Neues Kamerasystem macht aus Schauspielern automatisch virtuelle 3D-Figuren
Schauspieler virtueller Figuren wie Gollum im Herrn der Ringe sollen zukünftig von ihren hautengen Spezialanzügen erlöst werden. Ein neues Verfahren Saarbrücker Informatiker verwandelt zweidimensionale Kamerabilder automatisch in ein dreidimensionales Bewegungsskelett. Das könnte ganz neue Spezialeffekte ermöglichen.
Die neue Technik der Informatiker der Universität Saarbrücken benötigt acht kleine Videokameras. Eine Software übersetzt die zweidimensionalen Bilder des Darstellers innerhalb weniger Millisekunden in ein dreidimensionales Bewegungsskelett mit 58 Gelenken. Das Besondere: Durch den Verzicht auf spezielle Motion-Capture-Anzüge mit Markern lassen sich die Bewegungsabläufe von Schauspielern nahezu in Echtzeit auf die Filmfiguren übertragen. Außerdem ist es nicht mehr nötig, die Bewegungen in einem Studio aufzunehmen. So können auch Personen, die in freier Natur gefilmt werden, direkt als virtuelle Figuren in Spielfilmszenen eingebettet werden.
Hautenge Spezialanzüge für Schauspieler werden überflüssig
Ein bekanntes Beispiel für die bisherige Technik der Verschmelzung eines realen Schauspielers mit einer animierten Figur war die Rolle des Gollums in der Verfilmung des Romans Herr der Ringe. Dafür wurden zunächst Bewegungen des Schauspielers Andy Serkis gefilmt, der einen hautengen Spezialanzug mit Markern trug. Die Kamera strahlte Infrarotlicht aus und nahm das von Markern reflektierte Licht auf. Mit Hilfe einer Software wurden anschließend die Bewegungen auf die animierte Figur Gollum übertragen. Dieser Aufwand wäre mit der neuen Technologie zukünftig überflüssig: Andy Serkis könnte sich durch dieselbe raue Berglandschaft bewegen wie Gollum.
Um die neue Technik zu vermarkten, haben die Informatiker das Spin-off-Unternehmen The Captury gegründet. Herzstück des Verfahrens ist die Software, die von den Informatikern kontinuierlich weiter entwickelt wird. So kann sie bereits Bewegungen von zwei Schauspielern gleichzeitig auf zwei animierte Charaktere übertragen. „Die Software muss dazu allerdings etwas länger rechnen als bei einer Person“, erklärt Entwickler Carsten Stoll. Außerdem ermöglicht die Technik es, komplette Kamerafahrten nachzuahmen und auf diese Weise die Bewegung einer Figur von allen Seiten einzufangen.
Technik könnte auch für die Sportbranche interessant sein
Die Software sieht außerdem durch die Figuren hindurch und kann auch die Bewegungen darstellen, die von einer anderen Person verdeckt werden. Die Gründer von The Captury sind davon überzeugt, dass das Verfahren damit nicht nur für die Filmindustrie, sondern auch für den Sport interessant ist. Sportjournalisten könnten die Bewegungsabläufe bei einem Boxkampf besser live kommentieren oder Judo-Trainer die Kampftechniken ihrer Athleten direkt analysieren. „Auch Betriebsärzte oder Physiotherapeuten könnten die Technik nutzen, um zum Beispiel bei den Belegschaften von Unternehmen Rückenproblemen vorzubeugen oder Arbeitsabläufe zu optimieren“, so Stoll. Zu sehen ist das Verfahren vom 10.-14. März auf der IT-Messe CeBIT in Hannover.
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