Lernen von der Natur 09.12.2024, 10:18 Uhr

Vogelartige Drohne läuft, hüpft und hebt ab wie eine Krähe

Sie läuft wie eine Krähe, hüpft wie eine Krähe und hebt ab wie eine Krähe: Die Drohne Raven ist ein ungewöhnliches Flugobjekt.

Raven

Für die Drohne "Raven" namen sich die Forschenden die Natur zum Vorbild - das Luftfahrzeug agiert wie eine Krähe.

Foto: Alain Herzog CC BY SA

Die Natur hat oft als Inspiration für technische Innovationen gedient. Mit der Drohne Raven (Robotic Avian-inspired Vehicle for ENvironments) setzt das Labor für intelligente Systeme (LIS) der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) unter Leitung von Dario Floreano diese Tradition fort. Raven ist nicht nur eine fliegende Drohne, sondern auch ein wandelndes und springendes Wunderwerk. Dank speziell entwickelter, vogelähnlicher Beine kann sie Hindernisse überwinden und von nahezu jedem Untergrund aus starten. Dies macht sie zu einer der vielseitigsten unbemannten Luftfahrzeuge, die je entwickelt wurden.

Die Technik hinter Raven

Die Beine von Raven basieren auf den Proportionen und Bewegungsmechanismen von Vögeln wie Raben und Krähen. Diese Tiere bewegen sich mühelos zwischen Gehen, Springen und Fliegen, ohne dass sie auf spezielle Start- oder Landebahnen angewiesen sind. Doktorand Won Dong Shin hat dieses Konzept in das Design der Drohne integriert.

Durch mathematische Modelle, Computersimulationen und zahlreiche Tests entstand eine Leichtbaukonstruktion, die sowohl kompakt als auch vielseitig ist. Die Beine wiegen insgesamt nur 0,62 Kilogramm und kombinieren Federn sowie Motoren, um die Sehnen und Muskeln der Vögel zu imitieren. Eine spezielle Gelenkstruktur in den Füßen ermöglicht es der Drohne, stabil zu gehen, zu hüpfen und zu springen. Das Design der Beine folgt dabei der Logik der Natur: Leichte Komponenten sorgen für Mobilität, während robustere Teile das Gewicht nahe am Zentrum der Drohne halten.

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Die Drohne springt in den Flug

Ein besonderes Merkmal von Raven ist die Möglichkeit, durch einen Sprung in den Flug zu starten. Experimente zeigten, dass diese Methode sowohl kinetische Energie (Geschwindigkeit) als auch potenzielle Energie (Höhengewinn) optimal nutzt. Der Sprungstart ermöglicht es der Drohne, Hindernisse von bis zu 26 Zentimetern Höhe zu überwinden – ein bedeutender Vorteil, wenn der Startplatz uneben oder eingeschränkt ist.

Zusätzlich testeten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Startmethoden, darunter stehender und fallender Start. Der Sprung erwies sich als die effizienteste Methode, die Startbedingungen zu verbessern und die Energiespeicherung zu optimieren.

Raven im Flug

Raven im Flug – eine Mischung aus Vogel und Luftfahrzeug.

Foto: Alain Herzog CC BY SA

Potenzielle Einsatzgebiete

Ravens vielseitige Bewegungsfähigkeit macht sie besonders geeignet für den Einsatz in schwierigem Terrain. Bei Naturkatastrophen, wie Erdbeben oder Überschwemmungen, kann sie als Rettungsdrohne agieren, um schwer zugängliche Gebiete zu erreichen und dort Hilfsgüter zu liefern. Ihre Fähigkeit, ohne menschliches Eingreifen von nahezu jedem Untergrund aus zu starten, bietet einen entscheidenden Vorteil.

Auch in städtischen Gebieten, wo enge Gassen oder Trümmer den Zugang erschweren, kann die Drohne ihre Flexibilität ausspielen. Lieferungen von Medikamenten oder anderen lebenswichtigen Gegenständen könnten effizienter und schneller erfolgen.

Mit ihrer einzigartigen Mobilität kann Raven auch bei Inspektionen von Infrastruktur oder Naturgebieten eingesetzt werden. Sie erreicht Gebiete, die herkömmliche Drohnen nicht zugänglich sind, und liefert dabei wertvolle Daten sowohl aus der Luft als auch vom Boden. Dies ist besonders relevant für die Überwachung von Brücken, Pipelines oder Energieanlagen in abgelegenen Regionen.

Zusammenarbeit mit anderen Forschungsgruppen

Das Team um Floreano arbeitete eng mit anderen Forschungsgruppen zusammen, darunter das BioRobotics Lab der EPFL und das Neuromechanics Lab der University of California, Irvine. Gemeinsam untersuchten sie die biomechanischen Eigenschaften von Vögeln, um deren Effizienz und Vielseitigkeit in Raven zu übertragen.

Eine der größten Herausforderungen bestand darin, die Bewegungen der Vögel auf ein robotisches System zu übertragen. Die Natur hat im Laufe der Evolution elegante Lösungen für komplexe Bewegungen hervorgebracht, die technische Systeme oft schwer nachbilden können. Durch kontinuierliche Tests und Optimierungen konnten die Forscher jedoch eine Balance zwischen Leichtbau und Funktionalität erreichen.

Darüber hinaus widmete sich das Team der Verbesserung der Steuerungssysteme. Die Beine der Drohne müssen nicht nur Bewegungen ausführen, sondern auch nahtlos mit den Flugmodulen koordiniert werden. Diese Integration ist ein Schlüsselfaktor für die Effizienz und Stabilität der Drohne.

Zukunftsperspektiven

Die Forscher arbeiten bereits an einer Weiterentwicklung von Raven. Ziel ist es, die Landefähigkeiten der Drohne zu verbessern und ihre Anpassungsfähigkeit an verschiedene Oberflächen zu erhöhen. Zusätzlich wird daran gearbeitet, den Energieverbrauch weiter zu reduzieren und die Steuerung noch präziser zu machen.

Langfristig könnte die Technologie von Raven in einer Vielzahl von Anwendungen eingesetzt werden. Sie bietet eine Grundlage für die Entwicklung weiterer multimodaler Robotersysteme, die sowohl auf dem Boden als auch in der Luft operieren können.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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