Diese Minikamera hat 135 Linsen und ist nur 2 mm dünn
Was haben die Gottesanbeterin und eine neue Kamera gemein? Die richtige Antwort: ein Facettenauge. Und dank der von der Natur abgeschauten Technik ist diese Kamera nur 2 mm dünn. Ideal ist das, um in Smartphones, in der Medizin oder im Auto eingesetzt zu werden.
Fraunhofer Forscher haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sie eine nur noch 2 mm flache Kamera herstellen können. Dabei ist die Linse der Minikamera ähnlich einem Insektenauge in 135 winzige Facetten eingeteilt. Und schafft eine Bildauflösung von einem Megapixel. Und die Forscher erwarten in Kürze noch eine erhebliche Steigerung bei der Bildauflösung. Die Wissenschaftler tauften ihre Erfindung auf den Namen facetVision. Besucher der Technikmesse CES in Las Vegas konnten schon einen Blick auf das kleine Ding werfen.
Wozu der Winzling gut sein soll? Die Wissenschaftler sehen Anwendungsmöglichkeiten in der Automobilproduktion, der Druckindustrie oder der Medizintechnik. Aber auch Otto Normalverbraucher könnte schon bald damit fotografieren, wenn die Minikamera in Smartphones eingebaut wird.
Kamera verfügt über viele 135 Linsen
Eine Aufnahme mit facetVision ist – facettenreich. So verfügt die Kamera, die Ingenieure am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena entwickelt haben, wie das Insektenauge über viele kleine gleichförmige Linsen. Die 135 Linsen sitzen wie Teile eines Mosaiks dicht nebeneinander.
Dabei nimmt jede Facette nur einen Teilausschnitt der Umgebung wahr. Setzt beim Insekt das Gehirn die vielen Einzelbilder zu einem Gesamtbild zusammen, übernehmen das in der facetVision-Kamera Mikrolinsen- und Blenden-Arrays.
Durch den Versatz jeder Linse zu der ihr zugeordneten Blende erhält jeder optische Kanal eine individuelle Blickrichtung und bildet stets einen anderen Bereich ab. Eine Software erstellt aus diesen Einzelbildern dann die gesamte Aufnahme.
Auflösung von bis zu vier Megapixeln
„Zukünftig erreichen wir mit dieser aus der Natur übernommenen Technik bei einer Kameradicke von nur zwei Millimetern eine Auflösung von bis zu vier Megapixel“, sagt Andreas Brückner, Projektleiter am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena.
Damit toppt facetVision bei der Auflösung bisherige in der Industrie eingesetzte Kameras deutlich. Mitgewirkt an der Erfindung haben auch Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen.
Kostengünstige Produktion auf Wafern
Apropos industrielle Anwendung: Für potentielle Anwender dürfte von großem Interesse sein, dass sich die Mikrooptik der Fraunhofer-Forscher in großer Zahl kostengünstig produzieren lassen – durch Verfahren ähnlich jenen, die in der Halbleiterchip-Industrie üblich sind. Computerchips werden in Massen auf Wafern, auf großen Halbleiterscheiben, gefertigt und anschließend durch Sägen voneinander getrennt. Entsprechend können am IOF facetVision Kameraoptiken in Tausender-Stückzahl parallel gefertigt werden.
Projektleiter Brückner kann sich viele Abnehmer vorstellen: „Die Kameras sind zum Beispiel für die Medizintechnik interessant – für optische Sensoren, mit denen man schnell und einfach Blut untersuchen kann.“ Oder eingesetzt als Kameras an Autos, die beim Einparken helfen oder in Industrierobotern, die verhindern, dass die Maschinen mit Menschen kollidieren. Und: „In der Druckerei wiederum benötigt man solche Kameras, um bei laufender Maschine in hoher Auflösung das Druckbild zu überprüfen“, erläutert Brückner.
Fertigung im Kunststoff-Spritzguss ermöglichen
Im Visier für ihre Facettenaugentechnologie haben die Forscher auch Smartphones. Deren Kameraobjektive sind heute üblicherweise 5 mm dick, um die Umgebung zufriedenstellend scharf darstellen zu können. Das erschwert den Herstellern das Design von superdünnen Smartphones: Die Kamera ist dicker als das übrige Smartphone und ragt deshalb aus der Fläche heraus. Die Kameraoptiken für Smartphones werden jedoch nicht auf Wafern, sondern im Kunststoffspritzguss gefertigt.
„Wir möchten das Insektenaugenprinzip auch in diese Produktionstechnologie überführen“, kündigt Brückner an. Bei diesem Verfahren wird heißer flüssiger Kunststoff wie bei einem Waffeleisen in die Form gebracht. Roboter setzen die fertigen Linsen dann in die Smartphone-Kamera ein. Brückner: „Es ist zum Beispiel denkbar, dass wir mehrere kleine Linsen nebeneinander in der Smartphone-Kamera platzieren. So ließe sich der Facetteneffekt auch im Spritzguss realisieren. Auflösungen von mehr als zehn Megapixel bei einer Kameradicke von nur etwa dreieinhalb Millimetern wären möglich.“
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