80 Jahre Kernspaltung: Der Faktencheck zum Jahrestag
Vor genau 80 Jahren, am 17. Dezember 1938, entdeckten Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner die Kernspaltung. Ihre Entdeckung revolutionierte die Ingenieurwissenschaften und die Physik.
Am 17. Dezember 1938 – vor mittlerweile 80 Jahren – entdeckten Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner die Kernspaltung. Sie beschossen Uran mit abgebremsten, thermischen Neutronen und konnten nasschemisch Barium als Spaltprodukt nachweisen. Wenig später identifizierten sie Krypton bzw. Xenon als weitere Spaltprodukte.
Erste Hinweise auf gewaltige Energiemengen
Hahns und Straßmanns Ziel war eigentlich, schwere Elemente herzustellen, sogenannte Transurane. Doch die experimentellen Daten verwirrten alle Beteiligten. Hahn berichtete Meitner, die damals in Schweden war, von experimentellen Resultaten. Die Physikerin antwortete: „Mir scheint die Annahme eines so weitgehenden Zerplatzens sehr schwierig, aber wir haben in der Kernphysik so viele Überraschungen erlebt, dass man auf nichts ohne weiteres sagen kann: es ist unmöglich.“ Mit ihrem Neffen Otto Frisch, einem Schüler von Niels Bohr, führten sie theoretische Überlegungen durch. Sollte es tatsächlich zu einer Kernspaltung gekommen sein, so müsste eine gewaltige Energie von 200 MeV entstanden sein. Ihre Ergebnisse erschienen am 11. Februar 1939 in Nature.
Von der Kernspaltung zur Kettenreaktion
Das Paper wirkte als Zündfunke für etliche Forschergruppen. Niels Bohr fand heraus, dass Uran-235 im Experiment gespalten wird – und nicht Uran-238, wie von Hahn postuliert. Später erkannte Frédéric Joliot, dass pro Spaltvorgang 2 bis 3 Neutronen entstehen. Er postulierte die theoretische Möglichkeit einer Kettenreaktion. Auf die Idee, Uranspaltungen technisch zu nutzen, kam Siegfried Flügge.
Der erste Versuchsreaktor entsteht
Frisch und Meitner tauschten sich auch mit Bohr aus. Der dänische Physiker reiste am 16. Januar 1939 in die USA. Er traf Albert Einstein und diskutierte mit ihm alle Themen rund um die Kernspaltung. Einsteins bereits 1905 formulierte spezielle Relativitätstheorie brachte Energie und Massendifferenzen in Zusammenhang. Enrico Fermi erkannte das Potenzial. Ab 1942 baute er in einem ehemaligen Football-Stadion den ersten funktionstüchtigen Kernreaktor „Chicago Pile 1“. Weitere Experimentierreaktoren folgten. Deutschen Forschern um Werner Heisenberg und Carl Friedrich von Weizsäcker gelang es bis zum Kriegsende nicht, einen funktionierenden Kernreaktor zu entwickeln.
Auf dem Weg zur Atombombe
Gegen Ende des zweiten Weltkriegs vermuteten US-Militärs, Kernspaltungen könnten sich auch als „Wunderwaffe“ eignen. General Leslie R. Groves leitete das Manhattan-Projekt. Dessen Ziel war, eine funktionsfähige Atombombe zu bauen. Als Wissenschaftler war Robert Oppenheimer mit von der Partie. Am 16. Juli 1945 zeigten Forscher beim Trinity-Test, dass ihre theoretischen Überlegungen korrekt waren. Die Bombe mit Plutonium als Brennstoff besaß eine Sprengkraft von 21 Kilotonnen TNT. Zu dem Zeitpunkt standen die Alliierten kurz vor ihrem Sieg, nur Japan weigerte sich, zu kapitulieren. Damit Stand Japan als strategisches Ziel fest. Die beiden Abwürfe über Hiroshima (6. August 1945) und Nagasaki (9. August 1945) forderten insgesamt bis zu 300.000 Menschenleben.
Energiegewinnung in Friedenszeiten
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden weitere Kernwaffen entwickelt. Zeitgleich entwickelten Ingenieure Kernreaktoren zur friedlichen Energieerzeugung weiter. Ende 1951 erzeugte ein Versuchsreaktor im US-Bundesstaat Idaho erstmals Strom. Das erste Kraftwerk zur großtechnischen Energiegewinnung war 1954 Obninsk bei Moskau. 1955 folgte Calder Hall in Großbritannien. In Deutschland begann 1961 im Kernkraftwerk Kahl die friedliche Nutzung der Kernenergie.
Die Kehrseite der Medaille
Über Jahre hinweg galt die Kernenergie als zukunftsweisende Technologie. Mehrere Ölkrisen und steigenden Kohlepreise machten ab den 1960er-Jahren neue Wege der Stromgewinnung erforderlich. 26. April 1986 zeigte die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, welche Schattenseiten auch in der friedlichen Nutzung stecken. Nach Experimenten an einem Reaktorblock kam es zur Explosion und zur Freisetzung von Nukliden mit der Gesamtaktivität mehrerer Trillionen Becquerel. Fast genau 25 Jahre später, nämlich ab dem 11. März 2011, havarierte das japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. Über die freigesetzte Dosis gibt es unterschiedliche Auffassungen – die Werte reichen von 40 bis 100 %, verglichen mit Tschernobyl.
Richtungswechsel in Berlin
Am 14. März 2011 – wenige Tage nach dem Beginn der Nuklearkatastrophe von Fukushima – beschloss das Kabinett Merkel, ihre bisherige Energiepolitik grundlegend zu ändern. Laufzeitverlängerungen für Kernkraftwerke wurden zurückgenommen, und ein stufenweiser Ausstieg soll bis 2022 erfolgen.
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