Anerkennung mit ungewissem Ausgang
25 000 Frauen und Männer, so schätzte Ex-Bildungsministerin Annette Schavan vor einem Jahr, sollten bis Ende März 2013 vom Gesetz zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse profitieren. Das war zu optimistisch: Der Ansturm ausländischer Fachkräfte blieb aus.
Genau 20 Jahre musste Yusuf Günay auf die Anerkennung seines Berufsabschlusses warten. 1992 hatte er eine Ausbildung als Bauzeichner in der Türkei gemacht. In Deutschland jedoch galt er als ungelernt, ernährte seine Familie mit Aushilfsjobs. Heute ist er Hilfshausmeister bei der Stadt Bonn. 2012 wies ihn das türkische Konsulat darauf hin, dass das Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse in Kraft getreten ist.
Die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) in Nürnberg, die zentrale Anlaufstelle für alle Berufe im Zuständigkeitsbereich der Industrie- und Handelskammern, erkannte Günays Abschluss als einen der ersten bundesweit an, allerdings nur zum Teil. Schließlich hatte er vor 20 Jahren kein rechnergestütztes Zeichnen lernen können. Aber auch eine Teilanerkennung hat nach Ansicht der Kammer ihren Wert: Die differenzierte Darstellung vorhandener und fehlender Kenntnisse reiche Arbeitgebern häufig aus und biete Anknüpfungspunkte für Weiterbildung.
Bei der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) bei der Kultusministerkonferenz (KMK) können Zeugnisse bewertet werden. Laut Barbara Buchal-Höver, Leiterin der ZAB, lassen sich im Schnitt 500 Personen monatlich für 100 € die Qualifikationen bescheinigen. Viele tun das noch vor der Einreise. Gedacht ist dieser Service für Hochschulabsolventen in nicht-reglementierten Berufen, für die es keine gesetzlichen Vorschriften zur Berufsausübung gibt, z. B. für Mathematiker, Physiker oder kaufmännische Tätigkeiten. „Ein wichtiges politisches Signal, dass Deutschland auch diese Qualifikationen anerkennt“, so Buchal-Höver.
Es gibt viele Interessenten, aber wenige Anträge und noch weniger Bescheide: Viele lassen sich zwar beraten, belassen es aber dabei. Womöglich schrecken die Kosten ab. Für Yusuf Günay waren 420 € Bearbeitungsgebühr viel Geld: Da er eine Behinderung hat, übernahm die Arbeitsagentur die Kosten. Zusätzlich zahlte er rund 500 € für das Übersetzen und Beglaubigen der Papiere.
Mit Stipendien will die Initiative ProSalamander dem sprichwörtlichen Taxi fahrenden Ingenieur helfen. Zugewanderte Ingenieure und Wirtschaftswissenschaftler können an der Uni Duisburg-Essen (UDE), Geistes- und Medienwissenschaftler in Regensburg in zwei bis vier Semestern je nach Vorleistungen den Bachelor oder den Master erwerben. Die Stiftung Mercator unterstützt sie mit Stipendien. 32 Stipendien waren im Wintersemester zu vergeben. Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, dennoch studieren derzeit nur vier Ingenieure statt wie geplant acht mit einem solchen Stipendium.
„Wir sind sehr sorgfältig bei der Anrechnung der bisherigen Qualifikationen“, sagt Projektleiterin Katharina Jacob. Erstens passten die mitgebrachten Abschlüsse nicht immer zum UDE-Angebot. Zweitens habe Ingenieurwissen eine relativ kurze Halbwertszeit. Ausschlaggebend seien letztlich die Sprachkenntnisse. Wer fachlich infrage kam, doch schlecht Deutsch konnte, bekam die Empfehlung, sich nach einem Sprachkurs erneut zu bewerben. Die Stipendiaten sollen ja in den regulären Lehrveranstaltungen mitkommen. Für die kleine Gruppe gibt es aber einen Sprachunterricht.
„Ganz wichtig ist, dass die Stiftung Beratungs- und Betreuungsstrukturen an der Uni finanziert. Hätten unsere Teilnehmer sich alle Infos selbst zusammensuchen müssen, wären sie überfordert“, betont Jacob. Sie brauchten soziale Beratung sowie psychologischen Rückhalt, um ihre Selbstsicherheit nach wiederholten Rückschlägen auf dem Arbeitsmarkt wieder aufzubauen. Die UDE setzt auch auf Unternehmenspatenschaften. Generell jedoch gehöre die Studienfinanzierung für Erwachsene auf die politische Agenda. MATILDA JORDANOVA-DUDA
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