Neue Kameratechnik für das Maschinelle Sehen in 3D
Eine schottische Firma hat ein System entwickelt, das hochauflösende Distanz- und Intensitätsbilder gleichzeitig liefert. Das Verfahren nutzt die Laufzeitdifferenzen des am Objekt reflektierten Lichts für die Tiefeninformation und ist vollkommen unabhängig vom Umgebungslicht. Ideal für automatisierte Prozesse.
In vielen automatisierten Prozessabläufen ist die Information über die räumliche Situation von entscheidender Bedeutung. Eine einfache Steuerung über eine normale Kamera reicht dann nicht aus, weil diesem Bild die Tiefeninformation fehlt. Bisher wird daher ein konventionelles Kamerabild beispielsweise mit einem Laserscanner kombiniert, um daraus aufwändig die dritte Dimension zu berechnen. Einen sehr viel eleganteren und vor allem sehr direkteren Weg gehen Lichtlaufzeit-Messverfahren, die angelehnt an den englischen Begriff „Time-of-Flight“ gerne ToF-Systeme genannt werden. Das 2010 gegründete Technologie-Unternehmen Odos Imaging Limited mit Sitz im Scottish Microelectronics Centre in Edinburgh hat jetzt ein ToF-System mit hoher Auflösung entwickelt.
Ideal für die Logistik und Robotik
„Es gibt viele Anwendungen für bildgebende Verfahren, bei denen auch Distanzinformationen benötigt werden, wie beispielsweise in der Logistik und Robotik“, so Ritchie Logan, Vizepräsident Geschäftsentwicklung bei Odos Imaging Limited. „Umgekehrt gibt es auch Einsatzbereiche für Distanzwertmessungen, bei denen Abbildungen notwendig sind.“ Soll beispielsweise eine Palette von einem Roboter beladen werden, muss dieser nicht nur den richtigen Karton identifizieren, sondern benötigt auch Informationen darüber, wie groß oder wie hoch das jeweilige Packstück ist.
„Auch die genauen Abmessungen der fertigen Palette müssen bestimmt werden, um die Beladung der Lkw optimal planen zu können“, so Logan weiter. Bislang wurden für diese Aufgaben konventionelle Kameras zusammen mit Laserscannern eingesetzt, um diese Daten zu erhalten. „Ein Laserscanner-basiertes System muss sich bewegen, um das Tiefenbild eines statischen Objektes zu erfassen“, erklärt Logan. „Ein ToF-basiertes Bildgebungsverfahren erlaubt das ohne bewegliche Teile, es kann fest an einem Standort verbleiben.“
Konstanz der Lichtgeschwindigkeit
Das Verfahren der Firma aus Edinburgh nutzt den für die Bildinformation verwendeten CMOS-Bildsensor – CMOS steht für Complementary Metal Oxide Semiconductor, auf deutsch also komplementärer Metall-Oxid-Halbleiter – gleichzeitig für die Aufzeichnung der Information über die Objektentfernung. Bei weiter entfernten Objekten kommt der Lichtpuls später zum Sensor zurück als bei näher gelegenen, so dass sich ein eindeutiges Distanzbild ergibt.
ToF-Systeme nutzen die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit aus, die im Vakuum exakt 299.792.458 Meter pro Sekunde beträgt. Es liegt auf der Hand, dass das Laufzeitverfahren mit sehr kurzen Lichtimpulsen arbeiten muss, wenn es aus den Differenzen der Laufzeiten des reflektierten Lichtes ein räumliches Bild erzeugen will. Die Dauer des Lichtimpulses bestimmt dabei die mögliche Messentfernung. So ergibt sich bei einem Lichtimpuls von 50 Nanometern eine Grenzdistanz des Objektes vom Sensor von etwa 7,5 Metern.
Pixelgenaue Übereinstimmung von Intensitäts- und Distanzbildern
Daraus ergibt sich auch, dass der Lichtimpuls ziemlich intensiv sein muss, beim Verfahren der schottischen Firma sind es zwei Beleuchtungseinheiten, die für eine sichere Distanzmessung sorgen. „Die beiden Beleuchtungseinheiten senden einen Blitz, das heißt einen kurzen, aber intensiven Infrarot-Impuls von 905 Nanometern Wellenläge aus. Sobald dieser auf ein Objekt in der Szene trifft, wird er zum System zurückreflektiert und vom Sensor erfasst“, erläutert Logan. Der besondere Clou an diesem als Pixel-Array aufgebauten Sensor ist, dass jedes Pixel dieses Bildsensors sowohl die Distanz- als auch die Intensitätsinformation liefert. Dadurch erhält man eine pixelgenaue Übereinstimmung von Intensitäts- und Distanzbildern.
Im Gegensatz zu anderen Verfahren zur Abstandsmessung – etwa Stereobilder oder Lasertriangulation – benötigt das ToF-System nur wenig Kalibrierung und keine Bildnachverarbeitung. Damit ist es besonders schnell und einfach. Die Pixel des Sensors können in drei verschiedenen Modi ausgelesen werden: Distanz, Intensität sowie Distanz und Intensität gleichzeitig. Das System kann sowohl als konventionelle Kamera für Maschinelles Sehen verwendet werden oder als Kombination von Maschinellem Sehen mit Tiefeninformation. Das System kann bei Objektentfernungen von einem halben Meter bis zu etwa 10 Meter eingesetzt werden. Setzt man zwei zusätzliche Beleuchtungsmodule ein, werden sogar Entfernungen von 15 Meter erzielt.
Da das Verfahren mit einem gepulsten Lichtblitz im nahen Infrarotbereich arbeitet, um die Szene zu beleuchten, entfallen viele Beschränkungen, die bislang einer breiten Akzeptanz der Technologie im industriellen Umfeld entgegenstanden. Die Auflösung des Systems ist ähnlich hoch, wie die der meisten 2D-Kameras für Maschinelles Sehen. Zudem funktioniert das Verfahren wie die 2D-Kameras sowohl im Innenraum als auch im Freien und ist somit besonders flexibel.
System hat Auflösung von 1,3 Megapixel
Das System der Firma aus Edinburgh erreicht eine Auflösung von 1.280 x 1024 Pixel, beziehungsweise 1,3 Megapixel. Richie Logan will zukünftig weitere Systeme mit noch größerer Reichweite und Auflösung entwickeln. „Wir arbeiten bereits an einem mit vier Megapixeln“, berichtet er. Die Kameras der Edinburgher Firma können so synchronisiert werden, dass mehrere von ihnen zur gleichen Zeit dasselbe Objekt abbilden. So ist es möglich, eine Szene unter verschiedenen Blickwinkeln aufzuzeichnen. „Wir können die Systeme sogar direkt aufeinander richten, ohne dass es zu Störungen kommt“, berichtet Logan. Das neue Verfahren kann ohne Interferenzen oder Qualitätsverlust zur Distanzmessung bei allen Lichtverhältnissen eingesetzt werden.
Im November großer Messeauftritt in Nürnberg
Auf Europas führender Fachmesse zur elektrischen Automatisierung „Elektrische Automatisierung – Systeme und Komponenten sps ipc drives“ vom 26. bis 28. November 2013 in Nürnberg stellt Odos Imaging am Stand 642 in Halle 7A sein hochauflösendes ToF-System, das mit vollem Namen real.iZ-1K-System heißt, vor.
Ein Beitrag von: