Kamera versorgt sich selbst mit Energie
Mal eben ein Selfie: Seit dem Siegeszug der Smartphones mit integrierter Fotokamera wird soviel fotografiert, wie noch nie zuvor. Dumm nur, wenn im entscheidenden Moment mal wieder der Akku aufgibt. Dieses Ärgernis dürfte schon bald der Vergangenheit angehören. Künftig macht man Bilder völlig autark – ohne Akku.
Zugegeben: Von den heutigen Full-HD-Videokameras mit Bildsensoren von 1920 mal 1080 Pixeln, das sind stolze 2,07 Millionen Bildpunkte, ist die Kamera vom Team um Professor Shree Nayar der Columbia Universität in New York noch weit entfernt. Die „Self-Powered Camera“ bringt es gerade einmal auf schlappe 120 Bildpunkte.
Es geht bei diesem Prototypen einer neuen Kamerageneration auch definitiv nicht um die Bildauflösung, es geht um die völlige Unabhängigkeit von jeder Art einer Stromversorgung. Kein Akku, keine Batterie, keine Steckdose. In dieser Kamera ist der Bildsensor der Lieferant für den Strom.
Photozellen schalten ständig zwischen beiden Funktionen um
Möglich macht dies ein Pixel-Stromkreis: Die Photodioden der Pixel werden nicht nur zum Messen des Lichteinfalls auf den Sensor benutzt sondern wandeln das einfallende Licht auch in elektrische Energie um.
Die einzelnen Photozellen schalten somit ständig zwischen der Bildsensor- und der Stromerzeugungsfunktion um. Sobald ein Bild aufgenommen und ausgelesen worden ist, wandeln die Photodioden das auftreffende Licht in Energie um, die dann für das nächste Bild verwendet wird.
Kondensator dient als Zwischenspeicher für den Sensorstrom
Ein Kondensator dient dem System als Zwischenspeicher der vom Sensor erzeugen Energie bis zum nächsten Bildzyklus. Das erinnert ein wenig an die Kondensator-Blitzgeräte aus der analogen Zeit, bei denen ein stetig höher werdender Ton den Ladevorgang des Kondensators begleitete. Für den Fotografen hieß es warten: Erst wenn dieser Ladeton kaum noch zu hören war, konnte der nächste Blitz ausgelöst werden.
Jede Sekunde ein Bild
Genauso ist es bei der Kamera von Professor Nayar: Kaum ist der Kondensator aufgeladen, wird wieder ein Bild erzeugt. Beim Prototypen reicht die Beleuchtungshelligkeit einer Szene von 300 Lux aus, einen unendlichen Zyklus von einem Bild je Sekunde aufzunehmen. Schwankt die Helligkeit, haben die Forscher einen adaptiven Algorithmus entwickelt, der die Framerate der Kamera abhängig von der Spannung am Kondensator und den vorherrschenden Lichtverhältnissen anpasst.
Die Kamera kann sogar Akkus aufladen
Wird die Kamera gerade nicht zur Bilderzeugung benutzt, kann sie sogar als Ladegerät für einen angeschlossenen Akku oder andere Geräte dienen.
„Aber wir haben uns bewusst für eine extreme Vorgehensweise entschieden, um zu zeigen, dass der Sensor in der Kamera wirklich ohne äußere Energieversorgung funktioniert. Deshalb haben wir nur einen Kondensator zu Energiespeicherung benutzt“, erläutert Shree Nayar. Er bezeichnet diese Art der lokalen Energiegewinnung als „Energy Harvesting“, also Energie-Ernte.
Bildsensor besteht aus handelsüblichen Komponenten
Der 30×40-Pixel-Bildsensor der Prototyp-Kamera besteht aus handelsüblichen Komponenten. Das Ganze ist in einem klobigen Gehäuse aus einem 3D-Drucker untergebracht, welches ein wenig an den Vorläufer jeder Fotokamera, die Lochkamera, erinnert. Für Professor Nayar ist der Prototyp erst der Anfang einer rasanten Entwicklung.
Er will die energie-autarke Kamera zu einem wesentlich handlicheren Gerät weiterentwickeln. Für ihn reiht sich seine Erfindung nahtlos ein in die neue Zeit aus Wearable Computing, Sensornetzwerken und dem Internet der Dinge. „Eine Kamera, die unabhängig und zeitlich unbegrenzt funktioniert – ohne externe Energieversorgung – wäre unglaublich nützlich.“
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