Ägypten will am Mittelmeer sein erstes Atomkraftwerk bauen
Ägypten hat zwar optimale Bedingungen für die Stromerzeugung durch Sonne und Wind. Trotzdem hat Präsident al-Sisi auf seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vereinbart, im Norden des Landes ein Atomkraftwerk zu bauen.
Ägypten will mit Russlands Hilfe zur friedlichen Atommacht aufsteigen und plant den Bau eines Atomkraftwerkes unmittelbar am Mittelmeer. Beim Besuch des russischen Staatschefs Wladimir Putin in Kairo sei eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet worden, teilte am Dienstag der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi mit.
Standort des ersten ägyptischen Atomkraftwerkes ist die Region Dabaa im Norden des Landes. Dabaa liegt 160 Kilometer westlich von Alexandria und ist das beliebteste Urlaubsgebiet der Ägypter. Entlang der Mittelmeerküste reihen sich Badeorte für die Mittelklasse und Oberschicht.
Genau dort versucht Ägypten schon seit Jahren erfolglos, ein Atomkraftwerk zu bauen. Der Bau von zwei 1000 Megawatt-Reaktoren ist zwar formell begonnen, doch durch die politischen Unruhen ruht das Projekt seit Jahren. 2012 geriet die Baustelle sogar in die weltweiten Schlagzeilen, weil Demonstranten dort angeblich gelagertes, radioaktives Material gestohlen haben sollen.
Jetzt sollen die Russen die stillgelegte Baustelle wieder flott bekommen. Nach Angaben des Generaldirektors der russischen Atomenergiebehörde Rosatom, Sergej Kirijenke, soll in Dabaa ein Atomkraftwerk mit vier Blöcken entstehen, von denen jeder eine Leistung von 1200 Megawatt haben soll.
Ägypten gehört zu den weltweit besten Standorten für Windkraft
Dass Ägypten plötzlich auf Atomkraft setzt, ist ungewöhnlich. Denn Nordafrika und speziell Ägypten gehören zu den besten Standorten für Windkraft und Photovoltaik weltweit. Allein das Potential für die Windenergie schätzen Fachleute auf mehrere 10.000 Megawatt. Windkraft könnte so viel Strom erzeugen wie 16 Atomkraftwerke mit durchschnittlicher Leistung. Damit könnte Ägypten seinen Elektrizitätsbedarf komplett abdecken und sogar Windstrom exportieren.
Im Prinzip setzt Ägypten auch auf die erneuerbaren Energien: Bis zum Jahr 2020 sollen bereits 20 Prozent des ägyptischen Stroms vor allem aus Wind- und Solarkraft gewonnen werden. Das soll die Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern verringern, die Ägypten heute noch teuer importieren muss.
Das ägyptische Ministerium für Elektrizität und Energie hat internationale Partner als Kapitalgeber für dieses Ziel gewonnen, die auch für das nötige Know-how sorgen sollen. Investitionen von 340 Millionen Euro sind geplant. Federführend ist die deutsche KfW Entwicklungsbank, die über die Hälfte der Investitionssumme beisteuert.
In Zafarana drehen sich 700 Windräder
Was da mit dem Geld entsteht, ist im Windpark Zafarana am Roten Meer zu bewundern. Dort drehen sich inzwischen mehr als 700 Windräder im größten Windpark auf dem afrikanischen Kontinent, die Anschlussleistung liegt bei 550 Megawatt. Sie könnte längst viel größer sein, doch in Zafarana stehen viele Windräder mit weniger als einem MW Anschlussleistung. In Deutschland drehen sich Anlagen mit bis zu 5 MW. Nicht auszudenken, wenn solche Anlagen in Zafarana arbeiten würden.
Denn hier am Golf von Suez rotieren die Windräder mit einer durchschnittlichen Windgeschwindigkeit von 10 Metern pro Sekunde. Das ist doppelt so schnell wie an vergleichbaren Standorten der deutschen Nord- und Ostseeküste. Und die Windräder kommen auf Einsatzzeiten von 99 Prozent. Trotzdem liefert die Windkraft wegen der kleinen Anlagen erst ein Prozent des Stroms Ägyptens, der weitere Ausbau der Windparks schleppt sich.
Die Nilkraftwerke liefern zwar elf Prozent des ägyptischen Stroms, doch das Wasserkraft-Potential des Nils ist fast ausgereizt. Die Solarenergie kommt im Energiemix gar nicht vor: Photovoltaik spielt in Ägypten keine Rolle. Und das, obwohl 96 Prozent des Landes Wüste sind und dort die Sonne unerbittlich scheint.
Und so wird Strom weiterhin vor allem aus Öl und Gas produziert. Und demnächst auch aus Atomkraft.
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