Kabelbrand 09.11.2015, 12:56 Uhr

Gase aufspüren: Sensoren warnen, bevor es brennt

Schmorende Kabel lösen oft verheerende Brände aus. Neuartige Sensoren spüren bereits im Anfangsstadium die Gase auf, die beim Verdampfen der Isolierung entstehen. Sie schlagen Alarm, lange bevor das Feuer richtig ausbricht. Es gibt auch noch andere Anwendungsmöglichkeiten: Bei der Lebensmittelherstellung können sie vor Schimmel warnen.

Da war es schon zu spät: Ein Notfallmanager der Deutschen Bahn telefoniert am 6. Oktober 2015 in der Nähe des durch ein Feuer zerstörten Stellwerks in Mülheim an der Ruhr. Ursache war ein Kabelbrand.

Da war es schon zu spät: Ein Notfallmanager der Deutschen Bahn telefoniert am 6. Oktober 2015 in der Nähe des durch ein Feuer zerstörten Stellwerks in Mülheim an der Ruhr. Ursache war ein Kabelbrand.

Foto: Monika Skolimowska/dpa

Das Orakel von Delphi konnte der Legende nach in die Zukunft schauen. Wissenschaftler der Neuzeit können das auch, allerdings nicht mit magischen Kräften, sondern mit purer Naturwissenschaft: Sie haben einen Sensor entwickelt, der Alarm schlägt, bevor ein Feuer ausbricht. Ursache ist häufig ein Teilkurzschluss in einem elektrischen Kabel. Das beginnt zu schmoren, die Ummantelung verfärbt sich und verdampft nach und nach wegen der entstehenden Hitze.

Wenn jemand das sieht, das dabei auftretende Knistern hört oder den Gestank verdampfenden Kunststoffs riecht, kann er die Gefahr abwenden und einen Notschalter betätigen oder die Sicherung raushauen. Doch meist schmort das Kabel unbeachtet vor sich hin, bis das Feuer ausbricht.

Vier Metalloxide spüren Schwelgase auf

Wissenschaftler am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Hochschule Karlsruhe haben jetzt einen Vierfach-Sensor entwickelt, der auf die Gase reagiert, die beim Schmoren eines Kabels frei werden, noch ehe der Mensch eine Chance hat, etwas wahrzunehmen. „Für die Entwicklung des Sensors nutzen wir den Effekt, dass vielerlei Gase in Abhängigkeit der Temperatur ganz unterschiedlich mit gassensitiven Metalloxiden reagieren“, sagt Professor Heinz Kohler vom Institut für Sensorik und Informationssysteme an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft.

Der Sensor besteht aus vier Feldern mit unterschiedlichen Metalloxiden. Sie ändern ihren temperaturabhängigen elektrischen Widerstand bei Kontakt mit Gasen. 

Der Sensor besteht aus vier Feldern mit unterschiedlichen Metalloxiden. Sie ändern ihren temperaturabhängigen elektrischen Widerstand bei Kontakt mit Gasen.

Quelle: KIT/HsKA

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Die Forscher arbeiten mit vier verschiedenen Metalloxiden. Diese werden in einem bestimmten Rhythmus aufgeheizt und kühlen wieder ab. Im Kontakt mit einem Schwelgas ändert sich der elektrische Widerstand. Dann löst der Sensor Alarm aus. „Die Kombination des intelligenten Auswertungsverfahrens mit der physikalischen Messung ist Kern der Entwicklung“, sagt Hubert Keller, Projektleiter Simulation und Messtechnik am KIT.

Stellwerksbrand hätte verhindert werden können

Die Sensoren könnten beispielsweise in Kabelschächten eingesetzt werden. Oder in Stellwerken der Deutschen Bahn. Sie hätten den verheerenden Kabelbrand Anfang Oktober in Mülheim an der Ruhr wahrscheinlich frühzeitig gemeldet und wochenlange Störungen auf der viel befahrenen Strecke Ruhrgebiet-Hannover/Berlin verhindert.

Die Fähigkeit der Sensoren, Gasgemische aufzuspüren und Einzelgas-Konzentrationen zu bestimmen, ließe sich aber auch nutzen, um in der Lebensmittelüberwachung giftige Schimmelpilzgase nachzuweisen, um in Düngemittelsilos vor dem Auftreten explosiver Gase zu warnen oder um Leckagen an Erdgasleitungen zu entdecken.

 

Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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