Landminen: Suchgerät aus Bochum soll kolumbianische Bauern schützen
Ingenieure aus Bochum wollen nicht länger zusehen, wie jährlich Tausende Kolumbianer von Landminen verstümmelt werden. Sie entwickeln deshalb im Projekt Medici ein mobiles Suchgerät, das selbst Minen aus Plastik finden soll. Wie es funktioniert, lesen Sie hier.
Schätzungsweise 100.000 Landminen sind über nahezu alle 32 Bezirke Kolumbiens verteilt – meist gelegt von Rebellengruppen, um Lager und Kokafelder vor Regierungstruppen zu schützen. Doch Opfer der Bomben, die nicht töten, sondern verstümmeln, sind meist Bauern und ihre Familien, die in der Nähe von Feldern und Wäldern wohnen. Über 9000 Opfer beklagte das Land in den Jahren 2000 bis 2012.
Landminen sind mit Metalldetektoren nur schwer zu finden
Das kolumbianische Militär hat Schwierigkeiten beim Entschärfen der Landminen. Denn mit den gängigen Metalldetektoren lassen sich die Minen, die Rebellengruppen oft aus Alltagsgegenständen zusammenbauen, kaum aufspüren – dafür alle möglichen anderen Gegenstände.
„Von 2000 gefundenen Objekten ist nur eines eine Mine“, sagt Christoph Baer. Der Ingenieur der Ruhr-Universität Bochum arbeitet deswegen mit seinem Team an einem Handheld-Gerät, das mit einem Bodenradarverfahren auch aus Plastikteilen zusammengebastelte Minen zuverlässig erkennen soll.
Bochumer Ingenieure setzen auf Bodenradarverfahren
Herzstück des neuen Geräts ist ein Bodenradarverfahren, das unter anderem in der Archäologie zum Einsatz kommt. Es besteht aus drei Hauptkomponenten: einer Antenne, einem Radar und einem System zur Positionsbestimmung. Die Antenne – eine Eigenentwicklung der Ingenieure – strahlt die vom Radar erzeugten Signale im Frequenzbereich von 500 MHz bis 4 GHz in den Boden ab und erfasst sie wieder, nachdem sie von Objekten reflektiert wurden. Ein System zur Positionsbestimmung ermittelt gleichzeitig kontinuierlich, an welcher Position sich das Messgerät in Bezug zum Boden befindet.
Minensucher sollen Sprengsätze mit dem Gerät dann auf den ersten Blick erkennen können. „Derjenige, der das Radargerät in der Hand hält, soll sofort ein Bild sehen können“, erklärt Forscher Jan Barowski. Das Problem: In Wirklichkeit punktförmige Objekte sehen auf Radarbildern zunächst wie gekrümmte Linien aus. Deswegen nutzen die Forscher eine Software, um die Linien in Echtzeit in Punktobjekte umzurechnen.
Computer simuliert Radarsignale unterschiedlicher Minen
Damit das Gerät unterschiedliche Minenformen erkennen lernt, hatten die Forscher verschiedene Modell-Minen aus Gegenständen des alltäglichen Lebens zusammengeschustert. Diese Eigenbauten bildeten sie dann im Computer nach und simulierten das spezifische Radarsignal. Mit den charakteristischen Mustern gefüttert soll das Suchgerät im Alltag viele der sogenannten improvised explosive devices der Rebellengruppen von anderen Objekten im Boden unterscheiden können.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt das Projekt „Humanitarian Microwave Detection of Improvised Explosive Devices in Columbia“ (Medici) zunächst für 24 Monate. In dieser Zeit, so schätzen die Forscher, werden sie allerdings nicht bis zum Prototyp kommen. Dafür benötigen sie noch einmal zwei bis drei Jahre. Team Medici hofft deswegen auf eine Anschlussfinanzierung. „Alle Minen müssen gefunden werden, denn es geht um humanitäre Minensuche“, sagt Baer. „Und deswegen ist es auch klar, dass es in unserem Projekt keine Patente geben wird.“ Profit wollten die Forscher aus ihrer Arbeit auf keinen Fall schlagen. „Es geht darum, zu helfen.“
Ein Beitrag von: