Festkörper mit speziellen Symmetrien könnte die Quantentechnologie entscheidend voranbringen
Auch in der Quantentechnologie geht es bei Innovationen meistes darum, dass sie die Technologie schneller und effizienter gestalten. Forschende der Technischen Universität München und des Max-Plank-Instituts für Festkörperforschung könnte hier ein Durchbruch gelungen sein.
Der Transport von Elektronen ist Grundlage vieler Anwendungen. Effizienter würde sie möglicherweise, wenn Bauteile einfach nur sogenannte Spin-Informationen übermitteln könnten. Daran haben Physiker der Technischen Universität München (TUM) und des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart gearbeitet. Forschende haben sich vor allem mit Energiebändern beschäftigt. Sie entstehen laut dem sogenannten Bändermodell, sobald sich zwei Atome annähern, da sich die atomaren Elektronenniveaus aufgrund der elektrostatischen Wechselwirkung der Elektronen spalten. Das hat eine Verschiebung der Energieniveaus zur Folge, woraus am Ende die Energiebänder resultieren.
Reibversuche und atomare Simulation entschlüsseln Verschleiß
In Atomen, so haben die Forschenden beobachtet, stiegen die Energieniveaus in einer bestimmten Reihenfolge. In Festkörpern dagegen könne sich die Reihenfolge je nach Bewegungsrichtung und Wellenlängen der Elektronen auch verändern. Das liege vermutlich auch daran, dass Festkörper aus unterschiedlichen Orbitalen, sprich Räumen mit einer bestimmten Aufenthaltswahrscheinlichkeit, entstünden, schreiben die Wissenschaftler. Das Ergebnis: Die Lage der Energieniveaus ließen sich für bestimmte Bewegungsrichtungen und Wellenlängen auch kreuzen. Genauer gesagt sind die Energien an den Kreuzungen exakt gleich. Für die Forschenden waren in diesem Zusammenhang besonders solche Materialien von Interesse, bei denen diese Kreuzungen auf dem Niveau liegen, dessen Elektronen für die Leitfähigkeit verantwortlich sind. In der Physik ist dieses Niveau auch als Fermi-Energie bekannt.
„Eigenschaften des Materials ein- und ausschalten“ – Innovation für die Quantentechnologie
Nun sind Kreuzungen von Energiebändern nicht neu, sondern bereits seit den 1930er-Jahren bekannt. Allerdings hat es sich dabei immer um Lücken gehandelt, die bei den Kreuzungen der Energiebänder entstanden. Deshalb hielt man sie für ein eher bedeutungsloses Kuriosum. Mit Entdeckung der topologischen Isolatoren änderte sich das. Ihre elektronische Struktur der Oberfläche wies Kreuzungen genau an der Fermi-Energie auf. Ferner wurde bekannt, dass die Kreuzungen besonders stabil sind und nicht durch Elektronenabstoßung aufgehoben werden. Das führte dazu, dass die Forschung zahlreiche Materialien mit topologischen Kreuzungen der Energiebänder im Inneren der Materie entdeckte. Was bisher jedoch fehlte: Es ließ sich bei keinem der bekannten Materialien vorhersagen, ob die Kreuzungen exakt auf dem Niveau der Fermi-Energie liegen. Vielmehr war die Übereinstimmung mit dem Fermi-Niveau jedes Mal eher ein Zufall.
Dem Forscherteam gelang es nun, die Kreuzungen zu finden und den theoretischen Hintergrund zu klären. „Eine wesentliche Voraussetzung sind sogenannte nicht-symmorphe Symmetrien. „In Mangan-Silizium ist dies eine Drehschraubung der Anordnung der Atome“, erklärt Andreas Schnyder vom Max-Plank-Institut für Festkörperforschung. „Damit aber nicht genug“, ergänzt Marc Wilde von der TUM. „Wir konnten zusätzlich zeigen, dass eine Magnetisierung in einem solchen Material die entscheidenden Symmetrien und damit die Knotenebenen aufheben kann. Damit können wir diese Eigenschaften des Materials ein- und ausschalten.“
Damit könnte auch topologisches Quantencomputing möglich werden
Die Forschenden stellten fest, dass Bänder sich bei bestimmten Materialien immer paarweise kreuzen. Das geschehe, wie sie schreiben, auf den sogenannten Knotenebenen. Dies erlaube es, eine Kreuzung am Fermi-Niveau sehr einfach zu finden. Mit diesem ersten Ergebnis ging die Arbeit für die Forschenden weiter. Sie untersuchten alle bekannten Klassen von Kristallstrukturen, mit dem Ziel, diejenigen zu finden, welche die gleichen Eigenschaften besitzen. Denn damit ist die Grundlage geschaffen, um künftig gezielter nach vergleichbaren Materialien suchen zu können.
„Mit Mangan-Silizium als Beispiel und den jetzt entwickelten theoretischen Grundlagen können wir nun gezielt Materialien auswählen und optimieren“, sagt Christian Pfleiderer von der TUM. Damit erhofft sich die Forschergruppe auf neue Materialien zu stoßen, die einerseits sehr viel energieeffizientere elektronische Bauteile möglich machen, und andererseits zu neuen Anwendungen führen, bei denen sich mit äußeren Magnetfeldern die Auswirkungen der Magnetisierung auf Knotenebene kontrollieren lässt. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erhoffen sich damit, dass solche Materialien irgendwann auch topologisches Quantencomputing ermöglichen. Denn der Vorteil dieser Materialien liege in den Charakteristiken der Kreuzungspunkte und verspreche eine geringere Störungsanfälligkeit. Das könne sogar zur Folge haben, dass Quantencomputer auf einer solchen Basis möglicherweise nicht mehr bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt betrieben werden müssten.
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