Naturkonstanten definieren Basiseinheiten wie Kilogramm & Co.
Im vergangenen Jahr wurden sie beschlossen, jetzt sind sie in Kraft: die Änderungen im internationalen Einheitensystem (SI). Ab sofort bilden Naturkonstanten die Fundamente.
Ein Meter ist ein Meter, eine Sekunde ist eine Sekunde. Fakten, die unumstößlich und wissenschaftlich belegbar sind. Sie gehören zum Internationalen Einheitensystem (SI), das von nahezu 100 Staaten mitgetragen wird und nun eine grundlegende Auffrischung erfährt. Die definierenden Bezugsgrößen sind ab sofort für alle Einheiten Naturkonstanten. Sie haben den Vorteil, dass sie als physikalische Einheiten präzise zu definieren sind. Beispiel Zeitmessung: Die Atomuhren sind seit knapp 50 Jahren entscheidend. Gleiches gilt auch für das Ur-Kilogramm, das seit 1889 die Definition vorgibt. Damit ist seit dem 20. Mai Schluss.
Naturkonstanten definieren die sieben Basiseinheiten
Das Ur-Kilogramm ist ein Zylinder aus Platin und Iridium, gut bewacht in einem Tresor im Internationalen Büro für Maß und Gewicht (BIPM) in der Nähe von Paris. Jetzt hat es ausgedient. Denn es ist minimal leichter geworden, nämlich um 50 Millionstel Gramm, was Vergleiche mit Kopien zeigen. Und das ist das nicht das einzige Problem. Beispielsweise bei der Temperatureinheit Kelvin lag die Bezugsgröße bisher bei einem Fixpunkt einer Wasserskala. Dieser ist jedoch sensibel abhängig von der genauen Isotopenzusammensetzung des verwendeten Wassers. Forscher forderten daher eine Aktualisierung des Einheitssystems. Nun werden alle 7 Basiseinheiten – Kilogramm, Meter, Candela, Ampere, Kelvin, Sekunde und Mol – über Naturkonstanten definiert. Naturkonstanten sind im Wert immer und überall gleich. So besagt es der heutige Stand der Wissenschaft.
Beschlossen haben die neuen Regeln im internationalen Einheitssystem die politischen und wissenschaftlichen Abgeordneten der Mitgliedsstaaten und der assoziierten Staaten der Meterkonvention, dessen Staatenvertrag bis ins Jahr 1875 zurückreicht. Sie treffen sich alle 4 Jahre zu einer Generalkonferenz für Maß und Gewicht, in diesem Jahr in Paris. Auf diesen Konferenzen stellen sie die metrologischen Leitplanken für die kommenden Jahre auf. Die vorgenommenen Änderungen müssen nicht nur wissenschaftlich fundiert, sondern auch wissenschaftspolitisch konsensfähig sein.
Grundlage der neuen Maßeinheiten ist die Max-Planck-Konstante
Für einige Maßeinheiten gibt es schon den Bezug zu Naturkonstanten: Die Längeneinheit Meter definiert sich seit mehr als 30 Jahren über die Lichtgeschwindigkeit. Sekunden lassen sich seit über 50 Jahren über die Atomuhr exakt messen. Das Kilogramm zieht nun nach. Seine Genauigkeit hat eine besonders große Bedeutung, weil Größen wie Energie, Druck oder Kraft und somit auch Ampere von ihm abhängen. Um das neue Kilo zu bestimmen, nutzen Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig eine Formel: die Planck-Konstante. Ihr Wert ist immer gleich, zählt daher zu den Naturkonstanten und dient als Grundlage künftiger Berechnungen. Alle sieben Basiseinheiten lassen sich darüber ableiten.
Für das Kilo haben die Forscher gezählt, wie viele Atome einer hochreinen Silizium-Kugel genau ein Kilogramm ergeben. Der Vorteil an dieser Methode liegt auf der Hand: Selbst wenn diese Kugel ebenfalls an Masse verlieren sollte, ist das kein Problem. Die Forscher kennen ja die erforderliche Atomzahl. Ermittelt wurde die neue Basiseinheit in umfangreichen Forschungsprojekten.
Hohe Messgenauigkeit möglich
Nach Ansicht der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ist das neue Einheitensystem ein Meilenstein der Wissenschaftsgeschichte und auch der Technikgeschichte. Aufgrund seiner Universalität ist es sicher auch ein Meilenstein in der Kulturgeschichte. Für die Wissenschaft ist der Bezug zu Naturkonstanten in jedem Fall ein Fortschritt. Die Einheitendefinitionen sind damit prinzipiell universal. Angewendet werden die Einheiten in der Systematik. Das heißt: Im neuen SI entfällt die Unterscheidung zwischen Basiseinheiten und abgeleiteten Einheiten. In unserer hochtechnischen Welt sind die künftigen Fortschritte in puncto Genauigkeit ein großer Gewinn. Das betrifft besonders das Umfeld, wo es auf höchste Messgenauigkeit ankommt. Dazu gehören die Entwicklung von Quantentechnologien, Diagnosemöglichkeiten in der Medizin, Effizienzsteigerungen bei der Energiegewinnung oder Analysemethoden der Klimaforschung.
Im täglichen Leben werden die Änderungen allerdings nicht spürbar werden. Beispielsweise Personenwaagen sind nicht so exakt geeicht, dass sie eine Abweichung von 50 Millionstel Kilogramm wahrnehmen können, auch wenn sich das manch einer wünscht, der seine Abnehmerfolge messen will.
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