Forschung 28.06.2019, 07:00 Uhr

Induktives Laden schadet Smartphones und kostet mehr Energie

Moderne Mobiltelefone lassen sich heute drahtlos mit Energie versorgen. Bei dem Verfahren altern Akkus jedoch nicht nur schneller, auch der Energiebedarf ist deutlich höher.

Handys mit Ladekabeln

Ladekabel sind lästig, für Akus aber wohl die bessere Alternative, verglichen mit dem drahtlosen Laden.

Foto: panthermedia.net/adamr

Beim induktiven Laden wird Strom kontaktlos an einen Akku übertragen. Viele Smartphones der neuen Generation nutzen dieses Prinzip. Anwender schätzen vor allem, dass unterschiedliche Anschlussstandards keine Rolle mehr spielen. Auch die Buchsen werden durch häufiges Ein- und Ausstecken nicht mehr strapaziert. Dem stehen bekannte Nachteile wie eine längere Ladedauer und ein höherer Stromverbrauch gegenüber. Forscher der University of Warwick fanden jetzt Hinweise, dass sich beim induktiven Laden außerdem die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus verringert.

Leistungseinbußen durch höhere Temperaturen

Eines der Hauptprobleme beim drahtlosen Ladeverfahren ist die Abwärme. Sowohl das Ladegerät als auch das Smartphone geben thermische Energie ab. Da beide Geräte in räumlich engem Kontakt stehen, steigt die Temperatur im Handy durch Wärmeleitung weiter. In seinem Inneren befindet sich die Empfangsspule zur Energieübertragung nahe an den Akkus. Aufgrund des verkapselten Gehäuses gelingt es kaum, Wärme abzuleiten.

Das hat Folgen: Laut Svante Arrhenius (1859 bis 1927), einem schwedischen Physiker und Chemiker, verdoppelt sich die Reaktionsgeschwindigkeit mit jedem Temperaturanstieg um 10 Grad Celsius. In einer Batterie entwickeln sich durch höhere Werte schneller sogenannte Passivierungsfilme, also dünne, inerte Schichten, die Elektrodenoberflächen weniger reaktiv machen. Solche chemischen Reaktionen erhöhen den Innenwiderstand einer Zelle irreversibel, was letztendlich zu Leistungseinbußen und Ausfällen führen kann. Außerdem definieren die Hersteller von Lithium-Ionen-Akkus 50 bis 60 Grad Celsius als Obergrenze, um Sicherheitsauflagen zu erfüllen. Hitze stellt also auch einen Risikofaktor dar.

Experimente im Labor bestätigen Hypothese

Diese bekannten Fakten waren für Forscher der University of Warwick Grund genug, um einige Laborexperimente durchzuführen. Sie verglichen dabei drei häufige Szenarien – das Aufladen per Kabel, per Induktion und per Induktion bei falscher Ausrichtung. Zum Hintergrund: Platzieren Anwender ihr Smartphone falsch auf der Ladestation, kompensiert die Elektronik diesen Fehler. Sie erhöht die Sendeleistung oder passt die Betriebsfrequenz an, was zu weiteren Effizienzverlusten führt und die Wärmeerzeugung nach oben treibt. Die Wissenschaftler bestimmten nicht nur Stromstärken und Temperaturen; per Computertomographie warfen sie einen Blick in das Gerät, um heiße Stellen zu erkennen.

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Bei einem Telefon, das mit herkömmlichem Netzstrom aufgeladen wurde, überschritt die maximale Durchschnittstemperatur innerhalb von drei Stunden nach dem Aufladen 27 Grad Celsius nicht. Im Gegensatz dazu erreichte die Temperatur eines Telefons, das durch induktives Laden aufgeladen wurde, einen Höchstwert von 30,5 Grad Celsius, verringerte sich jedoch allmählich in der zweiten Hälfte der Ladezeit. Bei diesem Szenario hatten die Wissenschaftler das Ladegerät und das Smartphone exakt positioniert.

Im Falle einer falsch ausgerichteten induktiven Aufladung war die Spitzentemperatur von ähnlicher Größe (30,5 Grad Celsius), diese Temperatur wurde jedoch früher erreicht und hielt viel länger an. Die Autoren nennen 125 Minuten gegenüber 55 Minuten bei einer korrekten Positionierung. Aufgrund Arrhenius‘ Zusammenhang sei deshalb mit einer schnelleren Alterung der Akkus zu rechnen, konstatieren die Wissenschaftler.

Energieverluste beim Ladevorgang

Sie berichten noch von einem weiteren Nachteil des induktiven Verfahrens. Ihren Messungen zufolge lag die maximale Leistungsaufnahme bei 9,5 Watt, sollten Telefon und Ladestation akkurat ausgerichtet sein. Bei falscher Positionierung vergrößerte sich der Wert auf 11,5 Watt. Auf den ersten Blick wirken solche Unterschiede gering. Da sie aber etliche Millionen Smartphones betreffen, ist der Energieverlust gewaltig. Abwärme stellt das nächste Problem dar. Die maximale Durchschnittstemperatur des Senders betrug 35,3 Grad Celsius. Das sind zwei Grad mehr als bei korrekter Positionierung der Geräte.

Jetzt ist die Zeit reif für Verbesserungen. An Ideen mangelt es den Experten nicht. Sie stellen fest, dass zukünftige Ansätze diese Übertragungsverluste verringern und somit die Erwärmung reduzieren können, indem

  • ultradünne Spulen,
  • höhere Frequenzen und
  • eine optimierte Antriebselektronik

verwendet werden. Außerdem fordern sie ein Design, das falsche Positionierungen der Geräte verhindert. Wer sein Gerät aber länger benutzen möchte, sei gut beraten, auf ein Ladekabel zurückzugreifen, schlussfolgern die Autoren.

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Ein Beitrag von:

  • Michael van den Heuvel

    Michael van den Heuvel hat Chemie studiert. Unter anderem arbeitet er für Medscape, DocCheck, für die Universität München und für pharmazeutische Fachmagazine. Seit 2017 ist er selbstständiger Journalist und Gesellschafter von Content Qualitäten. Seine Themen: Chemie/physikalische Chemie, Energie, Umwelt, KI, Medizin/Medizintechnik.

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