Smarte Windeln melden sich, bevor die Haut Schaden nimmt
Ingenieure am MIT haben eine intelligente, bezahlbare Wegwerfwindel mit RFID-Tag entwickelt. Sie erkennt Nässe und übermittelt Signale an ein Lesegerät. Dann wissen Eltern, dass es Zeit zum Wechseln ist.
Manche Säuglinge signalisieren ihren Eltern schnell und lautstark, wenn ihre Windel feucht ist. Andere harren eher aus und scheinen sich nicht sofort daran zu stören. Wird eine nasse Windel jedoch zu lange getragen, kann das zu schmerzhaften Hautproblemen führen.
Um das zu vermeiden, haben Ingenieure am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Cambridge jetzt eine Lösung entwickelt. Sie integrierten in kommerziell erhältliche Windeln einen Sensor. Weist dieser Feuchtigkeit nach, sendet er Signale an einen Empfänger. Eltern bekommen dann über ihr Smartphone oder ihren Computer entsprechende Nachrichten.
Experimente mit passivem RFID-Tag
Bei der Entwicklung ging es den Forschern um zwei Aspekte. Ihr System sollte nicht nur praxistauglich, sondern auch preisgünstig sein, um kommerziellen Anwendungen den Weg zu ebnen. Deshalb entschieden sie sich für einen passiven RFID-Tag.
RFID (radio-frequency identification) bezeichnet eine Technologie für Sender-Empfänger-Systeme auf der Basis von Radiowellen. Ein typisches RFID-System besteht dabei aus mehreren Komponenten: der Antenne zur Rückstreuung von Funkfrequenzsignalen und dem RFID-Chip als Informationsspeicher. RFID-Etiketten benötigen keine Batterien; sie erhalten Energie in Form von Radiowellen, die von einem RFID-Lesegerät ausgesendet werden. Über eine Antenne werden dann Signale an den Empfänger gesendet.
Das System kennt man aus der Warenwirtschaft. Um es für Windeln zu optimieren, wurde ein Sensor in der Windel unter superabsorbierendem Polymer angebracht. Dieses spezielle Hydrogel ist in normalen Windeln zu finden, um Feuchtigkeit aufzunehmen. Wenn der Kunststoff nass wird, dehnt er sich geringfügig aus, und sein elektrischer Widerstand verringert sich etwas. Diese Änderungen reichen aus, um als Antenne zu wirken und vom Lesegerät erkannt zu werden. Der Empfänger selbst befindet sich im Abstand von etwa einem Meter, also vor Ort im Kinderzimmer.
Erste Tests im Labor
Um die Leistung ihres Sensors zu überprüfen, platzierten MIT-Forscher einen RFID-Chip in kommerziell erhältlichen Windeln unter dem Hydrogel. Als Babys verwendeten sie Dummy-Puppen in ähnlicher Größe, die mit einer Kochsalzlösung gefüllt wurden. Der Elektrolyt entsprach dabei menschlichem Urin hinsichtlich seiner Leitfähigkeit.
Diese Puppen platzierten die Ingenieure sitzend oder liegend sowie in unterschiedlichem Abstand zum Empfänger. Sie stellten fest, dass ihr Sensor in der Lage war, mit dem Lesegerät in bis zu einem Meter Entfernung zu kommunizieren, wenn die Windel nass war.
Der Empfänger selbst soll über eine Webschnittstelle Nachrichten an die Eltern senden, etwa an deren Smartphone. Sie erkennen, dass es Zeit zum Wechseln der Windel ist, obwohl von außen nichts darauf hindeutet.
Etwa zwei Cent pro Chip
Systeme, die Feuchtigkeit messen, sind an und für sich nicht neu. Viele handelsübliche Windeln enthalten Indikatoren als Streifen, die entlang der Außenseite aufgedruckt werden und sich bei Nässe verfärben. Der Nachteil: Man muss Kindern erst die Kleidung ausziehen, um farbliche Änderungen zu sehen. Unterwegs bringt das Konzept recht wenig.
Bleibt als wenig praktikable Alternative: Unternehmen, die sich mit intelligenter Windeltechnologie befassen, setzen Nässesensoren ein, die Bluetooth-fähig sind. An der Außenseite der Kleidung befinden sich größere Sendeeinheiten mit Batterien, um Daten per WLAN ins Web zu übertragen. Solche Technologien sind zwar wiederverwendbar, schlagen aber mit 40 bis 50 Euro zu Buche.
RFID-Etiketten sind kostengünstige Optionen. Die Ingenieure schätzen, dass ein Sensor nur umgerechnet zwei Cent in der Herstellung kosten wird. Die Tags können in Rollen gedruckt werden, ähnlich wie Strichcode-Etiketten. Hier bestehen schon Kontakte mit Softys, einem Windelhersteller aus Südamerika, um die Praxistauglichkeit des Verfahrens zu evaluieren.
Ein wachsender Markt in der Pflege
Es geht aber nicht nur um Babys und um Kleinkinder. Die Experten sehen einen wachsenden Markt im Pflegebereich. Im nächsten Jahrzehnt wird die Zahl älterer Menschen drastisch ansteigen. Aber es fehlen Pflegefachkräfte.
Eine Idee der MIT-Arbeitsgruppe: In Stationen könnten Signale aus RFID-Systemen zentral eingehen und bearbeitet werden. Dann sehen Mitarbeiter nicht nur, wann Windeln zu wechseln sind. Sie erkennen auch medizinisch gefährliche Situationen, etwa Verstopfungen oder Nierenfunktionsstörungen, wenn plötzlich kein Stuhl oder Urin mehr ausgeschieden wird.
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