Quantencomputer erzeugt erstmals nachweislich echte Zufallszahlen
Quantencomputer erzeugt erstmals zertifizierte Zufallszahlen – ein neuer Schritt für Kryptographie, Datenschutz und digitale Sicherheit.

Mit einem 56-Qubit-Quantencomputer haben Forscher erstmals experimentell eine Möglichkeit aufgezeigt, wie Zufallszahlen von einem Quantencomputer generiert und dann mit einem klassischen Supercomputer überprüft werden können, um zu beweisen, dass sie wirklich zufällig und frisch generiert sind.
Foto: Quantinuum
Ein Team aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von JPMorganChase, Quantinuum, mehreren US-Forschungseinrichtungen und der University of Texas in Austin hat mit einem 56-Qubit-Quantencomputer zertifizierte Zufälligkeit erzeugt. Damit wird ein Weg aufgezeigt, wie Quantencomputer echte, nicht manipulierbare Zufallszahlen liefern können. Die Technik könnte Anwendungen in der Kryptographie, im Datenschutz und bei statistischen Verfahren revolutionieren.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet zertifizierte Zufälligkeit?
Bei der zertifizierten Zufälligkeit geht es darum, dass ein Quantencomputer Zufallszahlen erzeugt, deren Echtheit nachweisbar ist. Klassische Computer sind hier begrenzt: Sie können nur scheinbare Zufälligkeit liefern. Um echte Zufallszahlen zu generieren, brauchen sie in der Regel Hardware-Zufallsgeneratoren. Doch diese können kompromittiert werden. Angreifer könnten die Ausgaben beeinflussen, was besonders in der Kryptographie riskant ist.
Quantencomputer bieten hier neue Möglichkeiten. Die Erzeugung von Zufall ist ein natürlicher Bestandteil ihrer Funktionsweise. Doch bislang fehlte eine Methode, diesen Zufall auch mathematisch zu zertifizieren. Das hat sich nun geändert.
Die Rolle von Random Circuit Sampling (RCS)
Das Forschungsteam nutzte ein Verfahren namens Random Circuit Sampling (RCS). Dabei muss der Quantencomputer Aufgaben lösen, deren Ergebnisse er zufällig auswählt. Diese Aufgaben sind so komplex, dass klassische Supercomputer sie nicht in vertretbarer Zeit berechnen können.
Anschließend prüfen klassische Hochleistungsrechner die Lösungen. Damit wird nachgewiesen, dass die Zahlen wirklich vom Quantencomputer stammen und nicht nachträglich manipuliert wurden. In diesem Fall wurde das Ergebnis mit einer Rechenleistung von 1,1 ExaFLOPS (das entspricht 1,1 x 10^18 Operationen pro Sekunde) verifiziert.
Theorie trifft Praxis: Das Protokoll von Aaronson
Das zugrundeliegende Protokoll stammt von Scott Aaronson, Professor für Informatik an der University of Texas in Austin. Bereits 2018 entwickelte er die Idee für eine Methode, mit der sich Quanten-Zufälligkeit zertifizieren lässt.
Aaronson erklärte dazu: „Als ich 2018 erstmals mein Protokoll für zertifizierte Zufälligkeit vorschlug, hatte ich keine Ahnung, wie lange ich auf eine experimentelle Demonstration warten müsste. Die Umsetzung des ursprünglichen Protokolls ist ein erster Schritt in Richtung der Verwendung von Quantencomputern zur Erzeugung zertifizierter Zufallsbits für tatsächliche kryptografische Anwendungen.“
Unterstützt wurde Aaronson von seinem ehemaligen Postdoktoranden Shih-Han Hung. Gemeinsam mit dem Team entwickelten sie die theoretischen und mathematischen Grundlagen für den nun erfolgten Praxistest.
Hardware auf neuem Niveau: Der Quantinuum H2
Die Experimente liefen auf dem Quantencomputer „Quantinuum System Model H2“. Dieses Modell arbeitet mit 56 gefangenen Ionen als Qubits. Gefangene Ionen gelten als besonders stabil und gut kontrollierbar, was sie für hochkomplexe Quantenprozesse geeignet macht.
Das System ermöglichte eine sogenannte All-to-All-Konnektivität. Das bedeutet, dass jedes Qubit direkt mit jedem anderen kommunizieren kann – eine Eigenschaft, die die Flexibilität und Effizienz des Systems deutlich erhöht. Dank dieser Eigenschaften verbesserte H2 die bisherige Industrieleistung im Bereich RCS um das Hundertfache.
Von der Theorie zur praktischen Anwendung
Die Forscherinnen und Forscher konnten 71.313 sogenannte Entropiebits erzeugen und zertifizieren. Entropiebits beschreiben den Anteil echter, nicht vorhersehbarer Informationen in einer Bitfolge. Diese Zahl zeigt, dass das System nicht nur Zufall erzeugt, sondern diesen auch in ausreichender Menge und Qualität bereitstellt.
Laut Marco Pistoia von JPMorganChase zeige die Arbeit, „eine Lösung für eine reale Herausforderung mit einem Quantencomputer, der über die Fähigkeiten heutiger klassischer Supercomputer hinausgeht.“
Auch Travis Humble vom Oak Ridge National Laboratory unterstreicht die Bedeutung der Forschung: „Solche Pionierleistungen erweitern die Grenzen des Rechnens und liefern wertvolle Erkenntnisse über die Schnittstelle zwischen Quanten- und Hochleistungsrechnen.“
Mögliche Anwendungen: Kryptographie, Datenschutz und mehr
Echte Zufallszahlen sind eine zentrale Komponente in der modernen Kryptographie. Sie werden benötigt, um sichere Schlüssel zu erzeugen, bei digitalen Unterschriften oder für Authentifizierungsverfahren. Aber auch in statistischen Modellen, Simulationen und in der KI-Forschung spielen sie eine Rolle.
Die hier getestete Methode könnte solche Anwendungen sicherer machen. Selbst wenn ein Angreifer Zugriff auf den Quantencomputer hätte, könnte er die Zufallszahlen nicht manipulieren, ohne dass dies auffällt. Damit wird ein neues Niveau digitaler Sicherheit denkbar.
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