Revolution beim Sound: Papier-Lautsprecher von der Rolle gedruckt
Geht es nach den Forschern des Instituts für Print- und Medientechnik der Technischen Universität Chemnitz, gibt es künftig Lautsprecher nur noch aus Papier. Und die sollen besonders eindrucksvoll klingen. Bereits 2015 haben die Wissenschaftler den Druck auf Einzelbögen entwickelt, aktuell ist ihnen nun der „Rolle-zu-Rolle-Druck“ gelungen.
Im Jahr 2015 haben die Forscher der Technischen Universität (TU) Chemnitz ihr „T-Book“ herausgebracht. Dabei handelt es sich um einen großformatigen Bildband, der mit aufgedruckter Elektronik ausgestattet ist. Sobald man beginnt, in diesem besonderen Buch eine Seite umzublättern, ertönen wie von Zauberhand Klänge. Denn im Inneren des Blatt Papiers befindet sich ein Lautsprecher.
„Das T-Book war und ist ein Meilenstein in der Entwicklung gedruckter Elektronik, doch die Entwicklung geht kontinuierlich weiter“, erklärt Arved C. Hübler, Professor der Printmedientechnik an der TU Chemnitz. Er hat gemeinsam mit zahlreichen Wissenschaftlern in den vergangenen 20 Jahren diesen Technologietrend vorangetrieben. Nicht nur deshalb gewinnt dieser Trend weltweit zunehmend an Bedeutung.
Aktive Schicht bringt Papier zum Klingen
Im ersten Schritt war es den Wissenschaftlern gelungen, klangvolle Papierlautsprecher in einer halbautomatischen Einzelbogenfertigung zu produzieren. Das funktioniert so: Man bedruckt entweder herkömmliches Papier oder Folien mit zwei Schichten eines leitfähigen organischen Polymers, die als Elektroden dienen. Zwischen diese beiden Schichten fügen die Forscher eine weitere Schicht hinzu: eine piezoelektrische Schicht, die als aktives Element dient. So wird es möglich, das Papier oder die Folie schwingen zu lassen. Die Luftverdrängung sorgt dafür, dass laut und deutlich Sound entsteht. Beide Seiten des Lautsprecherpapiers lassen sich problemlos auch farbig bedrucken.
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Bogenfertigung war zu ineffizient
Das Verfahren hatte allerdings einen Nachteil: Die Herstellung in einzelnen Bögen begrenzte den Produktionsprozess hinsichtlich der Wahl des Formates. Hinzu kommt, dass dieses Verfahren sehr viel Zeit benötigt. Die Forscher selbst stellten deshalb die Effizienz dieses Verfahrens infrage und fingen im Mai 2017 an, einen neuen Weg zu erforschen. Er sollte in eine möglichst kostengünstige Massenproduktion münden.
Das Ziel lautete: rollengedrucktes Lautsprecherpapier. Die Wissenschaftler wollten das Verfahren der Bogenherstellung zu einer Rollenfertigung hin transformieren. „Forscher aus den Bereichen Printmedientechnik, Chemie, Physik, Akustik, Elektrotechnik und Wirtschaft, die aus sechs Nationen stammen, entwickelten eine kontinuierliche, hochproduktive und sichere Rollenproduktion von Lautsprecherbahnen“, sagt Projektleiter Georg C. Schmidt. Dafür nutzten sie nicht nur das bereits bekannte Rolle-zu-Rolle-Druckverfahren (R2), sondern entwickelten auch noch neue Techniken. Dazu zählen Inline-Technologien, wie die Laminierung funktionaler Schichten.
Lautsprecher lassen sich meterweise drucken
Diese neuen Techniken ermöglichen es, Elektronik geschützt und unsichtbar in Papier einzubetten. Innerhalb dieses Forschungsprojektes ist es gelungen, erstmalig eine sogenannte Inline-Polarisation der peizoelektrischen Polymerschichten zu erreichen und den Inline-Prozess der gedruckten Funktionsschichten komplett zu überwachen. Mit diesem Forschungserfolg ist es künftig möglich, meterlange Lautsprecher-Installationen in Form von Bahnen oder Kreisen zu fertigen.
„Bei unserem T-RING-Prototyp wurden eine knapp vier Meter lange Bahn mit 56 Einzellautsprechern zu sieben Segmenten verbunden und zum Kreis geformt, was eine 360-Grad-Surround-Sound-Installation möglich macht“, erklärt Schmidt. Und dabei wiegt die Lautsprecherbahn inklusiver gedruckter Verschaltung nur 150 Gramm. Zu 90% besteht sie aus herkömmlichem Papier, das sich beidseitig farbig bedrucken lässt. „So sind nun günstige Infotainment-Lösungen etwa in Museen, auf Messen und in der Werbebranche möglich. In öffentlichen Gebäuden ist beispielsweise eine sehr homogene Beschallung langer Strecken wie Korridore möglich. Aber auch die Prozesstechnik selbst könnte für andere Bereiche interessant werden, zum Beispiel zur Fertigung von Inline-Messsystemen für Industrie 4.0“, wirft Schmidt einen Blick in die Zukunft.
Politik leistet Unterstützung für die Wissenschaft
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat das Projekt „T-Paper“ im Rahmen der Fördermaßnahme „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung – VIP+“ von 2017 bis 2020 mit 1,37 Millionen Euro gefördert. Das Team der Wissenschaftler hat ihre finalen Projektergebnisse jüngst in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ veröffentlicht.
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