Unabhängigkeit von Asien 20.06.2023, 10:03 Uhr

Intel-Chips aus Deutschland: Bund steuert 9,9 Milliarden Euro bei

Europa strebt nach größerer Unabhängigkeit von Asien in der Chipproduktion. Ein wichtiger Fortschritt in diese Richtung ist die Ansiedlung von Intel in Magdeburg, für die der Bund beträchtliche finanzielle Mittel bereitstellt.

Intel

Intel investiert 30 Milliarden Euro in die Chipproduktion in Deutschland, der Bund steuert rund ein Drittel davon bei.

Foto: Intel

Es war ein zähes Ringen, nachdem Intel vor einigen Wochen plötzlich drei Milliarden Euro mehr für die Ansiedlung einer Chipfabrik in Magdeburg forderte. Letztlich bekommt der US-Konzern nun die geforderten 9,9 Milliarden Euro Fördergelder. Für insgesamt 30 Milliarden Euro sollen nun in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt zwei Halbleiterwerke sowie ein High-Tech-Park für Zulieferer entstehen. Bundeskanzler Olaf Scholz spricht von der größten ausländischen Direktinvestition der deutschen Geschichte.

„Investition bringt Deutschland technologisch an die Weltspitze“

Die Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz, dass der US-Chipriese Intel für 30 Milliarden Euro Fabriken in Magdeburg bauen wird, markiert die größte ausländische Direktinvestition in der deutschen Geschichte. Scholz betonte gegenüber dpa, dass diese Investition Deutschland technologisch an die Weltspitze bringen wird. Fast genauso wichtig: Deutschland wird dadurch wahrscheinlich unabhängiger von Lieferbeziehungen zu Asien. Um dieses Ziel zu erreichen, leistet die Bundesregierung einen erheblichen Beitrag von rund einem Drittel der Gesamtsumme als Fördermittel.

Nach der Unterzeichnung eines Fördervertrags über 9,9 Milliarden Euro kündigte Intel-CEO Pat Gelsinger den baldigen Baubeginn für die geplante Chip-Fabrik in Magdeburg an. Der Start der Bauarbeiten ist für Ende dieses Jahres oder Anfang des nächsten Jahres geplant. Aktuell laufen auf dem Gelände archäologische Untersuchungen und Vorarbeiten für den Bau.

Angst vor einem Rückzieher von Intel

Hinter verschlossenen Türen in Berlin wurde monatelang intensiv verhandelt. Im März 2022 hatte Intel bekannt gegeben, dass in der Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt ab 2027 Chips produziert werden und dafür zwei Halbleiterwerke errichtet werden sollen. Mehrere Tausend neue Arbeitsplätze sollten entstehen. Doch Ereignisse wie der Ukraine-Krieg, die Energiekrise und die Inflation haben die Preise explodieren lassen. Und damit stiegen die Zweifel, ob das US-Unternehmen sich nicht zurückziehen würde, wenn ihm die staatlichen Hilfen nicht ausreichen würden.

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Seit Montag, den 19. Juni, ist man einen entscheidenden Schritt weiter:  Die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und dem Unternehmen wurde getroffen. Statt der bisher zugesagten 6,8 Milliarden Euro vom Bund sollen laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur nun 9,9 Milliarden Euro bereitgestellt werden.

Noch im Februar dieses Jahres hat Bundesfinanzminister Christian Lindner verkündet, dass man sich nicht erpressen lasse. Schon damals wurde diese Aussage als wenig zielführend bezeichnet, denn bei der Ansiedlung von Intel in Magdeburg, geht es nicht nur um Deutschland, sondern um die Zukunft der europäischen Halbleiterindustrie.

Beim Tag der Industrie betonte Scholz, dass Deutschland in der Vergangenheit in Bezug auf Halbleiter in einseitige Abhängigkeiten geraten sei. Durch den European Chips Act und das Ziel der EU-Kommission, bis 2030 ein Fünftel der weltweiten Halbleiterproduktion nach Europa zu holen, werde sowohl die Abhängigkeit Deutschlands als auch der EU insgesamt verringert.

Noch fehlt grünes Licht aus Brüssel

Für die Umsetzung der Pläne fehlt nun noch die Zustimmung aus Brüssel, aber in Deutschland herrscht Optimismus. Die Europäische Union strebt danach, in der Chipproduktion technologisch unabhängiger von Asien zu werden. Durch milliardenschwere Subventionen sollen internationale Hersteller ermutigt werden, sich in Europa anzusiedeln.

In Dresden plant beispielsweise Infineon die Erweiterung seiner Produktionsstätte, was etwa 1000 neue Arbeitsplätze schaffen soll. In Breslau (Wrocław), Polen, plant Intel den Bau einer Chipfabrik, in der Mikroprozessoren montiert und getestet werden. Im saarländischen Ensdorf plant der US-Konzern Wolfspeed den Bau einer modernen Chipfabrik.

In Magdeburg sind neben den beiden Halbleiterwerken auch ein High-Tech-Park für die Ansiedlung von Zulieferern geplant. Laut dem CEO von Intel, Pat Gelsinger, sollen dort etwa 3000 Hightech-Arbeitsplätze entstehen, zusätzlich zu mehreren Zehntausend Arbeitsplätzen bei Zulieferern und verwandten Branchen.

Gelsinger sprach in Berlin von einem wichtigen Schritt hin zu einer ausgewogenen und widerstandsfähigen Lieferkette für Europa. In vier bis fünf Jahren solle die Produktion in Sachsen-Anhalt beginnen. „Die Investition von Intel wird die Halbleiterproduktion in Deutschland auf ein neues Niveau heben und ist ein wichtiger Beitrag zur wachsenden europäischen Souveränität“, betonte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Rekordinvestitionen für Deutschland

Sowohl die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung als auch die Investitionen des US-Konzerns in seine deutschen Werke werden deutlich erhöht. Ursprünglich hatte Intel im Jahr 2022 eine Investitionssumme von etwa 17 Milliarden Euro für Magdeburg angegeben. Doch mittlerweile sind die Bau- und Energiekosten gestiegen. Darüber hinaus hat das Unternehmen zugesagt, eine noch modernere Chip-Technologie zu nutzen, die in den neuesten Smartphones und Computern Verwendung findet.

Daher belaufen sich die Gesamtkosten auf rund 30 Milliarden Euro, einschließlich der staatlichen Fördermittel. Eine Rekordsumme, wenn man bedenkt, dass bereits die anfänglich genannten 17 Milliarden Euro etwa dreimal so hoch waren wie die Investition von Tesla in Brandenburg.

Laut Regierungskreisen verdoppelt Intel seine Investitionen nahezu. Die staatliche Förderung soll um gut drei Milliarden Euro erhöht werden. Dadurch verringert sich der relative Anteil der Bundesförderung: Ursprünglich hatte die Regierung 40 Prozent des Investitionsvolumens beigetragen, jetzt sollen es rund 33 Prozent sein.

Es gibt auch Kritik an der hohen Förderung

Die Frage der staatlichen Hilfen ist unter Experten umstritten, insbesondere das Wirtschaftsforschungsinstitut IWH äußerte mehrfach scharfe Kritik. Der IWH-Chef, Reint Gropp, plädierte dafür, die Förderung auf Forschung und Entwicklung an Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Unternehmen zu konzentrieren.

In der Bundesregierung setzte sich vor allem Habeck für höhere Subventionen ein, um die Ansiedlung zu ermöglichen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonte hingegen mehrfach, dass im regulären Bundeshaushalt kein weiteres Geld vorhanden sei.

Die zusätzlichen Mittel sollen Berichten zufolge nicht aus dem regulären Etat, sondern aus einem Sondertopf stammen. Ersten Informationen zufolge handelt es sich dabei um den Klima- und Transformationsfonds, aus dem die Bundesregierung Projekte für mehr Klimaschutz und die Transformation der Wirtschaft finanziert. Allerdings sollen aus dem gleichen Topf auch Fördermittel für den kürzlich beschlossenen Heizungstausch und verschiedene andere Projekte bereitgestellt werden. (mit dpa)

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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