Smart Home: Dieses Mikro lauscht nicht heimlich mit
Vernetzung sorgt für mehr Komfort, Energieeffizienz und kann sogar zur Gesundheitsvorsorge beitragen. Je mehr Daten aufgenommen werden, desto stärker müssen sie aber auch geschützt werden. US-Forscher haben jetzt ein System entwickelt, das Signale empfängt, ohne hörbare Geräusche zu identifizieren.
Smart Speaker verbreiten sich immer mehr. Dabei geht es schon längst nicht mehr nur darum, dass sie auf Befehl Musik abspielen oder eine Wettermeldung aus dem Internet abrufen. Inzwischen dienen sie vielfach als eine Art Basisstation für Smart-Home-Anwendungen. Kompatible Geräte lassen sich in dieses kleine Netzwerk einbinden und über den Smart Speaker steuern. Allerdings bringt das auch ein Problem mit sich: Sie hören mehr, als sie sollen.
US-Forscher der University of Michigan haben daher ein System inklusive neuartigem Mikro entwickelt, das auf der einen Seite in der Lage ist, Signale wahrzunehmen, die einen Smart Speaker einschalten. Auf der anderen Seite belauscht es dabei keine normalen Gespräche. Im nächsten Schritt gibt das System Informationen innerhalb des Netzwerkes weiter, die benötig werden, um Geräte über den Smart Speaker zu steuern.
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Garantierte Privatsphäre im Smart Home
Die Forscher haben sich auch schon einen werbewirksamen Namen für ihre Erfindung überlegt: PrivacyMic. Der Schlüssel zur Technologie sind Ultraschall-Frequenzen, die außerhalb des für Menschen wahrnehmbaren Bereichs liegen. Zum Beispiel ein eingeschalteter Computermonitor oder ein laufender Geschirrspüler erzeugen neben den hörbaren Geräuschen auch Ultraschallwellen, die eine Frequenz von 20 Kilohertz oder höher haben. Um genau die geht es. Denn das PrivacyMic kann sie aufnehmen.
Was aber fängt das System mit der Information an, dass ein Geschirrspüler läuft? Ein sehr komplexes Verfahren beginnt. Die Technologie sortiert, vereinfacht gesagt, alle Ultraschallgeräusche, die in einem Raum erschallen und schließt daraus, was genau gerade passiert. Nach Angaben der Forscher erkennt es mit einer Genauigkeit von mehr als 95%, welche Aktivitäten im Haushalt oder im Büro gerade stattfinden.
„Es gibt viele Situationen, in denen wir wollen, dass unser Smart Home oder unser intelligenter Lautsprecher verstehen, was in unserem Haus vor sich geht, aber wir wollen nicht unbedingt, dass es unsere Gespräche mithört“, sagt Alanson Sample vom Institut für Elektrotechnik und Informatik. „Deswegen haben wir ein System entwickelt, das versteht, was vor sich geht. Gleichzeitig gibt es eine Garantie dafür, dass es niemals irgendwelche hörbaren Informationen aufzeichnet.“
Testhörer erkannten keine Sprache
Woher aber weiß das System, welche Tätigkeiten welche Ultraschallinformationen auslösen? Die Wissenschaftler haben es natürlich zunächst mit den entsprechenden Daten gefüttert. Das Team hat dafür ganz praktisch den Ton zahlreicher Tätigkeiten aufgenommen. Dazu gehörten beispielsweise Zähneputzen, Staubsaugen, eine rauschende Toilettenspülung und der bereits erwähnte Geschirrspüler. Anschließend komprimierten sie die Ultraschallsignaturen in kleinere Dateien und blendeten hörbare Geräusche aus. Das System sucht nun gezielt nach diesen Dateien.
Zusätzlich führten sie einen Test durch und spielten Probanden die Geräusche vor, die das System für seine Arbeit braucht – keiner der Teilnehmer war in der Lage, menschliche Stimmen oder gar Sprache aus den Aufnahmen herauszufiltern.
Vom Smart Home zum Gesundheitsmonitoring
Smart Home ist nicht die einzige Anwendung, für die solch ein System denkbar wäre. Die Wissenschaftler denken auch in Richtung Gesundheitsmonitoring. Es gibt beispielsweise bereits Geräte, die über entsprechende Apps regelmäßig die Daten einer Herzfrequenzmessung an einen Server liefern, wo sie ausgewertet werden. Der Bedarf an solchen Konzepten ist groß. Das betrifft vor allem Risikogruppen, bei denen Prävention besonders wichtig ist.
In-Home-Ultraschallgeräte könnten unter anderem die Wohnungen älterer Menschen auf Anzeichen von Hilfsbedürftigkeit überwachen oder die Lungenfunktion bei Atemwegspatienten kontrollieren. Die Forscher sind sich sicher, dass die Akzeptanz der Patienten bei solch einer Anwendung größer wäre als bei einem herkömmlichen Mikrofon, das auch Gespräche aufnimmt.
Die Forscher haben für ihre Erfindung bereits einen Patentschutz beantragt. Trotzdem wird es nach Einschätzung der Wissenschaftler noch einige Jahre dauern, ehe das PrivacyMic als ausgereiftes Produkt auf den Markt kommt und tatsächlich ein Smart Home steuert.
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