Rekord beim Wirkungsgrad: Neues Material hebt Solarzellen auf ungeahntes Level
In den vergangenen Monaten konnten Forschende einen Rekord nach dem anderen bei weiterentwickelten Solarzellen vermelden. Das Team der TU Dresden glaubt: Ihre neuen Perowskit-Modelle könnten bald die Häuser mit Strom versorgen.
Der dringend benötigte Ausbau an erneuerbaren Energien scheint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Höchstleistungen zu pushen – zumindest könnte dieser Eindruck entstehen. Denn bei der Weiterentwicklung von Solarzellen reichen sich die Erfolgsmeldungen die Hand. An der TU Dresden haben Forschende Metallhalogenid-Perowskite unter die Lupe genommen und gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Pavia in Italien deutlich verbessert. Sie sind überzeugt: Bald wird ihre Innovation die Häuserdächer schmücken und die Menschen mit Strom versorgen.
Materialmangel bedroht Ausbau von Solaranlagen
Bisher: Hoher Energieaufwand für die Produktion von Perowskit-Solarzellen
Metallhalogenid-Perowskite haben großes Potenzial. Das lässt sich schon daran erkennen, wie extrem ihre Leistungsfähigkeit in optoelektronischen Bauteilen wie Solarzellen oder Leuchtdioden gestiegen ist. Dass sie trotzdem nicht in großen Mengen verarbeitet werden, hängt mit der bislang mangelnden Effizienz bei der Produktion zusammen. Der Standard-Aufbau (Architektur) lässt sich nur über mehrere Schritte herstellen, die zudem bei hohen Temperaturen durchgeführt werden müssen. Der Energieaufwand ist als also hoch und entsprechend schlecht fällt im Normalfall die CO2-Bilanz aus. Die entsprechenden Solarzellen müssen also eine Weile im Einsatz sein, ehe sich der Energiebedarf der Produktion amortisiert.
Ein weiteres Problem kommt hinzu: Die komplexen Herstellungsverfahren führen dazu, dass die Bauteile nicht in moderne Produkte integriert werden können, wozu beispielsweise flexible oder tragbare Elektronik zählt. Es gibt zwar durchaus eine Alternative, nämlich eine abweichende Bauelement-Architektur („invertierte Architektur“), die auch ohne Hitze produziert werden kann. Sie führt aber normalerweise zu einem geringeren Wirkungsgrad bei Anwendungen in der Photovoltaik. Genau dieses Problem scheinen die Forschenden nun gelöst zu haben.
Was sind Metallhalogenid-Perovskite?
Metallhalogenid-Perovskite zählen zu den vielversprechenden Werkstoffen für die Photovoltaik. Die auf diesen Materialien basierenden Solarzellen ließen sich in nur wenigen Jahren optimieren, sodass ihre Effizienz mit den bekannten Silizium- und Dünnschichtsolarzellen in den Wettbewerb treten konnten. Darüber hinaus wurde weiteres Potenzial für eine Vielzahl von Anwendungen im Bereich der Photonik und Optoelektronik analysiert.
Metallhalogenid-Perovskite bestehen aus kostengünstigen Materialien und können mit einfachen Verfahren hergestellt werden. Perovskite lassen sich bei Solarzellen und geringen Temperaturen simpel auf ein geeignetes Substrat aufsprühen oder -drucken.
Perowskit-Solarzelle mit invertierter Architektur sprengt bisherigen Wirkungsgrad
Als Grundlage haben sie Solarzellen mit invertierter Architektur gewählt. Dort haben sie geringe Mengen organischer Halogenidsalze sowohl an der Unter- als auch an der Oberseite der aktiven Perowskit-Schicht eingebracht und so die Grenzflächen verändert. Die organischen Halogenidsalze führen zu entscheidenden Veränderungen. Sonst werden sie dafür verwendet, zweidimensionale Perowskite zu bilden, aber in diesem Zusammenhang unterdrücken sie strukturelle Fehler und führen dazu, dass Defektzustände in der Perowskitschicht passiv werden.
Das scheint die richtige Idee gewesen zu sein. Denn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen Wirkungsgrad von 23,7% gemessen – ein neuer Rekord für eine Perowskit-Solarzelle mit invertierter Architektur.
„Besonders hervorzuheben ist, dass die Verbesserung der Leistung mit einer Erhöhung der Stabilität des Bauelements einherging“, sagt Giulia Grancini, Professorin für Chemie an der Universität Pavia.
Das ist die nächste gute Nachricht. Denn Perowskit-Solarzellen waren bislang nach Ansicht vieler Expertinnen und Experten nicht stabil genug für einen großflächigen Einsatz. Das Team hat also nach eigenen Angaben gleich zwei Hindernisse auf einmal beseitigt.
Forschende hoffen auf baldigen kommerziellen Einsatz der Solarzellen
„Die Tatsache, dass unsere Bauelemente bei niedrigen Temperaturen von unter 100 Grad Celsius hergestellt werden, und dass unser Ansatz eins zu eins auf die Herstellung großflächiger Bauelemente übertragbar ist, bringt uns der großtechnischen Markteinführung von Perowskit-Solarzellen einen Schritt näher“, ergänzt Yana Vaynzof, Inhaberin der Professur für Neuartige Elektronische Technologien am Institut für Angewandte Physik und Photonische Materialien (IAPP) sowie dem Center for Advancing Electronics Dresden (cfaed).
Ob der kommerzielle Einsatz der Perowskit-Solarzellen tatsächlich bald erfolgt, wird sich zeigen. Schließlich melden auch andere Forschungsbereiche Rekorde beim Wirkungsgrad von Solarzellen. Klar ist: Perowskit ist jetzt wieder im Rennen.
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