Trumpf entwickelt Anwendungen 27.02.2024, 12:00 Uhr

Wie lassen sich Quantencomputer industrietauglich machen?

Noch sind Quantencomputer kaum über die Forschungsebene hinausgekommen. Der Maschinenbauer Trumpf hat sich jedoch bereits jetzt einmal angeschaut, wie die superschnellen Rechner industrietauglich gemacht werden können. Konkret geht es um Blechbearbeitung.

Quantencomputer

Auch wenn es vermutlich noch Jahre dauern wird, bis Quantencomputer breit verfügbar sind, bereitet sich die deutsche Industrie bereits darauf vor, die enorme Rechenpower zu nutzen.

Foto: PantherMedia / vchalup2

Das international tätige Maschinenbauunternehmen Trumpf hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Quantencomputer für die Industrie nutzbar gemacht werden können. Im Rahmen des Forschungsprojekts PlanQK, Plattform und Ökosystem für Quantenapplikationen, hat Trumpf Anwendungen auf Basis von Quanten-KI für die Blechbearbeitung entwickelt. Das Projekt war Teil des KI-Innovationswettbewerbs quanten-KI-basierte Anwendungen.

Schneller, besser, effizienter?

Wissenschaft und Wirtschaft setzen große Hoffnungen in Quantencomputer, die schnellere, bessere und effizientere Lösungen versprechen. Auch wenn noch nicht absehbar ist, ob diese Technologie alle hohen Erwartungen erfüllen wird, so ist doch klar, dass sie das Potenzial hat, die Entwicklung und Erweiterung von Anwendungsgebieten der künstlichen Intelligenz (KI) erheblich zu beschleunigen.

Mögliche Anwendungen reichen von der Entwicklung lebensrettender Medikamente bis hin zu automatisierten Echtzeit-Steuerungssystemen im Straßenverkehr. Deutschland nimmt bei der Erforschung dieser zukunftsträchtigen Anwendungen eine führende Rolle ein.

Ein Beispiel ist das HPCQS-Projekt (High-Performance Computer and Quantum Simulator hybrid). Das Jülich Supercomputing Centre (JSC) leitet das Projekt zur Integration von zwei 100-Qubits-Quantensimulatoren des französischen Start-ups PASQAL in die Supercomputer-Infrastruktur. Diese Integration betrifft sowohl das JSC als auch das französische Supercomputerzentrum CEA/TGCC im Süden von Paris. Die Inbetriebnahme der Quantensimulatoren ist noch für 2024 geplant.

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Was ist das Projekt PlanQK?

Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz im Rahmen des KI-Innovationswettbewerbs geförderte Projekt PlanQK erforscht die Entwicklung und Anwendung von Algorithmen der Quanten-KI (QKI). Ziel ist es, kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland den Zugang zu dieser zukunftsweisenden Technologie zu erleichtern.

Über die webbasierte Plattform PlanQK können sich Experten aus den Bereichen Quantencomputing und künstliche Intelligenz vernetzen. Sie ermöglicht es, QKI-Algorithmen aus verschiedenen Quellen zu sammeln, für unterschiedliche Quantencomputer aufzubereiten und in verschiedenen Anwendungsbereichen zu testen.

Rechenleistung mieten

Entwickler können innerhalb von PlanQK Algorithmen für den Einsatz in Quantenanwendungen anpassen, die über die Plattform bereitgestellt werden. Unternehmen und öffentliche Einrichtungen haben die Möglichkeit, auf der Plattform geeignete Algorithmen, Datenpools und Kooperationspartner zu finden.

Die Plattform bietet zudem die Möglichkeit, Rechenkapazität auf speziell angepassten Quantencomputern zu mieten. Dies eröffnet insbesondere kleinen und mittelständischen Unternehmen den Zugang zu dieser zukunftsweisenden Technologie und ermöglicht es ihnen, deren Möglichkeiten auszuloten. Damit positioniert sich PlanQK als zentrale Anlaufstelle für Quantencomputing-Dienstleistungen in Deutschland.

Trumpf erprobt konkreten Anwendungsfall

Trumpf, ein führendes Unternehmen in der Herstellung von Werkzeugmaschinen, Lasern und Elektronik für industrielle Anwendungen, beteiligt sich an PlanQK. Das Unternehmen wurde 1923 als mechanische Werkstätte in Ditzingen bei Stuttgart gegründet und beschäftigt heute mehr als 16.000 Mitarbeiter an über 70 Standorten weltweit.

Als konkreten Anwendungsfall in Sachen Quantencomputing und KI erforscht Trumpf die Blechbearbeitung. Hier steht die Produktionsplanung vor der Herausforderung, die Teileausbeute aus Blechtafeln zu maximieren und gleichzeitig Materialverbrauch und Ausschuss zu minimieren. Dabei profitiert die Planung enorm von der Effizienz und Geschwindigkeit, die Quantencomputer und KI bieten.

Trumpf Blechbearbeitung

Beim sogenannten Nesting setzt der Mitarbeiter die Bauteile wie bei einem Puzzle virtuell am Computer auf die Blechplatte. Das Ziel ist es, so viele Teile wie nötig aus der Tafel herauszubekommen. Anschließend schneidet die Maschine mit einem Laser die Teile aus.

Foto: Trumpf Gruppe

40 Minuten statt vier Wochen Rechenzeit

Frederick Struckmeier, verantwortlich für Quantencomputing-Anwendungen bei Trumpf, beschreibt eindrucksvoll die möglichen Vorteile einer realistischen Beschleunigung um den Faktor 1000: „Was heute vier Wochen Rechenzeit benötigt, könnte auf 40 Minuten reduziert werden.“ Eine solche Beschleunigung würde Unternehmen einen enormen Wettbewerbsvorteil verschaffen, da sie ihre Produktionsprozesse deutlich schneller und effizienter gestalten könnten.

Beim konkreten Anwendungsfall geht es darum, Daten aus der geometrischen Anordnung von Zuschnitten auf Blechen (Nesting) und der Produktionsplanung (Scheduling) bezüglich der Maschinenbelegung so aufzubereiten, dass Quantencomputer effizient damit arbeiten können. Ziel ist es, in Echtzeit die beste Lösung für den Blechbearbeitungsprozess zu finden. Dadurch soll der Materialeinsatz optimiert und Verschnitt und Verschleiß minimiert werden.

Individuelle Gestaltung von Teilen wird effizienter

Der Einsatz hoher Rechenleistung kann die Produktionsplanung erheblich beschleunigen und ermöglicht zudem eine effizientere Integration individuell gestalteter Teile in den Produktionsprozess. Dies gewinnt insbesondere in Industrieunternehmen zunehmend an Bedeutung.

Ein Beispiel hierfür ist die Blechindustrie, in der zunehmend nach dem Prinzip der Losgröße 1 produziert wird. Hier ist eine schnelle Planung der Zuschnitte notwendig, um Materialüberschüsse möglichst zu vermeiden. Das ist eine zunehmende Herausforderung für die Unternehmen.

Entwicklung einer klassischen Referenzlösung

Das Trumpf-Team hat verschiedene KI-basierte Softwarelösungen entwickelt, die sowohl auf herkömmlichen Computern als auch auf Quantencomputern eingesetzt werden können. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer FOKUS, einem weiteren Partner im Projekt PlanQK, wurde zudem eine konventionelle Referenzlösung entwickelt. Solche Projekte ermöglichen es mittelständischen Unternehmen zu verstehen, wie sie Softwarelösungen so strukturieren und entwickeln können, dass sie einen wirtschaftlichen Nutzen bringen.

Auch wenn es vermutlich noch Jahre dauern wird, bis die erforderliche Rechenleistung breit verfügbar ist, bereitet sich die deutsche Industrie durch die laufenden Forschungs- und Entwicklungsarbeiten darauf vor, diese Zukunftstechnologien zu nutzen, sobald sie allgemein verfügbar sind. Die in PlanQK von Trumpf und Fraunhofer FOKUS entwickelte Lösung ist auf andere Fertigungsbereiche, wie  die Möbelherstellung, übertragbar.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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