Superkondensator im Internet der Dinge 07.06.2021, 16:13 Uhr

Batterie-Revolution aus dem 3D-Drucker: Mini-Speicher lässt sich kompostieren

Aus Papier, Kohlenstoff und einer Prise Salz stellen Schweizer Forscher einen Superkondensator für Sensoren und Sender im Internet der Dinge, die Überwachung der Umwelt und die Landwirtschaft her. Hergestellt wird die Batterie im 3D-Druck.

Zeigefinger mit Kondensator

Die biologisch abbaubare Batterie besteht aus vier Schichten, die alle nacheinander aus einem 3D-Drucker fließen. Das Ganze wird dann wie ein Sandwich zusammengefaltet, mit dem Elektrolyten in der Mitte.

Foto: Gian Vaitl / Empa

Recyceln? Völlig überflüssig bei einem neuen Mini-Superkondensator, den Forscher an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf entwickelt haben. Sie enthält fast ausschließlich Kohlenwasserstoffe, also organisches Material, das aus der Pflanzenwelt stammt und kompostierbar ist. Als Materialien setzen Xavier Aeby und sein Doktorvater Gustav Nyström, die im Empa-Labor für Cellulose & Wood Materials arbeiten, Ruß, Aktivkohle, Grafit, Zellulose, Glycerin und andere Alkohole sowie Kochsalz als einzige nicht-organische Komponente ein. Wenn diese Batterie am Ende ihres Lebenszyklus angekommen ist, zersetzt sie sich innerhalb von zwei Monaten in der Natur oder auf dem Komposthaufen. Nur ein paar sichtbare Rußpartikel bleiben übrig. Das bisschen Kochsalz, das die Batterie enthält, verkraftet die Natur problemlos.

Revolutionärer Stromspeicher: Auf die Tinten kommt es an

Die Produktionsanlage für den revolutionären Stromspeicher sieht völlig unspektakulär aus. Es handelt sich um einen schlichten 3D-Drucker, der allerdings spektakulär zusammengesetzte Tinten verspritzt. Um die Rohstoffe, beispielsweise Cellulose-Nanofasern und Cellulose-Nanokristallite der Kohlenstoff in verschiedenen Zuständen in Tinte zu verwandeln, benötigen die Forscher neben Glycerin zwei weitere Alkoholsorten. Eine Prise Kochsalz sorgt für die ionische Leitfähigkeit.

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Lange Versuchsreihen mit Batterie

Der Superkondensator besteht aus vier Schichten, die nacheinander auf eine Unterlage gedruckt werden. Zum Schluss wird das flexible Gebilde zusammengefaltet, fertig ist der Stromspeicher.

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„Das klingt recht einfach, war es aber ganz und gar nicht“, sagt Aeby.

Lange Versuchsreihen seien nötig gewesen, bis alle Parameter stimmten, alle Komponenten zuverlässig aus der Düse des Druckers flossen und der Kondensator schließlich funktionierte. Aeby: „Als Forscher wollen wir ja nicht nur herumprobieren, sondern auch verstehen, was im Inneren unserer Materialien geschieht.“

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Tausende Lade- und Entladezyklen bei Batterie-Revolution

Der Mini-Kondensator kann Strom stundenlang speichern. Er übersteht tausende Lade- und Entladezyklen und voraussichtlich auch jahrelange Lagerung, selbst bei frostigen Temperaturen. Außerdem ist der Kondensator resistent gegen Druck und Erschütterung. Die Kapazität der Prototypen reicht aus, um eine kleine Digitaluhr zu betreiben.

Aeby hat Mikrosystemtechnik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne studiert und ist für seine Doktorarbeit zur Empa gewechselt. Nyström und sein Team forschen seit Jahren an funktionalen Gelen auf Basis von Nanocellulose. Das Material ist nicht nur ein umweltfreundlicher, nachwachsender Rohstoff, sondern durch seine innere Chemie äußerst vielseitig einsetzbar.

„Das Projekt eines kompostierbaren Stromspeichers lag mir schon lange am Herzen“, so Nyström. „Nun haben wir ein erstes Ziel erreicht.“

Xavier Aeby und Gustav Nyström halten Box mit Kondensator

Xavier Aeby und Gustav Nyström haben eine komplett gedruckte, biologisch abbaubare Batterie entwickelt, die aus Zellulose und anderen ungiftigen Komponenten besteht.

Foto: Gian Vaitl / Empa

Schlüsselbaustein fürs Internet der Dinge

Der Superkondensator könnte zu einem Schlüsselbaustein für das Internet der Dinge werden, erwarten Nyström und Aeby. Man könne solche Kondensatoren mit Hilfe eines elektromagnetischen Feldes sekundenschnell aufladen. Dann würden sie über Stunden Strom für einen Sensor oder Mikrosender liefern. So könnte man zum Beispiel den Inhalt von Paketen während des Transports überwachen und feststellen, ob zulässige Höchsttemperaturen überschritten oder die Umgebung zu feucht war. Auch die Stromversorgung von Sensoren zur Umweltüberwachung und in der Landwirtschaft ist denkbar. Man müsse die Stromspeicher nach dem Ende ihrer „Dienstzeit“ nicht wieder einsammeln, sondern könnte sie der Natur überlassen.

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Auch für Selbsttestgeräte geeignet

Zur wachsenden Zahl elektronischer Kleinstgeräte wird auch die patientennahe Labordiagnostik beitragen, die derzeit boomt. Kleine Testgeräte für den Einsatz am Krankenbett oder Selbsttestgeräte für Diabetiker zählen dazu. Auch für solche Anwendungen könnte sich der kompostierbare Zellulose-Kondensator gut eignen.

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Ein Beitrag von:

  • Wolfgang Kempkens

    Wolfgang Kempkens studierte an der RWTH Aachen Elektrotechnik und schloss mit dem Diplom ab. Er arbeitete bei einer Tageszeitung und einem Magazin, ehe er sich als freier Journalist etablierte. Er beschäftigt sich vor allem mit Umwelt-, Energie- und Technikthemen.

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