Außergewöhnlich manövrierfähig 28.04.2021, 07:00 Uhr

Diese Drohne fliegt wie eine Libelle

Die Natur kann es am besten: Forscher der University of South Australia haben sich eine der ältesten „Flugmaschinen“ der Welt zum Vorbild genommen, um eine ganz neue Generation von Drohnen zu entwickeln – sie werden fliegen wie Libellen.

Prototyp Drohne

Der Prototyp der neuen Drohne sieht ungelenk aus, kann seine Flügel aber erstaunlich bewegen.

Foto: UniSA

Wer schon einmal in der Natur Libellen beobachtet hat, weiß genau, was für erstaunliche Fähigkeiten sie besitzen: Blitzschnell fliegen sie auf ein Ziel zu, stoppen plötzlich ab, unternehmen geschickte Wendungen, bleiben scheinbar mühelos in der Luft stehen, setzen zum Sturzflug an, um anschließend wie Kunstflieger einen Looping zu vollführen. Solche Flugmanöver müsste eine Drohne können – das dachte sich ein Forscherteam der University of South Australia. Jetzt haben sie eine ganz neue Drohnenform präsentiert.

Millionen Jahre der Evolution auf Drohnen übertragen

Warum die Wissenschaftler ausgerechnet eine Libelle als Vorbild wählten, erklärt Javaan Chahl, Projektleiter und Professor für Sensorsystem. Für ihn ist die Libelle der Spitzenflieger unten den Insekten: „Libellen sind in allen Bereichen des Fliegens äußerst effizient. Das müssen sie auch sein. Nach dem Auftauchen aus dem Wasser bis zu ihrem Tod sind männliche Libellen in einen ständigen, gefährlichen Kampf gegen männliche Rivalen verwickelt. Bei der Paarung verfolgen sie die Weibchen in der Luft, und sie sind ständig auf der Flucht vor Fressfeinden. Ihre Flugfähigkeiten haben sich über Millionen von Jahren entwickelt, um ihr Überleben zu sichern.“

Das Ergebnis der Evolution ist erstaunlich: Libellen können unter anderem mit hoher Geschwindigkeit abheben und sich drehen, während sie mehr als das Dreifache ihres eigenen Körpergewichts tragen. Damit sind sie die perfekte Vorlage für innovative Drohnen.

Forschung aus dem Homeoffice

Das klingt logisch, war für die Forschenden aber auch eine extreme Herausforderung. Sie lösten die Aufgaben nämlich während des Lockdowns und arbeiteten größtenteils aus dem Homeoffice an dem Projekt. Sie lösten mathematische Formeln zu Hause auf Whiteboards, digitalisierten Stereofotos von Insektenflügeln in 3D-Modelle und nutzten freie Zimmer als Rapid-Prototyping-Werkstätten, um Teile der Schlagflügel-Drohne zu testen.

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Selbst ohne diese erschwerten Bedingungen wäre die Entwicklung der Libellen-Drohne ein Kraftakt gewesen. Denn die Physiognomie der Libellen ist natürlich eine Besonderheit. Die Wissenschaftler entwickelten daher im ersten Schritt eine spezielle Technik, um die Flügelgeometrie von 75 verschiedenen Libellenarten aus Glasvitrinen in Museumssammlungen zu fotografieren. Das war für sie erheblich einfacher, als die Libellen in der Natur unbeschädigt zu fangen.

Flügel und Körperform der Libellen sind entscheidend

Im nächsten Schritt konstruierten sie 3D-Bilder der Flügel und verglichen die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten. „Libellenflügel sind lang, leicht und steif, mit einem hohen Verhältnis von Auftrieb zu Luftwiderstand, was ihnen eine hervorragende aerodynamische Leistung verleiht“, erklärt Chahl. Die Flügel allein würden das Geheimnis der ausgeklügelten Flugtechnik aber noch nicht erklären.

„Zudem hat sich ihr langer Hinterleib, der etwa 35% ihres Körpergewichts ausmacht, ebenfalls so entwickelt, dass er vielen Zwecken dient.“ Unter anderem helfe er bei der Balance, Stabilität und Manövrierfähigkeit. Damit spiele er eine entscheidende Rolle für die Flugfähigkeit der Libellen. Für die neue Drohne will das Team daher auch diese besondere Körperform nachahmen und auf diese Weise versuchen, die aerodynamischen Eigenschaften der Insekten auf künstliche Drohnen zu übertragen.

Große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten für Libellen-Drohnen

Chahl ist davon überzeugt, dass die Libellen-Drohne eine der wichtigsten Flugmaschinen der Zukunft werden könnte. Denn die hohe Manövrierfähigkeit erlaube eine große Bandbreite an Einsatzgebieten. Die innovativen Drohnen könnten beispielsweise sehr sperrige oder unausgewogene Lasten transportieren oder Missionen fliegen, bei denen es nötig ist, sehr nahe an Menschen heran zu fliegen. Das wäre mit herkömmlichen Drohnen unter Umständen zu gefährlich, weil sie sich nicht so sensibel steuern lassen. Hinzu kommt die hohe Energieeffizienz der Libellen-Drohnen. Der hohe Auftrieb führt dazu, dass sie im Vergleich zu anderen Fluggeräten mit der gleichen Akkuleistung viel länger unterwegs sein können.

Bevor Drohnen geschickt wie Libellen zahlreiche Einsätze fliegen, müssen die Wissenschaftler aber noch eine weitere Hürde nehmen und ihren Prototypen so gestalten, dass er sich in Serie produzieren lässt.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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