Laserscanning revolutioniert die Vermessung
Schnell, präzise, berührungslos, vollständig und hochauflösend: Die dreidimensionale Vermessung von geometrischen Strukturen hält einige Attribute parat. Noch ist das Laserscanning in Deutschland ein kleiner Nischenmarkt. Aber die Technik hat durchaus Potenzial für eine Revolution.
Für die meisten Vermessungsbüros reicht die klassische Arbeit mit Theodolit, Warnweste und Messlatte schon lange nicht mehr aus, um damit dauerhaft die Brötchen zu verdienen. „Viele Unternehmen erweitern deshalb ihre Geschäftsfelder und suchen sich weitere Standbeine. Zum Beispiel mit Geoinformationssystemen oder der Vermessung aus der Luft mit Drohnen.
„Einige wenige Büros haben das Laserscanning für sich entdeckt“, sagt Martina Wolkowa vom Bund der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure (BDVI) in Berlin. Zu diesen noch eher handverlesenen Unternehmen gehört das Hamburger Vermessungsbüro Dr. Hesse und Partner Ingenieure (dhpi). „Mit keinem anderen Werkzeug lässt sich die Geometrie von Oberflächen so schnell erfassen wie mit Laserscannern. Sie schaffen bis zu 1 Mio. Messpunkte/s und liefern mit rund 50 Gigabyte Datenmengen, die sich erst seit ein paar Jahren effizient verarbeiten lassen. Dabei hängt die Geschwindigkeit von der Kleinteiligkeit der Objekte ab“, schwärmt Markus Ehm, Bereichsleiter Laserscanning bei dhpi, von der Technik. In den vergangenen fünf Jahren haben die Hanseaten immerhin 300 Objekte dreidimensional von innen und außen verarbeitet und ihren baulichen Zustand sozusagen für die Ewigkeit konserviert.
Weil die gepulsten Laserscanner gewaltige Pixelwolken in Schwarz-Weiß liefern, wird anschließend eine hochauflösende Kamera mit 300 Megapixeln installiert, die vom gleichen Messpunkt aus die farblichen Bilder liefert. Am Rechner entstehen durch diese Kombination nicht nur reale 3-D-Modelle von geometrischen Strukturen, die sich am Bildschirm beliebig drehen und zoomen lassen. Die Auftraggeber sind vor allem an Fakten im Maßstab 1:1 interessiert, denn mit den Koordinaten können sie am PC real rechnen und geplante Umbauten vorab visualisieren.
3-D-Scanning auch für industrielle Anwendungen
Mit der Lasertechnik und dem speziellen Know-how in der Datenauswertung und Programmierung von passender Software hat sich dhpi in diesem Nischenmarkt etabliert. Dabei beschränkt sich das Interesse der Auftraggeber nicht nur auf klassische Industriebauten, Gewerbeimmobilien oder denkmalgeschützte Gemäuer, für die es kaum Baupläne gibt. „Das betrifft auch Planungen an Bohrinseln oder die komplexen Leitungssysteme petrochemischer Anlagen. In diesen Fällen gibt es kaum Chancen, einen Fehler im Nachhinein zu korrigieren“, weiß Ehm.
Weil solche Vermessungen mit dem klassischen Equipment ohnehin nicht möglich wären, haben auch Reeder starkes Interesse am 3-D-Scanning. Sie müssen bis 2016 europaweit strengere Grenzwerte für den Ausstoß von Schwefel einhalten. Das geht entweder durch höherwertigen und teureren Treibstoff oder den Einbau von Entschwefelungsanlagen. „Schiffe machen aktuell 25 % aller Vermessungsaufträge aus. Weil es unter Deck kaum Platz gibt, liefern wir die Daten, damit sich die Umbauten auf engstem Raum vorher visualisieren lassen“, sagt er.
Dieser Ansatz hält auch ins Building Information Modeling (BIM) Einzug. Dazu wird die gesamte technische Gebäudeausrüstung inklusive aller Leitungssysteme erfasst. „Damit sind wir historisch zum ersten Mal in der Lage, die komplette Versorgung im Rahmen des BIM zu erfassen und beispielsweise für den späteren Umbau komplexer und großer Gebäude zu nutzen. In den USA wurden bereits 20 000 öffentliche Gebäude komplett von innen und außen gescannt und geometrische BIM-Datenbanken angelegt“, weiß Christian Hesse, Geschäftsführer von dhpi.
Sehr gutes Werkzeugen für Bauen im Bestand
Sichtlich angetan von den neuen Möglichkeiten ist auch Hans-Georg Oltmanns. Der Prüfingenieur für Baustatik ist gleichzeitig Vorstandsmitglied der Ingenieurkammer Niedersachsen. „Das ist der Einstieg in völlig neue Planungswerkzeuge und Möglichkeiten. Beim Bauen im Bestand lassen sich beispielsweise die umliegenden Gebäude erfassen und der geplante Neubau mit einem Visualisierungsprogramm in seiner geometrischen Realität abbilden und modellieren. Die Ergebnisse können wir real und dreidimensional präsentieren. Bisher müssen sich kommunale Vertreter oder betroffene Bürger mit einem Styropormodell begnügen“, sagt er.
Auch ließe sich der gesamte Ablauf bei einem Umbau optimieren, da nur einmal gemessen werden muss. „Jede Disziplin am Bau benötigt ihre eigenen Daten, die mit einem 3-D-Scan fast alle vorhanden sind und beispielsweise Statikern zur Verfügung gestellt werden können. Außerdem können sich verschiedene Akteure für Baubesprechungen am PC miteinander vernetzten, ohne vor Ort sein zu müssen.“
Dabei steige das Interesse der Kunden an einem Laserscan mit dem finanziellen Volumen und den damit verbundenen Risiken. Für die Zukunft kann sich Oltmanns vorstellen, dass auch ein Scan von nagelneuen Großbauten Sinn macht. Schließlich sind die Systeme im Verbund mit der richtigen Auswertungssoftware auch in der Lage, Abweichungen zwischen den Planungen und der gebauten Realität zu erkennen. „Dann gebe es durch die geometrische Kontrolle keine Ausreden mehr“, findet Oltmanns.
Dazu müsste er aber noch die Architekten ins Boot holen. Sie seien ein großes Hemmnis und würden oft noch zweidimensional arbeiten.
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