Abgasvorschriften für Biogas als Innovationstreiber
Mit dem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) – das ab Jahresanfang 2012 gilt – fallen die bisherigen Boni für die Biogaserzeugung zur Ökostromgewinnung weg. Vielleicht zu unrecht
Der Luftreinhaltebonus half kräftig mit beim Anschieben neuer Technologien. Denn für die Einhaltung des Formaldehyd-Grenzwertes von 40 mg/m3 Abgas sind bei fast allen Biogas-Blockheizkraftwerken Oxidationskatalysatoren unerlässlich.
Der im Biogas enthaltene Schwefelwasserstoff (H2S) ist allerdings Gift für den Katalysator, kurz Oxi-Kat genannt. Auch am Motor eines Blockheizkraftwerks (BHKW) kann H2S durch seine korrosive Wirkung Schäden verursachen. „Die Vorgaben der BHKW-Hersteller für den H2S-Maximalwert liegen zwischen 80 ppm und 300 ppm. Beim Einsatz von Oxi-Kats reduziert sich der Wert auf unter 10 ppm“, weiß Volker Aschmann vom Bayerischen Institut für Landtechnik und Tierhaltung.
Entschwefelung von Biogas: Lufteinblasung ist Standard
Deshalb sind Investitionen in eine gezielte Entschwefelung nötig. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten: biologische, chemische oder adsorptive Verfahren. Eine interne, biologische Grobentschwefelung durch Lufteinblasung in den Fermenter ist der Standardfall, der bei rund 90 % der Anlagen angewendet wird.
Das Lufteinblasen ist verfahrenstechnisch einfach und kostengünstig. Reicht die Schwefel-Abbauleistung bei hohen Ausgangswerten nicht aus, kann diese mit Eisenoxiden verbessert werden. Nachteil der internen Entschwefelung ist, dass H2S bereits im Fermenter teilweise zu Schwefelsäure umgewandelt wird, die Heizrohre, Rührwerke und Betonwände angreift.
Im Gegensatz dazu findet bei der externen Entschwefelung der mikrobiologische Schwefelabbau in einem eigenen Biotropfkörper oder Biowäscher statt. Diese externen Anlagen arbeiten auch effizienter. Nachteil der Bioreaktoren ist, dass sie große Mengen an Frischwasser brauchen, das in schwefelsaures Abwasser umgewandelt wird. „Bei einer 500-kW-Anlage fallen leicht 600 m3 bis über 1000 m3 Abwasser an, für die zusätzlicher Lagerraum geschaffen werden muss“, sagt Jörg Stockinger von der S&H Umweltengineering GmbH aus Nauen in Brandenburg.
Genau hier wollte Stockingers Unternehmen ansetzen: Mit dem neuen SulphPur-Verfahren von S&H Umweltengineering wird H2S zu elementarem Schwefel umgesetzt – „fast ausschließlich“, wie der Geschäftsführer betont. Dies gelinge durch die Verknappung der Reaktionsparameter Luft und Wasser.
„Wir brauchen nur einmal pro Woche eine Spülung mit Wasser“, erläutert Stockinger die Technologie, die ohne Zusatzstoffe auskomme. Der elementare Schwefel werde am Boden des Vertikalkörpers ausgeschieden und zusammen mit der verbrauchten Nährlösung ins Endlager gepumpt. So lasse sich auch die Verblockung des Reaktors vermeiden.
Stockinger empfiehlt, bei Anlagen mit hohen H2S-Frachten sowie generell ab etwa einer elektrischen Leistung von 500 kW eine externe biologische Entschwefelung zu überprüfen im Vergleich zur internen Variante mit Zuschlagstoffen.
Biologische Verfahren: Unter Luft leidet die Qualität von Biogas
Nachteil bei sämtlichen biologischen Verfahren ist jedoch, dass unter Lufteinfluss die Biogasqualität leidet. Deshalb sind sie auch nicht für die Biomethanaufbereitung geeignet. Durch die Träge der Biologie kann es außerdem zu kurzzeitigen H2S-Spitzen kommen, etwa beim Substrateintrag oder beim Einsetzen der Rührwerke. Um Letzterem zu begegnen, wird eine Feinreinigung mit Aktivkohlefilter nachgeschaltet, womit problemlos eine Reinheit von von <5 ppm erreicht werden kann.
Herkömmliche Aktivkohle aus Steinkohle wird in der Regel mit kalium- oder jodhaltigen Stoffen imprägniert, um damit die Beladungskapazität (Chemiesorptionsleistung) zu erhöhen. Dadurch jedoch, so Toralf Goetze von der Adfis Systems GmbH aus Teterow bei Rostock, würden Mikroporen verstopft. Die Beladungskapazität liege daher nur bei 35 % bis 50 % des Eigengewichtes.
Adfis entwickelte eine eine neuartige Formaktivkohle aus Holzkohle, die, so Goetze, eine Beladung bis zu 80 % ermögliche. Verantwortlich dafür sei die große innere Oberfläche von 1000 m²/g. „Nur 4 g dotierte Aktivkohle haben die Oberfläche eines Fußballfeldes“, sagt Goetze.
Bei der Herstellung wird Holzkohle fein gemahlen und mit Zuckerwasser als Bindemittel zu 4 mm großen Formpellets gepresst. „Dotierung“ heißt, es werden katalytische Komponenten vor der Hochtemperaturaktivierung in die Kohlenstoffmatrix eingebaut. Als Dotierungsstoffe dienen Erdalkalimetalle. Dotierte Aktivkohle sei Goetze zufolge zwar marginal teurer als konventionelle Steinkohleprodukte, durch die längeren Standzeiten ließen sich jedoch beträchtliche Kosten einsparen.
Adfis neuartige Formaktivkohle ist nicht als Düngemittel zugelassen
Obwohl das Produkt der Norddeutschen aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird, ist es durch den Status als „Aktivkohle aus der Biogasreinigung“ nicht als Düngemittel kraft Verordnung zugelassen. Goetze will sich für eine Änderung der Verordnung einsetzen, rät den Anwendern aber bisweilen, für das Beimischen der beladenen, dotierten Aktivkohlen zum Gärrest einen Einzelantrag bei den Behörden zu stellen: „Das wurde schon mehrfach genehmigt“, sagt er, „sogar in Bayern.“
Ein Ersatz für Aktivkohle ist das Oxigranulat der UGN-Umwelttechnik GmbH aus Gera. Der Hersteller verwendet dafür Faserreststoffe aus der Papierherstellung und Eisenoxidhydrat aus der Trinkwasseraufbereitung als Rohstoffe. Es kann Aktivkohle in bestehenden Filteranlagen substituieren.
Für die Produktion des Oxigranulats und die anschließende Pressung zu Filterpellets sei nur ein Bruchteil der Energie erforderlich im Vergleich zu Aktivkohle, so die UGN. Deshalb seien die Filterpellets auch günstiger, wobei die Reinigungsleistung vergleichbar mit der von imprägnierter Aktivkohle sein soll. Zwar sind die Rohstoffe des Oxigranulats verordnungskonform zur Düngemittelverordnung, doch das beladene Filtermaterial darf nur nach Einzelgenehmigung auf Feldern ausgebracht werden.
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