Mit Ultraschallsensoren Geisterfahrer ausbremsen
Jedes Jahr verirren sich rund 2.000 Autofahrer auf deutschen Autobahnen und verbreiten als Geisterfahrer Angst und Schrecken unter den Menschen, die auf dem betroffenen Streckenabschnitt gerade unterwegs sind. Mit einem Sensorsystem in Leitpfosten wollen drei Studenten diesen Horror beenden.
„Ghostbusters“ heißt ein aktueller Hollywood-Blockbuster, in dem vier Diven eine Stadt von bösen Geistern befreien. Drei angehende Ingenieure, die an der Saar-Universität studieren, haben nun ein System namens „Ghostbuster“ entwickelt, welches nicht Geister jagt, sondern Geisterfahrer. Das Sensorsystem kann verhindern, dass Autofahrer entgegen der Fahrtrichtung auf die Autobahn auffahren und gleichzeitig andere Verkehrsteilnehmer warnen.
Prototyp gebaut
„Unser System kann kostengünstig und einfach in die Leitpfosten integriert werden, die alle 50 Meter an Fahrbahnen aufgestellt sind“, sagt Daniel Gillo, der Mikrotechnologie und Nanostrukturen an der Saar-Universität studiert. Zusammen mit seinem Studienkollegen Benjamin Kirsch aus dem gleichen Studienfach und Julian Neu, der Systems Engineering studiert, hat der angehende Ingenieurwissenschaftler einen Prototyp des Ghostbuster gebaut.
Ultraschallsensoren hören die Fahrtrichtung
Der Ghostbuster ist eine geschickte Kombination verschiedener Sensoren. „Im oberen Teil des Leitpfostens ist ein Infrarot-Bewegungssensor angebracht. Er erfasst jede Bewegung in einem Umfeld von etwa acht Metern. Dieser Sensor ist im Betrieb ständig aktiv, die Stromversorgung läuft über Solarzellen“, erklärt Gillo.
Fährt ein Auto in den Messbereich des Infrarot-Bewegungssensors, dann aktiviert dieser zwei Ultraschallsensoren, die spiegelbildlich an den beiden Seiten des Leitpfostens angebracht sind. Dadurch hört zuerst der eine Sensor das Auto und dann der andere. „Auf diese Weise kann das System sehr schnell die Richtung erfassen, die das Auto eingeschlagen hat“, erläutert Julian Nei.
Ghostbuster funktioniert autonom
Das Ghostbuster-System funktioniert auch ohne aktive Beteiligung der Autofahrer. Ähnlich ist auch der längste Straßentunnel Deutschlands auf der A71 in Thüringen vor Falschfahrern geschützt. Der acht Kilometer lange Rennsteigtunnel ist mit speziellen Induktionsstreifen in der Fahrbahn bestückt, die auch die Fahrtrichtung erfassen können. Das ist beim „Schutzengel aus der Datencloud“ anders, der auf die GPS-Ortung von Mobiltelefonen setzt.
Verschiedene Warnfunktionen möglich
Ein Mikro-Controller mit der Größe von zwei Streichholzschachteln im Inneren des Leitpfostens ist das Ghostbuster-Gehirn. „Hier werden die Informationen ausgewertet und mit mathematischen Algorithmen weiterverarbeitet“, sagt Julian Neu. „Es können unterschiedliche Module angeschlossen werden, je nachdem, wie jetzt reagiert werden soll: Es kann etwa ein Lichtsignal an einem Warnschild ausgelöst werden, ein Notrufsignal gesendet oder eine Warnmeldung per SMS abgesetzt werden“, verdeutlicht Benjamin Kirsch das Spektrum der Handlungsoptionen.
System erfasst auch leise Elektroautos
Die drei Geisterjäger haben ihren Prototypen erfolgreich auf dem Campus der Saar-Universität getestet. „Die Werte erhöhen sich ganz charakteristisch, wenn Fahrzeuge vorbeifahren. Wir können diese zweifelsfrei auch von anderen Störungen etwa durch Tiere unterscheiden“, so Kirsch. Dafür haben sie ein zusätzliches Mikrofon in den Leitpfosten eingebaut.
Selbst bei sehr leisen Elektroautos kann ihr System eindeutig die Fahrtrichtung erkennen. „Schon allein das Geräusch, das die Reifen beim Fahren auf dem Asphalt verursachen, ist für das System eindeutig“, ergänzt Gillo.
Teilnahme am Cisima-Wettbewerb
Am 10. und 11. November 2016 vertreten die drei Studenten die Saar-Universität beim Cosima-Wettbewerb im Rahmen der Messe electronica in München. Dieser Studentenwettbewerb soll dazu beitragen, neue Einsatzmöglichkeiten von Mikrosystemen für die Praxis zu finden. Entwickelt haben die Geisterjäger ihr System am Lehrstuhl für Mikromechanik, Mikrofluidik, und Mikroaktorik von Professor Helmut Seidel.
Ein Beitrag von: