Spezialkamera sieht verborgene Details in verblichenen Malereien
Alte Wandmalereien sind oft so stark verblichen, dass man kaum etwas erkennen kann und viele Inhalte als verloren gelten. Eine neuentwickelte Hyperspektralkamera schafft das scheinbar unmögliche: Diese Kamera sieht Farbnuancen und Details, die dem menschlichen Auge verborgen bleiben. Im Kreuzgang des Brandenburger Doms wurde diese Kamera jetzt erfolgreich getestet.
850 Jahre alt ist der Brandenburger Dom, der gerne auch als „Mutter aller märkischen Kirchen“ bezeichnet wird – und das sieht man den Wand- und Deckenmalereien im Kreuzgang auch an. Dort hat der Zahn der Zeit die Motive beinahe vollständig verblichen. Wo ehemals Pferde im wilden Galopp davon rasten und Frauen mit kunstvollen Kleidern und Hauben beisammen standen, sind heute nur noch Fragmente davon zu erahnen.
Ein Motiv schält sich daraus auch bei längerer Betrachtung nicht heraus. Das liegt auch an einer bautechnischen Unzulänglichkeit des menschlichen Auges.
Das menschliche Auge hat nur drei Farbkanäle
Denn in Sachen Farbsehen ist das Auge eher Mittelmaß. Es sind drei verschiedene Arten von Zapfen auf der Netzhaut des Auges, die jeweils auf eine Spektralfarbe besonders gut reagieren. Alle Farben, die ein Mensch sieht, mischt das Auge aus diesen drei Spektralfarben.
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Fabrikbetrieb und -automation (IFF) in Magdeburg haben jetzt eine Hyperspektralkamera entwickelt, die das menschliche Auge um Längen schlägt. „Während der Mensch alle wahrgenommenen Farbtöne aus den Farbein Rot, Grün und Blau zusammensetzt, verfügt die Kamera über 51 Farbkanäle“, erläutert Dr. Andreas Herzog vom IFF. „Sie kann daher Farbtöne voneinander unterscheiden, die für das menschliche Auge gleich wirken.“ Ein Bereich der Malereien, der für den Menschen nur ein Blauton ist, teilt das System in die minimal unterschiedlichen Farbnuancen ein. Somit erkennt die Kamera Strukturen, die eigentlich gar nicht zu sehen sind.
Kamera entdeckt vergangene Restaurierungen
Deshalb kann diese neue Technologie auch feststellen, ob Bilder in mehreren Etappen gemalt oder früher bereits restauriert wurden. Denn für den Künstler mögen die Farben, die er aufgetragen hat, identisch mit dem im Gemälde verwendeten Farben sein. Weil es nahezu unmöglich ist, sie gänzlich identisch zu mischen, erkennt die Kamera die feinen Unterschiede.
Zudem erkennt die Kamera nicht nur das sichtbare Licht, das von den Malereien reflektiert wird. Die Hyperspektralkamera ist auch für Wellenlängen empfänglich, die jenseits des sichtbaren Spektrums im infraroten Bereich liegen. Außerdem ist die Auflösung der Kamera deutlich feiner als das Auge des Menschen.
UV-Licht greift Malereien an
Bislang konnten Kunsthistoriker bei der Fahndung nach verblichenen Motiven einzig auf eine recht brachiale Methode zurückgreifen. Bestrahlt man die Wand mit UV-Strahlen, regt das energiereiche Licht einige Substanzen in der Farbe wie Bindemittel zum Fluorezieren an. Auf Fotos dieser Fluoreszenz lassen sich dann ebenfalls verborgene Strukturen entdecken.
Dieses Verfahren hat allerdings zwei große Nachteile: Es ist sehr aufwendig und greift zudem das Gemälde an. Die Hyperspektralkamera des IFF arbeitet dagegen mit einer normalen Lichtquelle, die an den Gemälden keinen Schaden verursacht.
Die raffinierte Software der Kamera ist dabei, im Kreuzgang des Brandenburger Domes die verblichenen Malereien zu rekonstruieren. Die dortigen Malereien wurden im 15. Jahrhundert von Hartmut Schedel detailliert beschrieben, sind aber so stark beschädigt, dass sie als verschollen galten. Jetzt wurden mit Hilfe der Kamera und der Software viele Details rekonstruiert.
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