RFID-Innovationen halten Industrie auf Trab
Auch bei boomender Wirtschaft müssen Prozesse optimiert werden. Systeme zur automatischen Identifikation von Bauteilen und Produkten helfen dabei, Warenflüsse zu verbessern, Arbeitsabläufe zu kontrollieren, Ursprungsinformationen zu geben und mehr. Auch wenn RFID mittlerweile in vielen Firmen und Branchen angesagt ist, so zeigten Aussteller doch auf der Fachmesse Euro ID 2011 letzte Woche in Berlin neue Techniken und Lösungen mit Radio Frequency Identification.
Stolz hält Uwe Stanitz sein gelbes Band nach oben. Darauf ein kleiner RFID-Tag – ein winziger Chip mit einer Antenne drumherum. „Den drucken wir hier mit unserem mobilen 24-V-Drucker“, erklärte der Managing Direktor von FuD-Druck aus Neckarsteinach auf der Berliner Euro-ID. Das Band ist unter anderem für Baumschulen gedacht. „Es lässt sich leicht zusammenkleben, wächst mit und wir können, wenn es auseinandergezogen wurde, am Kleber sofort die Manipulation erkennen.“
Mit Holz hat sich auch das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM beschäftigt. „Ziel war es, einen Transponder zu entwickeln, der zum einen Herkunft, Qualität, Menge und Bestimmungsort der Stämme erfassen kann, zum anderen aber mitverarbeitet werden kann“, erklärt Wissenschaftlerin Christine Kallmayer. Die Lösung: Der Transponder auf Holzbasis besteht aus Papier und Lignin. Das harzartige Polymer fällt in großen Mengen bei der Gewinnung von Cellulose aus Holz an. Lediglich der winzige Chip aus Silber stelle bei der Verarbeitung einen „Fremdkörper“ dar, weiß Kallmayer, aber diese Verunreinigung sei vernachlässigbar klein.
Trotz stabiler Entwicklungen herrscht auf dem RFID-Markt weiterhin Aufbruchstimmung
Von RFID-Tags an Baumstämmen bis hin zu neuen Antennenkonzepten für den Personalausweis – am IZM denken die Wissenschaftler vielschichtig und praxisnah über RFID-Lösungen nach.
„Die in Berlin präsentierten Lösungen und Anwendungen zeigen, dass wir uns in einem Wachstumsmarkt befinden, in dem neben stabilen Entwicklungen nach wie vor Aufbruchstimmung herrscht“, betonte Anja Van Bocxlaer, Chefredakteurin von „RFID im Blick“, auf dem Messegelände Berlin.
Frithjof Walk, Präsident des Branchenverbands AIM Deutschland e.V., hob hervor, dass die präsentierten Produkte und Systeme die positiven Signale aus den Anwenderunternehmen verstärken: „Die Firmen sind dringend auf der Suche nach Lösungen zur Optimierung von Produktions- oder Logistikprozessen. Da kommen ihnen Angebote gerade recht, die nicht nur Abläufe verbessern, sondern auch kreativ sind.“
Psion präsentiert PDA-Plattform-Omnii auch als RFID-Lesegerät
So führte die Psion GmbH aus Willich ihre modulare PDA-Plattform Omnii auch als RFID-Lesegeräte vor, auf der auch der neueste Industrie-Handheld XT10 entwickelt worden ist. Jürgen Hein, Chef der Psion Deutschland GmbH: „Das Design des PDA ist komplett modular und lässt sich mit aktuell 22 verfügbaren Erweiterungsmodulen zu mehr als 280 Konfigurationen umbauen.“ An Zusatzmodulen stehen beispielsweise Kameras für den verkehrspolizeilichen Einsatz, GPS-Module für die Verfolgung von Lieferungen, Fingerabdruck-Scanner, Ausweisleser oder RFID-Reader zur Verfügung.
Ginge es nach Wolfgang Offermanns, gäbe es künftig kein Kraftwerk und keine Industrieanlage ohne RFID. Dem umtriebigen Entwicklungsingenieur bei Evonik Energy Services waren herkömmliche Transponder zu wenig mitteilsam und entsprechende Wartungs- oder Instandhaltungsprozesse bei Energieerzeugern damit zu ineffektiv. Schließlich sei es gerade bei der Wartung entscheidend zu sehen, ob z. B. Schalter auch tatsächlich ausgeschaltet sind.
Also entwickelte Offermanns mit seiner Abteilung aus drei internen und zwei externen Mitarbeitern der Firma System Integration Laboratory aus Paderborn kurzerhand einen RFID-Chip mit integriertem Mini-Monitor. Dieser ist mit 64 Bildpunkten zwar klein und bietet nur eine geringe Auflösung, erfüllt Offermanns zufolge aber seinen Zweck: „Bisher ließen sich die auf herkömmlichen Transpondern gespeicherten Informationen nur mit mobilen Endgeräten auslesen und auf deren Display anzeigen. Deshalb mussten Wartungstechniker häufig zusätzlich Schilder beispielsweise an Anlagenkomponenten anbringen. Mit dem visuellen RFID-Label sind Informationen nun erstmals direkt auf dem Anzeigefeld des RFID-Chips darstellbar.“
Bei Evonik schafft die neue Technologie ein zeit- und wegesparendes, papierloses System und führt insgesamt zu einer Optimierung im Bereich der mobilen Instandhaltung von Energieanlagen. Offermanns zur Funktion des Funkchips: „Energie bezieht der bildgebende Transponder aus dem Funkfeld des ansteuernden PDA. Diese versorgt nicht nur den RFID-Chip, sondern auch die in E-Paper-Technik realisierte Displayeinheit mit Spannung. Die Anzeige des V-RFID-Labels bleibt im Anschluss auch im spannungsfreien Zustand unverändert erhalten.“
In der hiesigen Abfallwirtschaft werden RFID-Systeme bereits seit Anfang der 90er-Jahre zur automatischen Erkennung von Abfallbehältern eingesetzt, und zwar für die Abfuhr-Identifikation der Mülltonnen und für die Gebührenabrechnung. Nur Behälter, die mit gültiger Identifikationsnummer gekennzeichnet sind, dürfen geleert werden.
30 % aller Abfallbehälter werden in Deutschland per RFID-Technik identifiziert
Spannend wird die Verwendung von Funkchips dann, wenn die Abfallgebühren einen Vermeidungsanreiz für die Bürger schaffen sollen. So vermeiden insbesondere die Kommunen der neuen Bundesländer bereits wesentlich mehr Restmüll als im Westen. Der Grund: Hier kommen Abfallbehälter nur dann auf die Straße – und die Abfuhr wird auch nur dann bezahlt –, wenn diese auch wirklich voll sind. Nach Auskunft von Uwe Neidhardt, Vertriebschef der Moba Mobile Automation AG aus Dresden, werden bis dato bereits rund 30 % aller Abfallbehälter in Deutschland per RFID-Technik identifiziert. In den neuen Bundesländern sei dabei die Ausrüstungsquote mit etwa 90 % weit höher als in den alten Bundesländern.
RFID ist längst zum Gebrauchsgut geworden. Doch vereinzelt war in der Berliner Messehalle auch Zukunftsluft zu schnuppern. So am Stand des Lesegeräteherstellers Feig aus Weilburg an der Lahn. Dort dominierte ein Smart aus Pappe nebst Elektrotankstelle von Rittal. „Rittal hat 50 Lesegeräte bestellt“, verrät Marketing-Mann Andreas Löw, „und sie in Zapfsäulen für E-Autos verbaut.“ So könne man künftig mithilfe von RFID über Karten, den neuen Personalausweis oder Smartphones mit NFC-Technik – der RFID-Variante Near Field Communication – tanken.
Ein Beitrag von: