So wird ein Teilchenbeschleuniger leistungsfähiger und nachhaltiger
Eine Chemikerin hat sich am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf mit der Photokatode, dem Herzstück des ELBE-Beschleunigers beschäftigt. Sie hat neue Materialkombinationen ausprobiert und einen Weg gefunden, wie sich Teilchenbeschleuniger leistungsfähiger, effizienter und nachhaltiger betreiben lassen.
Am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) gibt es einen sogenannten ELBE-Beschleuniger. ELBE steht dabei für „Elektronen Linearbeschleuniger für Strahlen hoher Brillanz und niedriger Emittanz“. Mit diesem Beschleuniger lassen sich ganz unterschiedliche Arten von Sekundärstrahlungen erzeugen. Das können beispielsweise elektromagnetische Strahlungen sein oder auch Teilchen. Als Basis dient ein supraleitender Linearbeschleuniger. Er liefert hohen mittleren Strom. Damit auch eine Hochfrequenzleistung möglich ist, kommt ein Transistorverstärker zum Einsatz.
Der ELBE ist ein Forschungsgerät, von dem verschiedene Wissenschaften und auch Branchen profitieren. So lässt sich damit Material untersuchen, im Speziellen die Charakterisierung von Werkstoffen. Aber auch die Qualität von Schweißnähten oder feinen Membranen kann dank ELBE sehr genau geprüft werden. Für die Medizin liefert er Erkenntnisse, um zum Beispiel Strahlentherapien zu verbessern. Aber auch die Simulation von Weltraumbedingungen für Materialtests, beispielsweise an Halbleitern, macht ELBE möglich.
Neue Materialkombination macht Beschleuniger leistungsfähiger
Eine Forscherin vom HZDR hat nun gezielt das Herzstück des ELBE-Beschleunigers untersucht, die sogenannte Photokathode, mit dem Ziel, eine Alternative zu finden. Diese Kathode beinhaltet eine Schicht aus verschiedenen Stoffen, meistens Antimon und Alkalimetallen wie Cäsium, mit der sich Lichtimpulse in elektrische Impulse umwandeln lassen. Bei dem ELBE-Beschleuniger sorgt die Photokathode dafür, dass an der Anlage ein Elektronenstrahl produziert werden kann. Das funktioniert so: Ein Laser schießt ultraviolettes Licht auf ein Bauteil, das nicht mal so groß wie ein Fingernagel ist. Die Energie sorgt dafür, dass ein Teil der Elektronen aus den Atomen entrissen und so auf diese Art und Weise Teil des Elektronenstrahls werden. Mit diesem Elektronenstrahl lassen sich dann weitere Strahlungen erzeugen, unter anderem Infrarotstrahlung oder solche im Gamma- oder Terahertz-Bereich.
Der Ansatz der Forscherin: Wie könnte sich ELBE in Zukunft noch leistungsfähiger, energieeffizienter und nachhaltiger betreiben lassen? Sie hat sich deshalb die Schichten in den Photokathoden genauer angeschaut. Statt Kupfersubstrat mit einer Schicht aus Cäsiumkristallen hat sie einen handelsüblichen Galliumnitrid-Wafer genutzt, auf den sie eine extrem dünne Schicht Cäsium aufgetragen hat. „Solche Wafer sind Standard in der Mikroelektronik. Sie werden im Industriemaßstab gefertigt und auf Wunsch in der passenden Größe geliefert“, erklärt Jana Schafer vom HZDR. Damit wollte sie zeigen, dass es auch wirtschaftliche Veränderungsmöglichkeiten gibt.
Keine Leistungseinbußen durch wiederverwendetes Material
Die von ihr ausgewählte Materialkombination brachte aber noch weitere Vorteile: Hinsichtlich der Quanteneffizienz stellte sie eine enorme Steigerung fest: Die herkömmlichen Kathoden kommen auf etwa 5%, die neuartigen aus Galliumnitrid schaffen rund 10% – sind also etwa doppelt so effizient. Ihr dritter Punkt, die Nachhaltigkeit, ließ sich ebenfalls mit dem neuen Ansatz darstellen: Photokathoden nutzen sich ab – so wie jedes andere Verbrauchsmaterial auch. Sie liefern dann immer weniger Elektronen und müssen irgendwann ausgetauscht werden.
Das ist mit den Photokathoden aus Galliumnitrid nicht notwendig. Sie lassen sich einfach wieder aufbereiten und mit einer neuen Schicht Cäsium sind sie rasch wieder einsatzbereit. Auch hinsichtlich der Ergebnisse konnte die Forscherin bei den wiederverwendeten Kathoden keine Nachteile feststellen, sie erreichen wieder hohe Quanteneffizienten.
Material lässt sich wiederverwenden – Teilchenbeschleuniger werden nachhaltiger
Jana Schaber hat während ihrer Tests an der neuen Materialkombination sogar feststellen können, dass diese eine höhere Brillanz bieten. Die entstehe durch mehr Elektronen pro Puls. „Das könnten wir mit den Galliumnitrid-Photokathoden erreichen. Die einfache Herstellung und die Wiederverwendbarkeit machen sie dann sogar noch nachhaltiger“, sagt die Chemikerin.
Bei all den vielen Vorteilen ergab sich aber auch ein Problem: In fast jedem Fall ist das Galliumnitrid mit Kohlenstoff verunreinigt. Das zwar nur minimal, doch das reiche aus: Der Kohlenstoff gehe nach einiger Zeit im Betrieb eine Verbindung zum Cäsium ein. Das hat zur Folge, dass die Schicht und so auch die gesamte Kathode zerstört wird. Sie sucht nun nach Unternehmen, die Galliumnitrid auf alternative Art und Weise herstellen – ohne, dass Verunreinigungen entstehen.
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