Neuartige Körperscanner sollen das lästige Abtasten ersetzen
Seit knapp einem Monat hat die EU-Kommission den Einsatz von Körperscannern an europäischen Flughäfen erlaubt. Tests mit diesen Geräten in Italien und am Flughafen Hamburg waren allerdings wenig überzeugend. Doch neue Entwicklungen könnten schon bald die Metalldetektoren samt manuellem Abtasten an den Flughäfen verdrängen.
Es wird eng am Himmel: Nach Schätzungen des europäischen Flugzeugherstellers Airbus wird sich bis 2030 die Zahl der Passagierflugzeuge mit mehr als 100 Sitzen von derzeit knapp 15 000 auf über 31 000 mehr als verdoppeln. Dementsprechend eng wird es auch auf den Flughäfen: Nach Angaben der International Air Transport Association wird die Zahl der Passagiere weltweit bis 2015 auf 3,5 Mrd. ansteigen – 700 Mio. mehr als heute.
Dazu kommen die neuen Sicherheitsauflagen nach dem 11. September 2001, die noch einmal verschärft wurden, als der Nigerianer Farouk Abdulmutallab am 1. Weihnachtstag 2009 mit Sprengstoff in der Unterwäsche einen Airbus A 330 auf dem Weg nach Detroit in die Luft sprengen wollte.
Doch die wachsenden Sicherheitskontrollen sind, so IATA-Generaldirektor Tony Tyler, mittlerweile „der Punkt, der die meiste Unzufriedenheit unter den Passagieren“ auslöst.
Weltweit wird deshalb an neuen Personenscannern gearbeitet, die die klassischen Metalldetektoren ablösen sollen. Die Anforderungen sind hoch: Die neuen Geräte müssen im Verdachtsfall präzise die mögliche Gefahr lokalisieren und identifizieren, um so das Abtasten der Passagiere überflüssig zu machen. Zugleich sollen sie den Durchsatz an Passagieren erhöhen.
Millimeterwellenscanner fallen beim Praxistest durch
Zwar wird derzeit auch an Scannern gearbeitet, die mit ionisierender Strahlung arbeiten, der eigentliche Hoffnungsträger aber ist die Millimeterwellentechnologie (siehe Kasten).
Am Flughafen Hamburg wurde gut ein halbes Jahr ein solches Millimeterwellengerät, das Pro Vision des US-Herstellers L3-Communications, getestet. Das Gerät arbeitete mit aktiver Millimeterwellen-Technologie. Eine komplexe Auswertungssoftware analysierte die vom Körper zurückgeworfenen Millimeterwellen, um so automatisch potenzielle Gefahren wie Waffen oder Sprengstoffe zu lokalisieren.
Bei knapp der Hälfte aller 800 000 Passagiere, die das Gerät nutzten, kam es zu Fehlalarmen, bei 5 % war nicht einmal klar, wodurch diese ausgelöst wurden. Immer wieder mussten Passagiere deshalb abgetastet werden.
Der Test, so die Schlussfolgerung der Bundesregierung, zeigte, dass die „gegenwärtig zur Verfügung stehenden Geräte noch nicht für den allgemeinen Praxisbetrieb geeignet“ sind. Zumal die Kontrollen auch „wenige Sekunden länger“ dauerten als klassische Kontrollen, – was sich bei über 18 Mio. Passagieren allein auf deutschen Flughäfen schnell summieren kann.
Feldversuche an den Flughäfen Rom, Venedig, Mailand und Palermo mit L3-und anderen Geräten kamen zu ähnlich enttäuschenden Ergebnissen.
Dennoch hat die EU-Kommission kurz vor dem Jahreswechsel den EU-Mitgliedsländern freigestellt, solche gut 150 000 € teuren Körperscanner anzuschaffen, wenn sie es denn wollen. Den Passagieren müssten allerdings Alternativen angeboten und die Scans anonymisiert werden.
Nicht zugelassen sind Geräte, die mit ionisierender Strahlung arbeiten. Die sind auch in Deutschland verboten.
Am Flughafen Manchester jedoch testet derzeit das US-Unternehmen Rapidscan solche Geräte. „Die Strahlenbelastung“, so Andreas Kotowski, CTO von Rapidscan, „entspricht etwa der, die ich aufnehme, wenn ich eine Banane esse.“ Auch von den über 500 aktuell auf US-Flughäfen im Einsatz befindlichen Körperscannern sind die Hälfte Rapidscan-Geräte.
Selbst die EU-Kommission scheint zumindest über Röntgenscanner nachzudenken: Sie hat einen Ausschuss beauftragt, die möglichen gesundheitsschädigenden Auswirkungen solcher Personenscanner zu untersuchen.
Die Lösung könnte in einer neuen Generation von Scannern liegen, an der weltweit gearbeitet wird. Mit dabei ist auch das Münchner Unternehmen Rohde und Schwarz, ein Spezialist für Messelektronik.
Messelektronik-Unternehmen Rohde und Schwarz arbeitet an einer neuen Körperscanner-Generation
Herzstück dieses vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Körperscanners ist ein 1 m x 2 m großes Paneel. Ein solches Paneel besteht aus zwei 1 m2 großen Arrays. Auf jedem Array befinden sich 16 Cluster mit jeweils 94 Sende- und 94 Empfangsantennen. Genutzt werden 64 unterschiedliche Frequenzen von 70 GHz bis 80 GHz, erläutert Christian Evers, der bei Rohde und Schwarz die Entwicklung der Mikrowellenbildgebung leitet.
Auch bei diesem Scanner handelt es sich um einen aktiven Millimeterwellen-Scanner, der Wellen aussendet und wieder empfängt. Die Fokussierung der Wellen über die Auswertungssoftware und die Bandbreite der Rohdaten machen auch dreidimensionale Scans möglich.
Ergänzt werden kann das System durch Sensoren wie 3D-Infrarot-Abstandsmesskameras, welche die Fehlalarmrate – etwa durch Faltenwurf oder dicke Kleidung – weiter reduzieren können.
Die Positionen von verdächtigen Objekten werden auf dem Bildschirm in einem abstrakten Piktogramm dargestellt, wodurch die Privatsphäre gewahrt wird. (Siehe Kasten)
Der Scan eines Passagiers dauert nur knapp 20 ms, die Auswertung dauert noch einige Sekunden. Der Vorteil einer solchen „Blitzlichtaufnahme“ liegt darin, dass Bewegungsunschärfen und damit potenzielle Quellen für Fehlalarme vermieden werden.
In einer weiterentwickelten Version des Scanners ist geplant, die Passagiere durch eine Art Wandelgang mit vier Paneelen zu schleusen, wobei sie von vorn und hinten und von beiden Seiten gescannt werden, ohne stehen bleiben zu müssen.
Der modulare Aufbau des Geräts, so Evers, erlaubt es auch, nur bestimmte Körperteile, wie den Schulterbereich, scannen zu lassen.
Der Durchsatz dieser Geräte soll mit 200 Personen pro Stunde dem Durchsatz heutiger Scanner entsprechen, „was aber wegfällt“, so Evers, „ist die lästige Prozedur des Abtastens“.
Wie von der EU-Kommission verlangt, sind die Scans anonymisiert und werden auch nicht gespeichert.
Auch medizinisch stellt die Millimeterwellenstrahlung, so Evers, keinen Grund zur Sorge dar. Die Ausgangsleistung eines Mobiltelefons „liegt gut eine Größenordnung höher als die unseres Scanners“. Auch die minimale Eindringtiefe der Mikrowellen sei gesundheitlich unbedenklich.
Die Software spielt bei neuem Körperscanner eine Schlüsselrolle
Die Software spielt eine Schlüsselrolle bei dem neuen Personenscanner. Sie erkennt über die Analyse der Wellen in Sekundenbruchteilen automatisch, um welche Materialien es sich bei einem Alarm handelt: Waffen aus Metall oder Keramik, Flüssigkeiten oder Sprengstoffe. Selbst weich über den Bauch geklebter Sprengstoff ohne auffällige Konturen soll, so Evers, durch die Analyse der Schichtbildaufnahmen von dem Gerät entdeckt werden – sogar durch dicke Lederjacken hindurch.
Scanner wie der Pro Vision von L3 kosten um die 150 000 €. „Wir sind da in jedem Fall wettbewerbsfähig“, so Evers.
Noch bis Mitte dieses Jahres laufen Forschung und Entwicklung, die Feldtests mit Zertifizierung sind bereits bei der EU-Kommission angemeldet, so Evers. 2013 könnte das Gerät am Markt sein.
Wesentlich weiter in der Zukunft liegt die Realisierung von so ambitionierten Konzepten wie der von der International Air Transport Association vorgesellte (IATA ) Checkpoint of the Future.
In diesem Konzept werden die Passagiere in drei Risikogruppen eingeteilt: „Trusted Passengers“, die zuvor bei einem gründlichen Hintergrundcheck ihre persönlichen Daten zur Verfügung gestellt haben, normale Passagiere und solche, über die keine Information vorliegt oder Grund zu Misstrauen besteht. Per Iris- oder Fingerabdruck-Scan werden sie in unterschiedliche Kontrolltunnel geleitet und untersucht, im Idealfall ohne stehen zu bleiben, ohne ihre Jacken auszuziehen oder das Gepäck öffnen zu müssen. Solche „Technologie-Tunnel“ (tunnels of technology), wie IATA-Generaldirektor Tyler sie nannte, sind mit den unterschiedlichsten Sensoren – von Millimeterwellen- über Terahertzsensoren bis hin zu optischen Sensoren ausgestattet. Sie könnten, schätzt Tyler, in sieben Jahren zur Verfügung stehen.
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