Sechseckige Trommel misst den Hagelschlag
Sensoren, die automatisch Größe und Intensität von Hagelkörnern ermitteln, sollen helfen, verheerende Unwetter vorherzusagen. Dazu müssen diese Informationen intelligent mit anderen Wetterdaten verknüpft werden.
Hagelschauer sind besonders für die Landwirtschaft so etwas wie der größte anzunehmende Unfall: Sie kommen meist völlig überraschend, lassen sich kaum und schon gar nicht örtlich zuverlässig vorhersagen und können in Sekunden ganze Ernten vernichten. Am schlimmsten ist es, wenn sie beispielsweise zur Blütezeit der Obstbäume einschlagen. Selbst im Sommer können sie noch verheerende Schäden anrichten. Ende Juli richtete Hagel am Rande des Schwarzwaldes einen Schaden von rund 100 Millionen Euro an, so eine Schätzung der SV Sparkassenversicherung.
Hagelschlag lässt sich kaum vorhersagen
Erstaunlich, dass es erst jetzt ernsthafte Versuche gibt, Hagelschlag zuverlässig vorherzusagen. Dr. Michael Kunz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK-TRO) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und sein Team haben sich zum Ziel gesetzt, die Gefahren durch Hagel besser zu verstehen. Dazu gehört unter anderem die Frage, mit welcher Wahrscheinlichkeit in welcher Region Hagel auftritt.
Dazu haben sie einen sechseckigen Hagelsensor entwickelt, der einer flachen Trommel ähnelt. Und er funktioniert auch so. Nur dass kein Mensch die Membran bearbeitet, sondern Hagelkörner. Die Wissenschaftler des KIT haben derartige Sensoren an zwölf Wetterstationen in Baden-Württemberg installiert, um langfristig ein Prognosemodell für Unwetter mit Hagelschlag zu entwickeln.
Den Hagelsensor hat Professor Martin Löffler-Mang von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Saarbrücken entwickelt, die Firma inNET Monitoring AG in Altdorf (Schweiz) produziert ihn derzeit in einer Kleinserie. Zwei empfindliche Mikrofone registrieren den Trommelwirbel, den die Hagelkörner veranstalten. Eine Auswertesoftware errechnet daraus die Zahl der Hagelkörner pro Zeiteinheit und, was noch wichtiger ist, deren Größenverteilung. Bei besonders verheerenden Unwettern haben sie oft das Format von Tennisbällen.
Radar kann nicht zwischen Tropfen und Eis unterscheiden
Um Hagelschlag vorhersagen zu können, müssen die Informationen, die die Sensoren liefern, mit meteorologischen Daten kombiniert werden, etwa der Temperatur- und Luftdruckverteilung bis in einige Kilometer Höhe. Spezielle Schichtungen sorgen dafür, dass Wasserdampf in eisige Höhen steigt, dort gefriert und als Hagel zu Erde stürzt. Mit speziellen Radargeräten lässt sich Niederschlag zwar aus der Ferne erkennen, nicht aber, ob es sich um Wassertropfen oder Eiskörner handelt.
Die Prognose von Hagel ist auch deshalb so schwierig, weil es sich bei Hagelschlag um eng begrenzte lokale Ereignisse handelt. Die betroffenen Zonen können Breiten zwischen 100 und einigen 1000 Metern erreichen. Allein in Baden-Württemberg hagelt es pro Jahr im Durchschnitt an 30 Tagen.
Trotzdem gab es in Deutschland bisher keine einzige Wetterstation, die Hagelereignisse registriert. „Hagel wird nur an wenigen Stationen des Deutschen Wetterdienstes manuell von Beobachtern registriert. Automatisch erfasst wird Hagel in Deutschland bisher nicht. Wir haben also keine Messungen zur Verfügung, die uns sagen, wo es wie lange gehagelt hat und wie groß die Hagelkörner waren.“
Lediglich ein paar Wetterinteressierte vermerken sie handschriftlich. Zehn Stationen mit automatischer Hagelanalyse seien natürlich nur ein erster Schritt und bei weitem nicht ausreichend, sagt Professor Michael Kunz. Wenn es gelingt, Zusammenhänge zwischen gängigen Wetterdaten und Hagelereignissen aufzuspüren, sollen weitere Stationen mit den sechseckigen Trommeln ausgestattet werden.
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