Ein Chip weiß, wie hoch ein Fußballer springt und wie fest er schießt
Der gläserne Fußballer auf dem Spielfeld bekommt eine neue Dimension: Dank des Chips eines Münchner Unternehmens in Ball und Trikot weiß man jetzt, wie hoch ein Spieler beim Kopfball springt und wie fest er den Ball ins Tor geschossen hat. Eigentlich gehört der Chip in die Welt der Industrie 4.0 und könnte doch den Sport revolutionieren.
Wenn ein Fußballer ausgewechselt wird, sieht der Reporter auf seinem Monitor den Grund. „Er hat zu viele Kalorien verbraucht, ist also ausgepowert“, könnte ein Grund sein. Oder er ist erschöpft, weil er viel weiter gelaufen ist als seine Kollegen. Die Daten liefert ein System, das kürzlich bei einem Spiel des TSV 1860 München und der 2. Mannschaft von Bayern München Premiere hatte. Das Spiel übertrug der Fernsehsender Sport1.
Sender und Empfänger rund um das Spielfeld
Das Spielfeld war zuvor mit vier Sende- und Empfangsanlagen und einer Basisstation ausgestattet worden. Jeder Spieler trug einen neun Gramm leichten Sender, der kaum so groß ist wie eine Streichholzschachtel. Weil es mehrere Empfangsstationen gibt, lässt sich die Position eines jeden Spielers jederzeit ermitteln, und das in Echtzeit.
Sogar vertikale Bewegungen, etwa Sprünge und Stürze, werden erfasst. Weil auch in den Ball ein Sender integriert ist, lässt sich auch die Schussgewalt jeden Spielers ermitteln. Zudem kann ein solches Spiel noch im Nachhinein bis ins kleinste Detail analysiert werden.
Höchstgeschwindigkeit wird gemessen
Sport1 setzte ein System des Münchner Unternehmen Kinexon Industries ein. An jedem Spieltag der Regionalliga überträgt der Privatsender ein Spiel live. Ab sofort wird in allen Fällen das Kinexon-System eingesetzt. Die ermittelten Daten werden, ebenfalls in Echtzeit, aufbereitet und als Graphiken den Zuschauern und Reportern zur Verfügung gestellt.
Damit soll die heute schon übliche Datensammlung auf Grund von Bildauswertungssoftware, die ermittelt, wie weit jeder Spieler läuft, deutlich ausgeweitet werden. Jetzt lässt sich auch die Höchstgeschwindigkeit angeben und wie hoch der eine oder andere beim Kopfball gesprungen ist.
GPS und Glonass als Vorbild
Positionen und Bewegungen werden ähnlich wie bei Satellitennavigationssystemen wie GPS (USA) und Glonass (Russland) ermittelt. „Die fest installierten Empfangsanlagen sind vergleichbar mit den Satelliten“, heißt es bei Kinexon. Gemessen wird die Laufzeit, die die Daten zu den unterschiedlichen Empfangsstationen benötigen. Aus mindestens drei Laufzeiten lässt sich jede Position bestimmen. Ähnlich wie beim Navi im Auto wird auch die jeweilige Geschwindigkeit ermittelt.
„Echtzeit-Leistungsdaten im Sport ermöglichen es uns, neue faszinierende Geschichten zu erzählen und das Erlebnis im Stadion, im TV oder Live-Stream noch lebhafter zu machen“, sagt Maximilian Schmidt, Geschäftsführer von Kinexon Sports. So geschehen bei der Beachvolleyball-Weltmeisterschaft in Wien in diesem Jahr und den World Tour Finals der gleichen Disziplin in Hamburg. Auch im Mountainbike oder beim Motocross-Spektakel X Fighters lieferte die Technik schon Datenfutter für die Übertragungen.
Navigation im Hochregallager
Kinexon hat sein System nicht ausschließlich für den Sport entwickelt. Es wird zum Bestandteil von Industrie 4.0. Der kleine Sender ermöglicht es beispielsweise, Waren zu finden, die in einem riesigen Hochregallager versteckt sind. Damit wird eine automatische Kommissionierung möglich. Autonom fahrende Systeme, ebenfalls mit Sendern ausgestattet, rollen schnurstracks zum Ziel und nehmen die bestellte Ware huckepack, um sie zum wartenden Lkw zu bringen. BMW, Audi, Intel und Arculus setzen das System bereits ein.
Das System lässt sich auch nutzen, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu verbessern. Nähert sich ein Mitarbeiter einer besonders gefährlichen Zone, zu der er keinen Zutritt hat, wird Alarm ausgelöst.
Doch nicht nur Kinexon will dem Sport neue Analysetechniken bieten. Das Hassa-Plattner-Institut hat eine Software entwickelt, mit der sich Spielszenen analysieren lassen. Eine große Erleichterung: Pro Spiel erfassen videogestützte Systeme etwa 1,5 Millionen Spielerpositionen. Das ist ohne Software nicht zu bewältigen.
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