Licht kontrollieren 13.11.2024, 10:38 Uhr

Läuten photonische Zeitkristalle eine neue Ära der Lichtsteuerung ein?

Photonische Zeitkristalle versprechen exponentielle Lichtverstärkung und eröffnen neue Möglichkeiten für kompaktere, leistungsstärkere optische Geräte.

Photonische Zeitkristalle

Photonische Zeitkristalle könnten die Art und Weise, wie wir mit Licht arbeiten, komplett verändern.

Foto: Xuchen Wang / Aalto University

Photonische Zeitkristalle könnten die Art und Weise revolutionieren, wie wir Licht nutzen. Ein internationales Forschungsteam um die Aalto-Universität in Finnland und das Karlsruher Institut für Technologie hat erstmals realistische photonische Zeitkristalle entwickelt – spezielle Materialien, die Licht in bisher unerreichter Weise verstärken. Diese Innovation könnte vielfältige Anwendungen in der Kommunikation, Bildgebung und Sensorik ermöglichen.

Was sind photonische Zeitkristalle?

Photonische Zeitkristalle sind eine besondere Klasse von Materialien, die sich durch eine periodische zeitliche Struktur auszeichnen. Während herkömmliche Kristalle in ihrem räumlichen Aufbau regelmäßig sind, bleibt die Struktur photonischer Zeitkristalle im Raum konstant und variiert nur in der Zeit. Diese zeitliche Schwingung erzeugt spezielle Effekte, wie etwa „Impulsbandlücken“, die das Licht in bestimmten Zuständen halten und dessen Intensität exponentiell steigern.

„Diese Arbeit könnte zur ersten experimentellen Realisierung photonischer Zeitkristalle führen, sie in praktische Anwendungen bringen und möglicherweise ganze Branchen verändern. Von hocheffizienten Lichtverstärkern und fortschrittlichen Sensoren bis hin zu innovativen Lasertechnologien – diese Forschung fordert die Grenzen dessen heraus, wie wir die Licht-Materie-Wechselwirkung kontrollieren können“, erläutert Assistenzprofessor Viktar Asadchy von der Aalto-Universität.

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Wie photonische Zeitkristalle Licht verstärken

Die Verstärkung des Lichts in photonischen Zeitkristallen beruht auf einem ungewöhnlichen Mechanismus. Anders als in konventionellen optischen Materialien, die Licht oft nur reflektieren oder brechen, hält der Zeitkristall das Licht quasi an Ort und Stelle. Währenddessen nimmt die Lichtintensität mit jeder Periode der zeitlichen Struktur zu. Um diesen Prozess zu veranschaulichen: Das Licht scheint ein Medium zu durchqueren, das milliardenfach pro Sekunde zwischen Luft und Wasser wechselt, was konventionelles Wissen über Lichtinteraktionen herausfordert.

Potenzielle Anwendungen: Von der Sensorik bis zur Medizintechnik

Photonische Zeitkristalle könnten eine Vielzahl von Anwendungen ermöglichen. Besonders in der Nanosensorik verspricht die Technologie große Fortschritte. „Stellen Sie sich vor, wir möchten die Anwesenheit eines kleinen Partikels, wie eines Virus oder eines Biomarkers für Krankheiten wie Krebs, nachweisen. Wenn das Partikel angeregt wird, würde es eine winzige Menge Licht mit einer bestimmten Wellenlänge aussenden. Ein photonischer Zeitkristall kann dieses Licht einfangen und automatisch verstärken, wodurch eine effizientere Erkennung mit vorhandenen Geräten ermöglicht wird“, so Asadchy.

In der medizinischen Diagnostik könnten photonische Zeitkristalle die Empfindlichkeit und Genauigkeit von Tests erhöhen. In der Kommunikationstechnik könnten sie zur Entwicklung kompakter und leistungsstarker Lasersysteme beitragen, die Licht effizienter verstärken und steuern.

Die Herausforderungen bei der Herstellung von Zeitkristallen

Die Entwicklung photonischer Zeitkristalle für sichtbares Licht war lange ein ungelöstes Problem. Um die gewünschte Lichtverstärkung zu erzielen, müssen die Eigenschaften des Materials mit extremer Geschwindigkeit und hoher Amplitude variieren. Bisherige Fortschritte waren auf niedrigere Frequenzbereiche, wie Mikrowellen, beschränkt. Das Forschungsteam nutzte nun theoretische Modelle und elektromagnetische Simulationen, um einen praktikablen Ansatz für „echte optische“ photonische Zeitkristalle zu entwerfen.

Durch die gezielte Anordnung winziger Siliziumkugeln konnten die Forschenden eine stabile Basis für die Lichtverstärkung in photonischen Zeitkristallen schaffen. Das Team glaubt, dass sich die speziellen Bedingungen, die zur Verstärkung des Lichts erforderlich sind, mit bekannten optischen Techniken bald realisieren lassen.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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