Ausbau von Solaranlagen: Warum der Boom auch Risiken für die Netzstabilität birgt
Der starke Anstieg der Solarenergie sorgt für Probleme im Stromnetz, besonders bei der hohen Produktion zur Mittagszeit. Um das Netz stabil zu halten, sind schnellere intelligente Stromzähler und eventuell eine Rückkehr zur Wirkleistungsbegrenzung nötig.
Laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin steigt die Solarstromproduktion vor allem in den Mittagsstunden stark an. Dies kann insbesondere auf der Verteilnetzebene zu vorübergehenden Engpässen führen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die bereits vorhandene Flexibilität bei der Integration von Photovoltaik (PV) nicht immer optimal genutzt wird. In jüngster Zeit wurden viele PV-Anlagen auf Gebäuden zusammen mit Batteriespeichern installiert.Diese Speicher ermöglichen es Haushalten oder Unternehmen, den Anteil ihres selbst verbrauchten PV-Stroms zu erhöhen.
Kaum Anreize, die Speicher netz- oder marktorientiert einzusetzen
„Allerdings gibt es kaum Anreize, diese Speicher möglichst netz- oder marktorientiert einzusetzen, da weder die Einspeisevergütung noch in der Regel die Haushaltsstromtarife entsprechende Signale dafür geben: Vergütungen und Preise sind für jede Kilowattstunde gleich, unabhängig vom aktuellen Marktpreis“, zitiert die dpa aus der Studie.
Zum Beispiel könnten im Sommer die PV-Speicher zur Spitzenzeit der Stromproduktion bereits voll sein. Dann speisen die Anlagen ihren gesamten Strom ins Netz, was die lokalen Stromnetze belastet. Laut Studie müssen deshalb schneller „intelligente“ Stromzähler eingebaut werden, um die Netze besser steuern zu können.
„Durch den erfreulich hohen Ausbau der PV ergibt sich nun eine zunehmende Spitzeneinspeisung mit Schwerpunkt an sonnigen Tagen im Sommer über die Mittagszeit“, erklärt Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft.
Maßnahmen erforderlich
„Damit systemkritische Netzzustände gar nicht erst entstehen, sind kurz- aber auch mittelfristig Maßnahmen nötig, die drei Bedingungen erfüllen: Netzstabilität weiter auf hohem Niveau gewährleisten, den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter ermöglichen, Machbarkeit für die Netzbetreiber sicherstellen“, sagt Andreae.
Sie sprach sich dafür aus, die Wirkleistungsbegrenzung wieder einzuführen, die im Zuge der Energiekrise 2022 abgeschafft worden sei. Diese Begrenzung sorge dafür, dass PV-Anlagen bereits vor Erreichen ihrer maximalen Leistung gedrosselt werden, ähnlich wie bei Sportwagen, die theoretisch 300 km/h erreichen könnten, aber aus Sicherheitsgründen bei 250 km/h begrenzt seien. Eine weitere empfohlene Maßnahme sei eine verbesserte Steuerbarkeit der Einspeisung durch die Netzbetreiber. Hierfür sei jedoch ein schneller Ausbau intelligenter Messsysteme erforderlich.
Der Ausbau der Solaranlagen hat sich deutlich beschleunigt. Laut Bundesnetzagentur hat sich die Menge der neu installierten Anlagen im vergangenen Jahr auf fast 14 Gigawatt verdoppelt. Ein Hauptgrund für dieses Wachstum ist laut DIW der Rückgang der Preise für Solarmodule.
Wie das Wirtschaftsministerium berichtet, betrug die Gesamtleistung der installierten Solaranlagen Ende Juni mehr als 90 Gigawatt. Damit wurde das Ziel der Bundesregierung, bis 2024 eine installierte Leistung von 88 Gigawatt zu erreichen, bereits überschritten. Bis 2030 soll die installierte Leistung auf 215 Gigawatt steigen.
Um dieses Ziel zu erreichen, müsse die Ausbaugeschwindigkeit noch weiter erhöht werden, so die DIW-Studie. Der Haupttreiber des derzeitigen Wachstums sei der zunehmende Ausbau kleinerer PV-Anlagen auf Gebäuden, die aufgrund der Vorteile beim Eigenverbrauch besonders attraktiv seien.
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