Abu Dhabi startet weltweit größtes Solarprojekt an einem Standort
Bislang sah es mit der Kohlendioxid-Bilanz der Vereinigten Arabischen Emirate eher düster aus. Mit einem neuen Solarprojekt zeigen Ingenieure, welche Lösungen vor Ort Sinn machen könnten.
Mit einer Kohlendioxid-Emission von 177 Millionen Tonnen (2015) rangierten die Vereinigten Arabischen Emirate auf Platz 30 der Weltbank-Liste. Nur wenige Nationen, etwa China (10,3 Milliarden Tonnen), die USA (5,4 Milliarden Tonnen), Indien (2,3 Milliarden Tonnen) oder Russland (1,6 Milliarden Tonnen) hatten noch schlechtere Werte vorzuweisen. Außerdem fördern die Vereinigten Arabischen Emirate 5,5 % des Erdöls: zwei ungünstige Image-Faktoren angesichts der weltweiten Klimawandel-Debatte.
Auch im Wüstenstaat haben sich die Zeiten geändert. An Öl mangelt es nicht. Trotzdem entwickeln Ingenieure nachhaltige Alternativen zur Energiegewinnung. So ist das Noor-Abu-Dhabi-Projekt, laut Betreiberangaben die größte Solaranlage an einem Standort, entstanden. Sie soll bis zu 1,18 Gigawatt an Spitzenleistung bereitstellen.
„Meilenstein in der Energiestrategie“
Noor Abu Dhabi ist ein Gemeinschaftsprojekt der Emirates Water and Electricity Company (EWEC), der japanischen Marubeni Corporation und des in Shanghai ansässigen Solarherstellers JinkoSolar. Nach Angaben von EWEC soll die Kapazität ihrer Anlage ausreichen, um 90.000 Menschen mit Strom zu versorgen. Damit verringert sich der Kohlendioxid-Ausstoß um eine Million Tonnen pro Jahr, was 200.000 Autos entspricht. Als Strompreis werden 2,42 US-Cent (umgerechnet 2,15 Euro-Cent) pro Kilowattstunde genannt.
„Der Abschluss des Projekts markiert einen bedeutenden Meilenstein in der Energiestrategie der Vereinigten Arabischen Emirate für 2050, die im Jahr 2017 eingeleitet wurde, um den Beitrag sauberer Energien zum Gesamtenergiemix bis 2050 von 25 % auf 50 % zu steigern und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck der Stromerzeugung um 70 % zu verringern“, erklärt Mohammad Hassan Al Suwaidi. Er ist CEO bei EWEC. Dies stehe im Einklang mit der Strategie, nachhaltige Energiequellen stärker zu erschließen. Weitere Projekte sollen in den nächsten Jahren folgen.
Rivalität als Treiber des Fortschritts
Den Betreibern geht es nicht nur um moderne Technologien und um Nachhaltigkeit. Auch die Konkurrenz spielt eine Rolle: Abu Dhabi und Dubai versuchen schon länger, sich bei Projekten aus dem Bereich der Solarenergie gegenseitig zu übertreffen.
Indien und China haben größere Solarparks, die allerdings modular aufgebaut sind. Und seit 2012 sorgte der Mohammed bin Rashid Al Maktoum-Solarpark südlich der Stadt Dubai für Aufsehen. Im Rahmen mehrerer Ausbaustufen wird seine Leistung schrittweise erweitert. Bis 2020 soll die Anlage ein Gigawatt und bis 2030 sogar fünf Gigawatt bereitstellen. Ingenieure setzen dabei nicht nur auf Photovoltaik. Sie planen auch Module mit konzentrierender Solarthermie (Concentrated Solar Power, CSP): Linsen oder Spiegel erwärmen Wasser. Und Strom entsteht über Dampfturbinen.
Trotz dieser Projekte geht ein entscheidender Punkt jetzt an Abu Dhabi, was auch an den technischen Definitionen liegt. Die Planer haben gezeigt, dass der Betrieb einer Anlage mit hoher Leistung als Single-Site-Projekt möglich ist. Dahinter steckt nicht nur politisches Kalkül, um einen Titel als „Weltmeister“ zu tragen. 3,2 Millionen Sonnenkollektoren an einem einzigen Standort zu steuern und geeignete Infrastrukturen bereitzustellen – das ist auch technisch eine Meisterleistung.
Viel Platz und viel Sonne begünstigen Projekte
Betreiber wie EWEC haben bei der Konzeption großer Anlagen zwei Trümpfe im Ärmel: Ihnen steht einerseits Wüstenfläche nahezu unbegrenzt zur Verfügung, andererseits sind die Preise für Grundstücke abseits von Metropolen sehr gering. Hinzu kommt, dass dank der hohen Sonnenenergie, pro Monat ist mit sieben (Januar) bis zwölf Sonnenstunden (Juni, Juli) zu rechnen, man sich über große Ausbeuten freuen kann. Das wurde auch Zeit, denn Anfang 2019 kamen die Vereinigten Arabischen Emirate auf magere 594 Megawatt an Gesamt-Solarleistung. In Saudi-Arabien waren es nur 139 Megawatt.
Zum Vergleich: Der größte deutsche Solarpark steht in Brandenburg und liefert 145 Megawatt. Ein weiteres Projekt einer Kapazität von 175 MW ist in Planung. Insgesamt erreicht Deutschland beim Solarstrom eine Leistung von 45,9 Gigawatt. Und das bei lediglich 1,6 (Januar) bis 7,1 (Juni, Juli) Sonnenstunden pro Tag.
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