Interdisziplinäres Forschungsprojekt 09.11.2013, 09:00 Uhr

Biogasanlagen sollen effizienter werden

Biogasanlagen fügen sich gut in das Konzept der Energiewende ein, werden aber vielfach nicht wirtschaftlich genug betrieben. Ein interdisziplinäres Forschungsprojekt will dies nun ändern. 

Biogasanlage des RWE in Ütteld in der Eifel: Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren auf 8000 gestiegen. Das neue Forschungsprojekt soll jetzt ihre Effizienz erhöhen. 

Biogasanlage des RWE in Ütteld in der Eifel: Die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland ist in den vergangenen Jahren auf 8000 gestiegen. Das neue Forschungsprojekt soll jetzt ihre Effizienz erhöhen. 

Foto: RWE

Biogas boomt: Waren im Jahr 2004 in Deutschland 2050 Biogasanlagen in Betrieb, sind es jetzt um die 8000. Doch viele dieser Anlagen werden nicht optimal betrieben. Das macht sich durch Übersäuerung oder gar Schaumbildung bemerkbar. Oft ist ihr Betrieb dadurch nicht wirtschaftlich und in Abhängigkeit vom Erneuerbaren-Energien-Gesetz nur durch Subventionen möglich. Eine suboptimale Situation, die ein neues Forschungsprojekt der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) jetzt im Projekt „Modellbasierte Prozesssteuerung von Biogasanlagen“ (MOST) verändern will.

Störungen lassen sich bislang nicht frühzeitig erkennen

In Biogasanlagen wird Biogas durch Vergärung von Biomasse erzeugt und dann meistens über ein angeschlossenes Blockheizkraftwerk in Strom und Wärme gewandelt. „Die optimale Prozesssteuerung in Biogasanlagen ist eine nicht vollständig gelöste Herausforderung“, erklärt Projektleiter Professor Dieter Bryniok, Experte für Umweltbiotechnologie an der HSHL. Es geht nun darum, durch eine verbesserte Prozesssteuerung mehr Strom und Wärme zu erzeugen und einen stabilen Produktionsprozess sicherzustellen. Die Herausforderung liegt dabei im Inneren der Anlagen. Denn die biologischen Stoffwechselvorgänge sind sehr komplex und es gibt keine zuverlässigen, einfach zu messenden Indikatoren, um entstehende Störungen frühzeitig zu erkennen.

Einfach zu messende Indikatoren sind zum Beispiel der pH-Wert im Reaktor oder auch hohe Konzentrationen von Ammoniak oder Schwefelwasserstoff im Biogas. Doch diese lassen eine Störung erst dann erkennen, wenn sie ziemlich weit fortgeschritten ist. Erhebliche Einbrüche in der Biogasproduktion sind dann nicht mehr zu vermeiden. Im Extremfall können durch eine solche zu spät erkannte Störung die biologischen Abbauprozesse sogar vollständig zum Erliegen kommen.

MOST erhält vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Förderungen in Höhe von 2,63 Millionen Euro. Das Verbundprojekt ist bis Ende September 2016 angelegt. Mit im Boot sitzen das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) in Stuttgart, die Fakultät für Elektrotechnik der Helmut-Schmidt-Universität in Hamburg (HSU-HH), das Erfurter CIS Forschungsinstitut für Mikrosensorik und Photovoltaik GmbH sowie die BlueSens gas sensor GmbH mit Sitz in Herten.

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Interdisziplinäres Forschungsfeld

„Die größte messtechnische Herausforderung ist dabei, passende Sensoren für die Anlagen zu entwickeln, die zu einer möglichst automatisierten Prozesssteuerung beitragen“, sagt Dieter Bryniok. Das Besondere am Forschungsprojekt MOST ist für ihn die Vielfalt der Disziplinen der beteiligten Partner. „MOST vereint verschiedene Ansätze: Biogasanlagen werden sowohl von Seiten der mathematischen Modellierung, der elektrochemischen Sensorentwicklung, der molekularbiologischen Populationsanalyse, der mikrobiologischen Stoffwechselreaktionen wie auch der Bioprozesstechnik erforscht.“

Die erst im Jahre 2009 gegründete Hochschule Hamm-Lippstadt bringt das Expertenwissen von drei Biogas-Koryphäen in das Projekt ein. Neben Dieter Bryniok sind Professor Marcus Kiuntke, Inhaber der Professur Bioenergieingenieurwesen mit Schwerpunkt Biogas sowie Professor Thomas Kirner, Inhaber der Professur Bio-Mikrostrukturtechnik, mit an Bord.

Zusammenarbeit mit Studenten

Geplant ist eine enge Verzahnung der Ergebnisse von MOST mit der praxisnahen Lehre an der HSHL. Studierende insbesondere aus dem Studiengang „Energietechnik und Ressourcenoptimierung“ sind aufgefordert, im Rahmen von Projekt-, Praxis- und Bachelorarbeiten am Forschungsprojekt mitzuarbeiten. Die Hochschule Hamm-Lippstadt bietet noch sieben weitere Bachelorstudiengänge an, die sich alle durch Marktorientierung und hohen Praxisbezug auszeichnen. Aktuell studieren insgesamt rund 2300 Studierende an der HSHL.

Verbesserte Biogasanlagen entwickeln und vermarkten

Bei der reinen Lehre und Forschung soll es bei MOST aber nicht bleiben. Geplant ist, die Ergebnisse zur Entwicklung und Vermarktung verbesserter Biogasanlagen zu nutzen. Denn so viel ist sicher: Die Energiewende steht vor der Tür, der Ausbau der erneuerbaren Energien ist nicht mehr zu bremsen. Und gerade Biogasanlagen sind hervorragend dazu geeignet, die natürlichen Schwankungen bei Sonnen- und Windstrom aufzufangen.

Optimierte Biogasanlagen sind auch für kleinere und mittlere Betreiber interessant. Die Ergebnisse von MOST sollen auch landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit bieten, Biogasanlagen wirtschaftlich zu betreiben. 

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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