von der Kamera auf dem Fernseher daheim präsentieren. Für die eigentlich gängigen Speicherkarten wie Micro SD hat Ricoh allerdings keinen Platz in der Theta S.
Die Kamera hat zwei Bildsensoren für die beiden auffälligen kugeligen Fisheye-Objektive vorne und hinten. Diese Kugellinsen blicken also in entgegengesetzte Richtungen. Zusammen ergeben sie ein lückenloses Rundum-Panoramabild, in dem der Fotograf oder Filmemacher zwangläufig immer mit im Bild ist. „Die Nutzung von Actioncams zeigt, dass es ein Bedürfnis nach neuen Perspektiven gibt“, sagt Lutter. „Insofern sehe ich gute Chancen für die 360-Grad-Kameras. Zunächst aber eher in der Nische.“
360-Grad-Kamera ab November für 400 Euro im Handel
Die Mini-Kamera von Ricoh mit dem Panorama-Durchblick kommt im November für rund 400 Euro in den Handel. Ricoh ist beim Buhlen der Kunden um den Rundumblick im Selfiebild beileibe nicht alleine unterwegs. Auch Kodak ist mit einer solchen Kamera auf der IFA präsent. Die würfelfömige, gelb-schwarze Pixpro SP 360 mit oben aufgesetzter Kugellinse macht ebenfalls komplette Aufnahmen mit 360-Grad-Umsicht. In der vertikalen Umsicht ist diese Kamera allerdings auf 214 Grad beschränkt. Die Einschränkung ist physikalisch bedingt, weil der Kamerakorpus den Blick in Richtung Boden behindert.
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