Per Licht: Quantenprozessoren lernen kommunizieren
Mit einem neuen Verbindungskonzept ermöglichen MIT-Forschende direkte Kommunikation zwischen Quantenprozessoren – per Licht.

MIT-Forschende haben eine neue Verbindung entwickelt, die eine skalierbare All-to-All-Kommunikation zwischen einer Reihe von supraleitenden Quantenprozessoren unterstützen kann und es einem informationstragenden Photon ermöglicht, sich zwischen den Prozessoren in einer benutzerdefinierten Richtung zu bewegen. Das Konzept wird hier veranschaulicht.
Foto: Ella Maru Studio
Forschende des MIT haben ein neues System entwickelt, das supraleitende Quantenprozessoren direkt miteinander kommunizieren lässt. Statt Punkt-zu-Punkt-Verbindungen nutzen sie Lichtteilchen (Photonen) zur Übertragung von Quanteninformationen. Das Netzwerk ermöglicht Fernverschränkung – eine zentrale Voraussetzung für skalierbare Quantencomputer. Mithilfe gezielter Impulse und KI-gestützter Optimierung konnten sie eine hohe Übertragungsgenauigkeit erreichen. Diese Architektur könnte ein Baustein für das zukünftige Quanteninternet sein.
Inhaltsverzeichnis
Kommunikation als Schlüssel zum Quantenrechner
Quantencomputer versprechen, komplexe Probleme zu lösen, die für klassische Supercomputer kaum erreichbar sind. Doch dafür braucht es mehr als nur schnelle Rechenkerne. Wie bei herkömmlichen Computern, bei denen Speicher, Recheneinheit und Schnittstellen effizient zusammenarbeiten müssen, ist auch bei Quantenrechnern eine reibungslose Kommunikation entscheidend.
Derzeit bestehen Quantencomputer meist aus einzelnen Prozessoren, die lokal operieren. Um größere Aufgaben zu bewältigen, braucht es Netzwerke aus vielen dieser Module. Die Herausforderung: Quanteninformationen sind empfindlich. Selbst kleinste Störungen oder Umwege im Übertragungspfad können zu Fehlern führen.
Wechsel der Architektur
Die meisten bestehenden Systeme setzen auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Das bedeutet: Die Informationen wandern von einem Knoten zum nächsten. Das verlangsamt Prozesse und erhöht die Fehlerrate. Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT) schlagen nun einen anderen Weg ein.
Ihr neu entwickeltes Verbindungsmodul erlaubt eine sogenannte „All-to-All“-Kommunikation. Alle Quantenprozessoren in einem Netzwerk können damit direkt miteinander kommunizieren – ganz ohne Umwege. Das steigert die Effizienz und erleichtert den Aufbau größerer, skalierbarer Systeme.
Lichtteilchen als Informationsträger
Im Zentrum der neuen Architektur stehen Photonen – Teilchen des Lichts. Diese eignen sich besonders gut für die Übertragung von Quanteninformationen, da sie kaum mit ihrer Umgebung interagieren. Die Forschenden entwickelten ein Netzwerk aus zwei Quantenprozessoren, die über einen supraleitenden Wellenleiter miteinander verbunden sind. Über diesen Kanal senden die Prozessoren Mikrowellenphotonen gezielt hin und her.
Der Wellenleiter kann flexibel verlegt werden, wodurch sich auch größere Distanzen zwischen den Modulen überbrücken lassen. Weitere Module können ebenfalls an den Wellenleiter gekoppelt werden – ein wichtiger Schritt in Richtung eines verteilten Quantencomputers.
Wie Qubits Photonen werfen – und fangen
Jedes der beiden Module enthält vier spezielle Qubits, also die quantenmechanischen Entsprechungen klassischer Bits. Diese fungieren als Schnittstelle zwischen dem Prozessor und dem Wellenleiter. Mithilfe gezielter Mikrowellenimpulse bringen die Forschenden ein Qubit dazu, ein Photon auszusenden.
Besonders ist dabei die Steuerung der Richtung. Durch die gezielte Einstellung der Phase der Impulse lässt sich das Photon nach links oder rechts entlang des Wellenleiters schicken. Ein entfernter Prozessor kann es dann wieder aufnehmen – ähnlich einem „Fangen spielen“ auf Quantenebene.
„Durch das Werfen und Fangen von Photonen können wir eine ‚Quantenverbindung‘ zwischen nichtlokalen Quantenprozessoren herstellen“, erklärt MIT-Professor William D. Oliver. Diese Verbindung geht mit einer sogenannten Fernverschränkung einher – einer Quantenkorrelation zwischen zwei Einheiten, die räumlich getrennt sind.
Was bedeutet Fernverschränkung?
Verschränkung ist eines der Phänomene, das Quantencomputer so besonders macht. Zwei Qubits können miteinander „verschränkt“ sein, sodass die Messung eines Qubits sofort den Zustand des anderen beeinflusst – selbst über große Entfernungen hinweg.
Die Forschenden des MIT zeigten, dass sich diese Fernverschränkung durch gezielte Photonenübertragung herstellen lässt. Dabei senden sie nicht einfach nur ein Photon von A nach B. Stattdessen wird der Emissionsprozess in der Mitte gestoppt – das Photon ist dann in einem quantenmechanischen Zustand, in dem es gleichzeitig emittiert und nicht emittiert ist. Diese Überlagerung sorgt dafür, dass sich die beiden Module miteinander verschränken.
KI hilft beim Feintuning
Ein zentrales Problem: Während das Photon den Wellenleiter durchläuft, wird es durch Übergänge und Materialien verzerrt. Das erschwert die präzise Absorption am Ziel.
Um dieses Problem zu lösen, nutzte das Team einen Algorithmus aus dem Bereich des bestärkenden Lernens – eine Methode der künstlichen Intelligenz. Der Algorithmus „lernte“ vorab, wie sich das Photon durch das System verändert. Anschließend passten die Forschenden die Form des ursprünglichen Photons so an, dass es trotz Verzerrungen effizient absorbiert werden konnte.
Das Ergebnis: eine Absorptionseffizienz von über 60 %. Genug, um zuverlässig eine Fernverschränkung nachzuweisen.
Perspektiven für das Quanteninternet
„Wir können diese Architektur nutzen, um ein Netzwerk mit All-to-All-Konnektivität zu erstellen“, sagt Beatriz Yankelevich, eine der beteiligten Doktorandinnen. In Zukunft sollen noch mehr Module entlang desselben Wellenleiters kommunizieren können.
Dabei denken die Forschenden schon weiter: Die Module könnten in drei Dimensionen integriert werden, statt über separate Leitungen zu kommunizieren. Auch die Geschwindigkeit des Protokolls ließe sich erhöhen – wichtig, um Fehler zu vermeiden.
„Im Prinzip kann unser Protokoll zur Erzeugung von Fernverschränkung auch auf andere Arten von Quantencomputern und größere Quanten-Internetsysteme ausgeweitet werden“, so Aziza Almanakly, Hauptautorin der Studie.
Ein Beitrag von: