Forschern gelingen erstmals Ultraschall-Videos
Eine Gruppe aus Wissenschaftlern hat die Projektion von Ultraschall-Wellen weiterentwickelt. Der neue technische Ansatz führt zu einem interessanten Ergebnis: Holografische Abbildungen lassen sich mit ihm zeitaufgelöst darstellen. Mit anderen Worten: Filmsequenzen sind möglich.
Schon Aristoteles soll in seinen Schriften von einem spannenden Phänomen berichtet haben: Luft pralle an einer Wand ab und werde wie ein Ball zurückgeworfen. Aus dieser Erkenntnis haben Wissenschaftler vor mehr als hundert Jahren die Ultraschall-Technik entwickelt. Die dabei erzeugten Bildern haben seitdem einen erstaunlichen Siegeszug angetreten und sind heute vor allem für Medizin und Industrie unverzichtbar, unter anderem für die Diagnostik und für die industrielle Messtechnik sowie wie für die Qualitätssicherung.
Heute gibt es für die Detektion und Analyse des Ultraschalls unterschiedliche Technologien, die für eine immense Bandbreite der Einsatzgebiete gesorgt haben. Die Erzeugung und Projektion der Schallwellen ist im Vergleich jedoch nur wenig vorangeschritten. Das soll sich jetzt ändern. Wissenschaftler der Forschungsgruppe Mikro, Nano und Molekulare Systeme am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und des Instituts für Physikalische Chemie der Universität Stuttgart haben einen speziellen digitalen Chip vorgestellt. Er bringt eine spezielle Eigenschaft mit – Filmsequenzen mit Ultraschall sollen nun möglich sein.
Projektor produziert komplexe Bilder
In der Regel basieren Ultraschall-Systeme auf Schallgeneratoren, die einen Strahl erzeugen, beugen oder fokussieren können. Komplexe Motive wie Bilder können sie jedoch nicht projizieren. Genau das wollte jedoch das Forscher-Team erreichen. Dafür haben die Wissenschaftler ein System entwickelt, mit dem es möglich ist, akustische Bilder in Wasser zu projizieren. Diese lassen sich dynamisch anpassen, ohne dass es zu großen Zeitverzögerungen kommt.
Grundlage der Technologie ist ein neuartiger Ultraschall-Projektor. Für ihn haben die Wissenschaftler am Institut für Mikroelektronik Stuttgart einen besonderen CMOS-Chip entwickelt (CMOS = Complementary metal-oxide-semiconductor), also einen speziellen Halbleiterdetektor. Er kann durchlaufende Schallwellen dynamisch verändern. Vereinfacht gesagt, erzeugt der Chip Mikrobläschen, die sich digital ein- und ausschalten lassen, und das extrem schnell. Deswegen ist es möglich, mit dem Projektor räumliche akustische Felder und damit Muster aus fokussiertem Ultraschall entstehen zu lassen. „Diese Technik kann beispielsweise hilfreich sein, wenn man Ultraschall nur auf eine eng begrenzte Zielregion anwenden und vorsichtig darauf einstellen will – so wie es in medizinischen Anwendungen wünschenswert ist”, sagt Zhichao Ma, Erstautor der in Nature Communications erschienenen Forschungsarbeit.
Chip erzeugt gezielt Luftbläschen als Schallschutz
Für diese Leistung wurde der CMOS-Chip mit mehr als 10.000 winzigen, vergoldete Elektroden ausgestattet. Sie sind als Matrix auf der Chip-Oberfläche angeordnet und können einzeln digital angesteuert werden. Die dafür notwendige Elektronik haben die Forscher in den Chip integriert. Außerdem steht die Oberfläche des Chips mit einer wässrigen Lösung in Kontakt. Wenn nun Spannung an eine Elektrode angelegt wird, passiert Folgendes: Es fließt Strom, und durch Elektrolyse wächst eine winzige Blase an der Elektrodenoberfläche. Solche Luftschichten, wie dünn sie auch sein mögen, blockieren den Ultraschall im Wasser. Jede einzelne Blase stoppt also den Strahl und arbeitet im Grunde wie ein lokaler Schallschutz.
Mit dem CMOS-Chip ist es möglich, diese Blasen gezielt an ausgewählten Punkten zu erzeugen, wodurch eine Art Maske oder Schablone aus Stellen entsteht, die vom Ultraschall ausgenommen sind. Diese Maske können die Wissenschaftler wie ein digitales Hologramm formen. Das Ergebnis ist eine ausgehende akustische Welle, die in einem zuvor festgelegten akustischen Bild geformt ist. Im nächsten Schritt werden die Blasen vom Chip entfernt und neu arrangiert. Das nächste Bild entsteht. Die schnelle Abfolge der Bilder führt zu einem Ultraschall-Film.
Weitere Anwendungsgebiete für Ultraschall denkbar
Die Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass ihr neuartiger Projektor weitere Anwendungsgebiete für die Ultraschall-Technik eröffnet, beziehungsweise die bestehenden Möglichkeiten in vielen Bereichen verbessert. Denn nicht nur die Bildgebung im medizinischen Bereich ließe sich damit gezielter steuern: In einem Experiment haben die Forscher beispielsweise Polymerteilchen in verschiedene Formen arrangiert, die sich über die Zeit verändern, und sogar lebende Zellen könnten sortiert werden, indem man akustische Hologramme einsetzt.
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