Biogasanlagen stärker in den Markt bringen
Seit Jahresbeginn können auch Biogasproduzenten ihren Strom direkt vermarkten. Grundlage ist das sogenannte Marktprämienmodell, das Bestandteil des novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist. Es soll die Produzenten regenerativ erzeugten Stroms motivieren, bei einem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien den Strom bedarfsgerecht über Händler an der Strombörse zu vermarkten.
Insgesamt wurden nach Angaben der Netzbetreiber im Januar dieses Jahres insgesamt 13 513 MW Strom unter Inanspruchnahme der Marktprämie direkt vermarktet. 12 062 MW davon wurden jedoch allein von Windkraftanlagen an Land erzeugt. Nach vorliegenden Meldungen soll die Strommenge in der Direktvermarktung im Februar auf 17 007 MW ansteigen.
Kritiker bemängeln, dass die hohen Anmeldezahlen auf Mitnahmeeffekte zurückzuführen seien. Das Ziel, die erneuerbaren Energien an den Markt heranzuführen und die Energiewende voranzubringen, werde verfehlt. Denn die Windräder drehen sich nur weiter, wenn der Wind weht. Jetzt allerdings mit der Marktprämie und dem zusätzlichen Instrument der Managementprämie.
Die Managementprämie soll die Risikokosten tragen aus den verfehlten Wind- und Photovoltaikprognosen. Die dafür gewährte Größe beträgt anfänglich 1,2 Cent je verkaufte Kilowattstunde (kWh). „Bei Wind und Photovoltaik gibt es kaum Änderungen der Fahrweise“, sagt Bodo Drescher, Geschäftsführer des Handelshauses Energy2market.
Biogasanlagen können Strom bei Bedarf erzeugen
Strom aus Biogas lässt sich dagegen flexibel erzeugen. Die zur Biogasproduktion eingesetzten Rohstoffe können eine Zeit lang gespeichert werden, um den Strom dann zu produzieren, wenn er benötigt wird bzw. zu attraktiven Konditionen an der Börse verkauft werden kann.
Bei Biogasanlagen sind dafür jedoch technische Anpassungen erforderlich. Dazu gehört ein entsprechend großer Gasspeicher auf der Biogasanlage. Auch ein größerer Motor des Blockheizkraftwerkes (BHKW) kann installiert werden, um zu Spitzenlastzeiten mehr Strom zu produzieren.
Und nicht zuletzt muss eine Schnittstelle eingerichtet werden, um die Biogasanlage bedarfsgerecht steuern zu können. Die Leistungsdaten werden über das Internet an den Stromvermarkter gemeldet, der die gebündelte Kraftwerksleistung Hunderter BHKW an der Leipziger Strombörse EEX bereitstellt.
Einsteiger in die Direktvermarktung werden zunächst rund 2000 € bis 6000 € in die Schnittstelle investieren und auf den Grunderlös aus der Sekundärreserve setzen. Das ist der Leistungspreis, der für das reine Bereitstellen der BHKW-Leistung gezahlt wird. Der Arbeitspreis wird für die Zeit gezahlt, in der das BHKW tatsächlich geregelt wird. Dabei wird ein Preis aufgerufen, der oberhalb der EEG-Vergütung liegt. Für das Herunterfahren des BHKW in den Teillastbetrieb entstehen dem Anlagenbetreiber daher keine Verluste.
Mit der Teilnahme an der sogenannten Sekundärreserve wird das BHKW bei der Regelung im Leistungsbereich zwischen 50 % und 100 % gefahren. Die Teilnahme am Regelmarkt kann pro Jahr für eine 500-kW-Biogasanlage einen Mehrerlös von 15 000 € bis 20 000 € bringen, abzüglich der Vergütung für den Aufwand für die Stromvermarktung.
Einen Teil der Managementprämie behalten die Stromhändler. Zusatzerlöse für den Anlagenbetreiber lassen sich durch eine flexible Fahrweise erzielen. So steigt der Strombedarf und damit steigen die Preise des gehandelten Stroms tagsüber zur Mittagszeit. Zur Zeit dieses Hochtarifs läuft das BHKW mit 150 %. Dafür wird in der Nacht beim Niedrigtarif auf 50 % gedrosselt. Das hat zur Folge, dass Biogasanlagen dann am meisten mit der Stromproduktion verdienen, wenn sie von ihrer Grundlastfahrweise abweichen.
Die Fahrweise mit 150 % erklärt sich dadurch, dass viele Biogasanlagen im landwirtschaftlichen Bereich nur für 500 kW genehmigt sind, auch wenn sie technisch mehr produzieren können. Durch die flexible Fahrweise ist es nun möglich, zu Hochtarifzeiten mehr zu produzieren, zu anderen Zeiten entsprechend weniger – wenn die Gesamtmenge an Biogas im Jahr nicht überschritten wird.
„Wer jetzt eine Biogasanlage baut, steht dem neuen System offen gegenüber“, hat Bodo Drescher beobachtet. Bei den Betreibern einer der 7000 Bestandsanlagen ist dagegen noch Zurückhaltung festzustellen. „Sie hängen an der Struktur der festen Einspeisevergütung des EEG, mit der die Biogasbranche in den vergangenen elf Jahren groß geworden ist.“
Bei der Inanspruchnahme der Marktprämie gibt es darüber hinaus ein Nord-Süd-Gefälle. Drescher führt das auf die Aufnahmefähigkeit des Stromnetzes zurück: „Wegen Netzüberlastung sind im Norden bereits häufiger Anlagen abgeschaltet worden. Da tun sich die Betreiber leichter, mit der Teilnahme an der Sekundärreserve die Anlage herunterregeln zu lassen.“
Biogas wird zur teuersten Energieform der erneuerbaren Energien
Im Süden Deutschlands sei das Thema noch nicht so vordringlich. Viele Erzeuger hätten noch gar nicht realisiert, dass das EEG als Förderinstrument nur als Anschubfinanzierung gedacht ist. Langsam, aber sicher wird Biogas zur teuersten Energieform der erneuerbaren Energien. Das liegt vor allem am Anteil der Rohstoffkosten an der Biogaserzeugung, die rund die Hälfte der Stromerzeugungskosten betragen.
Bodo Drescher rechnet vor, dass eine Biogasanlage mit einer installierten elektrischen Leistung von 500 kW rund 300 000 € für Substrat ausgeben muss. „Das Futter wird tendenziell teurer, ein Inflationsausgleich ist im EEG aber nicht vorgesehen.“
Wenn es die ersten positiven Beispiele gibt, erwartet Drescher, dass weitere Erzeuger in die Direktvermarktung wechseln werden. Seiner Ansicht nach werden erst die Zusatzerlöse aus der Stromvermarktung dafür sorgen, dass Landwirte weiterhin in neue Biogasanlagen investieren. Mit über 80 % sind die meisten Anlagen in Deutschland in landwirtschaftlicher Hand.
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