Welche Gasspeicher gibt es und wie funktionieren sie?
Erfahren Sie alles über Gasspeicher: Typen, Funktion, Geschichte und ihre Rolle in der Energiewende – von Niederdruckbehältern bis zu Wasserstoffspeichern.
Das Zeitalter der fossilen Brennstoffe ist noch nicht vorbei, und wir sind immer noch stark vom Gas abhängig. Seit Putins Angriff auf die Ukraine und dem Schließen der Erdgaspipelines kommt den Gasspeichern eine besonders wichtige Rolle zu. Sie müssen vor der kalten Jahreszeit gut gefüllt sein, um gut durch den Winter zu kommen. Doch welche Arten von Gasspeichern gibt es und wie funktionieren sie? Hier ein Überblick.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht über Druckbereiche
Im Niederdruckbereich (10–50 mbar) kommen volumenveränderliche, gasdichte Behälter zum Einsatz, die umgangssprachlich als Gasometer bezeichnet werden. Regional sind auch Begriffe wie Gasturm oder Gaskessel gebräuchlich. Zu diesen Behältern gehören:
- Scheibengasbehälter,
- Glockengasbehälter (auch Teleskopgasbehälter genannt),
- Spiralgasbehälter,
- Stülpmantelgasbehälter (auch Membrangasbehälter genannt).
Niederdruckgasbehälter dienen der Abpufferung von Erzeugungsspitzen in Gasnetzen, wenn Angebot und Verbrauch zeitlich auseinanderfallen. Besonders häufig werden sie in Stahlwerken zur Speicherung von Gichtgas verwendet. Auch in Kokereien kommen sie weiterhin zum Einsatz, um Kokereigas zu speichern. Früher waren Gasbehälter ein fester Bestandteil von Gaswerken. Sie wurden genutzt, um Gas bei niedriger Nachfrage zu speichern und bei Spitzenlastzeiten wieder ins Netz einzuspeisen. Zudem fanden Niederdruckgasbehälter in Niederdruck-Erdgasnetzen Verwendung, um Gaseinkäufe bei Verbrauchsspitzen zu vermeiden.
Für moderne Gasmotoren kann jedoch ein Gasdruck im Mitteldruckbereich (50–1000 mbar) erforderlich sein. Um auf nachgeschaltete Druckerhöhungsanlagen verzichten zu können, wird derzeit an Membrangasbehältern mit Betriebsdrücken bis 200 mbar gearbeitet.
In den 1960er- und 1970er-Jahren begann man mit der Errichtung von Kugelgasbehältern zur Speicherung von Erd- und Flüssiggas. Diese sind an Mitteldrucknetze mit Betriebsdrücken von 2–16 bar angeschlossen. Heutzutage wird Erdgas überwiegend in Hochdruckspeichern mit Drücken bis zu 220 bar gelagert. Zu diesen Hochdruckspeichern gehören Untergrundspeicher wie Salzkavernen, ausgesolte Lagerstätten oder Röhrenspeicher.
Geschichte der Gasspeicherung
Die Geschichte der Gasspeicherung in Deutschland begann bereits 1841, als der Kupferschmied Friedrich August Neuman in Köln die ersten Gasbehälter für die britische „Imperial-Continental-Gas-Association“ fertigte. Sein Unternehmen etablierte sich als führender Anbieter im Gaskesselbau und stellte bis 1863 insgesamt 78 Gaskessel an verschiedenen europäischen Standorten her. Diese ersten Modelle waren Glockengasbehälter, die noch ohne Teleskope auskamen. Besonders bekannt wurde die Firma F. A. Neuman durch den Bau der berühmten Gasometer in Wien (1898 und 1910) sowie des Gasometers Grasbrook in Hamburg-Grasbrook (1909), der mit 200.000 m³ Fassungsvermögen seinerzeit der größte Gasbehälter Europas war.
Ein weiterer bedeutender Hersteller war MAN, die 1874 ihren ersten Gasbehälter errichtete. 1915 realisierte MAN für das Augsburger Gaswerk den ersten wasserlosen Gasbehälter, den sogenannten Scheibengasbehälter. Die Abdichtung dieser Behälter war technisch anspruchsvoller als die statische Wasserdichtung der Glockengasbehälter. Auch die Firma Aug. Klönne aus Dortmund spielte eine zentrale Rolle bei der Produktion von Niederdruckgasbehältern.
Ein tragisches Ereignis prägte die Geschichte der Gasspeicherung: Am 10. Februar 1933 kam es in Neunkirchen (Saar) zu einer schweren Explosion eines Gasometers, bei der 68 Menschen ums Leben kamen und etwa 190 schwer verletzt wurden.
Die Weiterentwicklung der Hochdruck-Kugel-Gasbehälter wurde ebenfalls maßgeblich von F. A. Neuman vorangetrieben. Im Jahr 1938 baute das Unternehmen in Stettin den damals größten Hochdruck-Kugel-Gasbehälter der Welt.
Oberirdische Gasspeicherung
Gas lässt sich oberirdisch oder unterirdisch speichern. Oberirdische Gasspeicher unterscheiden sich nach ihrer Bauweise, ihrer Funktionsweise und ihrem Verwendungszweck. Im Folgenden stellen wir die wichtigsten Arten von Gasbehältern vor: Nassgasbehälter, Trockengasbehälter und Hochdruckgasbehälter.
Nassgasbehälter
Nassgasbehälter zeichnen sich durch ihre Abdichtung mittels Wasser aus. Sie nutzen ein Wasserbassin, um den Gasraum nach außen abzudichten. Zu den bekanntesten Typen gehören Glockengasbehälter, Teleskopgasbehälter und Schraubengasbehälter.
Glockengasbehälter
Der Glockengasbehälter ist eine der ältesten Bauformen der Gasspeicherung. Er besteht aus einem Wasserbassin und einer beweglichen Gasglocke. Betongewichte auf der Glocke regulieren den Gasdruck. Diese Behälter sind besonders robust und konnten ursprünglich durch gemauerte Außenhüllen geschützt werden. Später wurden diese durch Stahlgerüste ersetzt, die Windlasten aufnehmen und die Glocke stabil führen.
Die Glocke ist mit einem Korrosionsschutzanstrich versehen, der in regelmäßigen Abständen erneuert werden muss. Die Behälter haben Speichervolumina von 500 bis 160.000 m³. Wartungsintensiv bleibt diese Bauweise durch die ständige Gefahr von Spaltkorrosion an den genieteten Stählen.
Teleskopgasbehälter
Teleskopgasbehälter erweitern die Glockengasbehälter durch mehrere Teleskopsegmente. Diese Konstruktion erhöht das Speichervolumen bei gleicher Grundfläche. Beim Befüllen hakt sich die Gasglocke in die Teleskopsegmente ein, die durch Wasser abgedichtet werden.
Ein besonderes Merkmal ist die Frostsicherung: Wassertassen werden mit Dampflanzen beheizt, um ein Einfrieren zu verhindern. Diese Zusatztechnik macht Teleskopgasbehälter in der Anwendung komplexer. Dennoch bieten sie große Speicherkapazitäten für Gasmengen bis zu 160.000 m³.
Schraubengasbehälter
Schraubengasbehälter verzichten auf ein äußeres Gerüst. Führungsschienen an den Teleskopsegmenten stabilisieren die Konstruktion. Diese Bauweise spart Material und Wartungskosten. Vor allem in Großbritannien ist dieser Typ weit verbreitet. Mit ihrem geringeren Platzbedarf und dem Wegfall der aufwendigen Gerüstkonstruktion bieten sie wirtschaftliche Vorteile.
Trockengasbehälter
Im Gegensatz zu Nassgasbehältern nutzen Trockengasbehälter keine Wasserabdichtung. Sie sind effizienter und benötigen weniger Wartung. Zu den wichtigsten Typen zählen Scheibengasbehälter und Membrangasbehälter.
Scheibengasbehälter
Der Scheibengasbehälter wurde 1913 entwickelt und zeichnet sich durch ein großes Speichervolumen aus. Im Inneren bewegt sich eine Scheibe vertikal wie ein Kolben. Betongewichte auf der Scheibe regulieren den Gasdruck.
Ein herausragendes Merkmal ist die Sicherheitskonstruktion: Bei Überfüllung überfährt die Scheibe Ausblasöffnungen im Mantel, durch die Gas sicher abgeleitet wird. Eine kontinuierliche Ölschmierung sorgt für Korrosionsschutz und Abdichtung. Der größte existierende (aber nicht mehr funktionsfähige) Scheibengasbehälter steht in Oberhausen mit einem Volumen von 347.000 m³.
Membrangasbehälter
Membrangasbehälter nutzen flexible Membranen zur Abdichtung. Diese verändern sich dynamisch je nach Füllstand des Gases. Die einfache Konstruktion und der geringe Wartungsaufwand machen sie ideal für Sondergase wie Biogas oder Klärgas.
Mitteldruck-Membrangasbehälter können Betriebsdrücke von bis zu 1.000 mbar bewältigen. Durch eine Kolbenführung wird die Belastung der Membran minimiert, wodurch auch höhere Drücke sicher gespeichert werden können.
Hochdruckgasbehälter
Hochdruckgasbehälter kommen vor allem bei der Speicherung großer Gasmengen zum Einsatz. Sie arbeiten mit Drücken von bis zu 100 bar und sind dadurch besonders platzsparend. Zu den wichtigsten Typen gehören Kugelgasbehälter und Röhrenspeicher.
Kugelgasbehälter
Kugelgasbehälter speichern Gas bei mittleren Drücken von 5 bis 10 bar. Ihre kugelförmige Bauweise minimiert den Materialaufwand und verteilt den Innendruck gleichmäßig. Typische Volumina reichen bis 50.000 m³. Diese Behälter werden häufig in der Industrie eingesetzt.
Ein Vorteil der Kugelform ist ihre gleichmäßige Spannungsverteilung, die geringere Wanddicken ermöglicht. Nachteilig ist die komplexe Herstellung der mehrfach gekrümmten Elemente. Dennoch bleibt diese Bauweise wirtschaftlich für mittlere Volumina.
Röhrenspeicher
Röhrenspeicher bestehen aus Stahlrohren, die in geringer Tiefe verlegt werden. Mit Drücken von bis zu 100 bar gleichen sie tägliche Bedarfsschwankungen aus. Sie bieten hohe Flexibilität und kurze Reaktionszeiten, da das Gas schnell eingespeist oder entnommen werden kann. Der kathodische Korrosionsschutz sorgt für Langlebigkeit, und die unterirdische Verlegung minimiert Temperaturschwankungen.
Der Begriff Gasometer |
Die Bezeichnung „Gasometer“ wurde ursprünglich für ein Messgerät verwendet, das dazu diente, bestimmte Eigenschaften eines Gases, insbesondere dessen Druck, zu messen (siehe auch Saturometer). Die ersten Gasometer waren für Normaldruck ausgelegt und mit einer Skala versehen, die die Gasmenge im Behälter anzeigte – daher der Name. Früher wurde der Füllstand eines Gasbehälters, also dessen Gasinhalt, mit einem solchen Gasometer bestimmt. Dieser Füllstand wurde auf einer großen Messuhr an der Außenwand des Behälters durch Zeiger sichtbar gemacht. Die Anzeige war so groß gestaltet, dass sie aus größerer Entfernung, etwa über das gesamte Gaswerksgelände, abgelesen werden konnte. |
Der Begriff „Gasometer“ wurde erstmals vom französischen Chemiker Antoine Laurent de Lavoisier verwendet, der 1789 einen Behälter entwickelte, der zur Speicherung von Gasen geeignet war und den er „gazomètre“ nannte. Der erste Gasometer im Sinne eines Gaszählers (nicht eines Gasbehälters) wurde 1815 von William Clegg, einem Assistenten von William Murdoch und Pionier der Gasbeleuchtung, entworfen. Einer der bekanntesten Gasometer steht in Oberhausen und dient heute als Veranstaltungsort für Ausstellungen. |
Unterirdische Gasspeicherung
Im Vergleich zu oberirdischen Anlagen zeichnen sich unterirdische Gasspeicher durch ihr enormes Speichervolumen aus, was sie zu einem entscheidenden Faktor für die Versorgungssicherheit in Deutschland macht. Sie ermöglichen die Ausgleichung von Verbrauchsschwankungen zwischen Sommer und Winter sowie die Bewältigung großer Lastspitzen. Zu den unterirdischen Speichertypen gehören Kavernen- und Porenspeicher.
Kavernenspeicher
Kavernenspeicher bestehen aus riesigen unterirdischen Hohlräumen in Salzstöcken, die durch das Aussolen von Steinsalz mit Wasser geschaffen werden. Die dafür geeigneten Salzformationen finden sich vor allem im Norden und in der Mitte Deutschlands. Diese oft eierförmigen Kavernen liegen tief unter der Erdoberfläche und erreichen teilweise Höhen von mehreren hundert Metern.
Ein Gasspeicher kann aus einer Vielzahl einzelner Kavernen bestehen, wie etwa der Gasspeicher Epe in Nordrhein-Westfalen, der mit seinen 75 Kavernen ein umfangreiches Speichersystem bildet. Die umgebende Salzschicht fungiert als natürliche Barriere, die das Entweichen des Gases verhindert. Aufgrund ihrer Fähigkeit, Gas schnell ein- und auszuspeichern, werden Kavernenspeicher sowohl für saisonale als auch für kurzfristige Schwankungen genutzt.
Porenspeicher
Porenspeicher nutzen natürliche, mikroskopisch kleine Hohlräume in porösem Gestein, das wie ein Schwamm Gas oder Flüssigkeiten aufnehmen kann. Ursprünglich befanden sich in diesen Speichergesteinen Erdgas- oder Erdölvorkommen oder auch Grundwasser (Aquiferspeicher).
Häufig bestehen Porenspeicher aus Kalk- oder Sandstein, der von einer gasundurchlässigen Schicht, beispielsweise aus Tonstein, überlagert ist. Das Gas wird unter sehr hohem Druck in die Poren des Gesteins gepresst. Obwohl Porenspeicher ein großes Speichervolumen aufweisen, erfolgt die Ein- und Ausspeicherung des Gases deutlich langsamer als bei Kavernen. Sie werden daher vor allem zur Regulierung jahreszeitlicher Verbrauchsschwankungen eingesetzt.
Wie funktionieren Gasspeicher?
Gashändler oder Gasversorger können von Speicherbetreibern Platz in Gasspeichern anmieten, um überschüssiges, noch nicht benötigtes Gas zwischenzulagern. Das Gas wird über Fernleitungen zum Speicher transportiert und durchläuft dort verschiedene Stationen der Speicheranlage: Zunächst wird es im Ausscheider gereinigt, anschließend werden Menge, Qualität und Brennwert in der Messanlage ermittelt.
Um möglichst viel Gas im Speicher unterzubringen, wird es im Verdichter auf einen sehr hohen Druck komprimiert. Da sich das Gas dabei erhitzt, wird es anschließend abgekühlt, bevor es durch große Rohrleitungen in die unterirdischen Speicher geleitet und dort eingelagert wird.
Wenn Gas aus den Speichern entnommen wird, durchläuft es denselben Weg in umgekehrter Reihenfolge: Ein Wasserabscheider entfernt die während der Lagerung aufgenommene Feuchtigkeit. Danach wird das Gas vorgeheizt, gemessen, getrocknet und zurück in die Fernleitungen eingespeist.
Gasspeicherkapazitäten in Deutschland
Die Infrastruktur aus unter- und oberirdischen Gasspeicheranlagen in Deutschland ermöglicht die Speicherung großer Mengen an Gas. Rund um die Uhr steht etwa ein Viertel des jährlichen Gasbedarfs für Industrie, Gewerbe und private Haushalte im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung. Diese Speicher leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität des Wirtschaftsstandorts Deutschland und zur Sicherung von Arbeitsplätzen.
Die Gesamtkapazität der deutschen Gasspeicher für Ein- und Ausspeicherung beträgt etwa 23 Milliarden Kubikmeter Gas. Damit liegt Deutschland weltweit auf Platz 4, übertroffen nur von den USA, der Ukraine und Russland. Innerhalb der Europäischen Union stellen die deutschen Gasspeicher etwa ein Viertel der gesamten Speicherkapazität, wodurch Deutschland über die größten Gasspeichervolumina in der EU verfügt.
Einen umfangreichen Überblick über die tagesaktuellen Kapazitäten der Gasspeicher in Deutschland inkl. der geografischen Lage der zugehörigen Speicher gibt Ihnen die INES-Speicherkarte.
Die Zukunft der Gasspeicher: Grüner Wasserstoff
Auch im künftigen Energiesystem könnten Gasspeicher eine entscheidende Rolle übernehmen. Mit dem vollständigen Umstieg auf erneuerbare Energien im Zuge der Energiewende wird ein Ausgleich zwischen Energieerzeugung und -bedarf unverzichtbar, da erneuerbare Energien wie Wind und Sonne wetterabhängig sind.
Bei starkem Wind oder intensiver Sonneneinstrahlung wird häufig mehr Energie erzeugt, als aktuell benötigt wird. Umgekehrt kann es Phasen geben, in denen die Energieerzeugung hinter dem Bedarf zurückbleibt. Um den Energiebedarf jederzeit decken zu können, müssen Energieerzeugung und -verbrauch zeitlich voneinander entkoppelt werden. Während Strom bislang nur schwer in großen Mengen und über längere Zeiträume gespeichert werden kann, bietet die Speicherung von Wasserstoff eine praktikable Lösung.
Überschüssiger Strom aus Wind- und Solarenergie könnte in sogenannten Power-to-Gas-Anlagen (PtG) in grünen Wasserstoff umgewandelt und in Gasspeichern gelagert werden. In Zeiten hoher Energienachfrage könnte der Wasserstoff aus den Speichern genutzt werden, um Strom zu erzeugen und diesen ins Netz einzuspeisen. So würden Gasspeicher zu einem wichtigen Bestandteil der Energiewende und der Versorgungssicherheit.
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