Rastertunnelmikroskop bildet Magnetismus in atomarer Auflösung ab
Ein internationales Forscherteam hat mit einer kleinen Veränderung ein Rastertunnelmikroskop umfunktioniert und so für eine neue Anwendung fit gemacht: Das Gerät ist jetzt empfindlich für magnetische Kräfte, was neue Einsatzmöglichkeiten auf atomarer Ebene eröffnet.
Rastertunnelmikroskope sind keine neue Erfindung. Die Grundidee stammt bereits aus den 1980er Jahren. Sie baut auf dem quantenmechanischen Tunneleffekt auf, der allerdings nur bei einer leitenden Probe funktioniert. Ist diese Bedingung erfüllt, können die Forscher eine Spannung zwischen der Oberfläche und der feinen Spitze des Rastertunnelmikroskops anlegen. Stück für Stück wird diese Probe nun mit dem Spezialmikroskop gerastert und der Tunnelstrom gemessen. Der Strom fließt allerdings erst, wenn der Abstand zwischen dem Rastertunnelmikroskop und der jeweiligen Oberfläche nur noch den Bruchteil eines Nanometers beträgt, also eines millionstel Millimeters. Die jeweilige Elektronendichte macht es dann möglich, Rückschlüsse auf die Oberflächenstruktur zu ziehen und, vereinfacht gesagt, eine topographische Karte der Struktur zu erstellen.
Winzige Moleküle am Mikroskop verändern die Abbildung
Im Grunde genommen ist das Mikroskop, das auch als Rastersondenmikroskop bezeichnet wird, also vergleichbar mit einem extrem empfindlichen Plattenspieler. Dessen Ende tastet die Oberfläche der Probe ab und nimmt Erhebungen und Vertiefungen zwischen den Atomen und Molekülen wahr. Die Funktionsweise dieses Gerät, das zum wissenschaftlichen Standard gehört, lässt sich abwandeln, indem Wissenschaftler kleine Moleküle an seine Spitze heften. Entsprechende Versuche waren bereits erfolgreich und haben zu einer besseren Auflösung geführt. Solche modifizierten Rastertunnelmikroskope können sogar chemische Bindungen abbilden.
Mit entsprechenden Verfahren arbeiten die Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich (FZ) bereits seit einigen Jahren. Schon 2008 hatten sie am Peter Grünberg Institut des FZ damit experimentiert, Wasserstoff und später Kohlenmonoxid quasi als Messfühler zu verwenden, um beim Abtasten einer Oberfläche bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Moleküle funktionieren dabei wie maßgeschneiderte Sensoren, weil sie sehr sensibel schwingen, sobald sie sich nahe genug an der Probe befinden.
Nickel wird durch Strom zum Magneten
Dem gleichen Prinzip folgte ein internationales Forscherteam, das sich aus spanischen und französischen Wissenschaftlern zusammensetzt sowie wiederum aus Mitarbeitern vom Forschungszentrum Jülich. Sie haben der Spitze des Rastersondenmikroskops ein winziges nickelhaltiges Molekül angeheftet und ihm so eine neue Eigenschaft verpasst: Empfindlichkeit für magnetische Kräfte.
Im Detail platzierten sie vor die Spitze des Rastertunnelmikroskops einen sogenannten molekularen Quantenmagneten. Er enthält ein Nickelatom, das im Grundzustand praktisch unmagnetisch ist. Das ändert sich aber durch elektrische Anregung. Das Nickelatom nimmt sehr leicht magnetische Zustände an, die – abhängig von den äußeren Bedingungen – variieren. Es wird also zu einer Art Mini-Magneten, mit dem sich magnetische Momente auf atomarer Skala abbilden lassen. Nach Angaben der Forscher soll das in einer „einzigartigen räumlichen Auflösung und Empfindlichkeit“ erfolgen.
Einsatzgebiet: Entwicklung neuer Datenspeicher-Systeme
Diese kleine Veränderung eröffnet eine große Bandbreite an Anwendungsbereichen. Denn es soll damit möglich sein, magnetische Momente auf der Ebene feinster Strukturen zu zeigen, die bisher nicht sichtbar waren. Sie sind ein wichtiger Faktor, um die Eigenschaften komplexer Materialien zu verstehen, beispielsweise für die Entwicklung neuartige Datenspeicher oder Quantensimulatoren.
Für die Wissenschaftler sind zwei weitere Aspekte wichtig. Zum einen lasse sich das Rastertunnelmikroskop mit dem Nickel-Molekül an der Spitze leicht kopieren. Andere Forschergruppen könnten also problemlos auf die Idee zurückgreifen. Zum anderen wird das untersuchte System bei der neuen Methode nur minimal beeinflusst, weil der Grundzustand des Nickelmoleküls nicht magnetisch ist. Andernfalls könnte es dazu beitragen, die empfindlichen Zustände im Nanobereich zu verändern oder sogar zu zerstören. Das würde natürlich das Messergebnis erheblich verfälschen.
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