Biosolarzellen: So könnte der Durchbruch funktionieren
Schon länger versuchen Ingenieure und Biologen, Sonnenlicht per Photosynthese einzufangen und diese Energie zu nutzen. Doch die Ausbeute war mager. Jetzt ist es Forschern gelungen, dieses Defizit zu beheben.
Seit Jahrmillionen gewinnen Pflanzen Energie per Photosynthese. Dieser biochemische Vorgang läuft in Form von mehreren Teilreaktionen ab. Zuerst absorbieren Farbstoffe die elektromagnetische Energie des Lichtes. Dazu gehören Chlorophylle oder Carotinoide. Anschließend entsteht chemische Energie, indem Elektronen auf organische Moleküle übertragen werden. Die Photosysteme (PS) I und II, zwei große Proteine, erfüllen zentrale Aufgaben bei dem komplexen Vorgang. Beide Schritte werden auch als Lichtreaktion bezeichnet, denn sie benötigen Sonnenenergie. In der Dunkelreaktion wird die chemische Energie in Zucker umgewandelt.
Auch bei Biosolarzellen spielen die Photosysteme I und II eine wichtige Rolle. Sie sorgen dafür, dass eine Redoxreaktion mit Wasser abläuft. Wasserstoff und Sauerstoff entstehen: zwei Gase, die sich etwa für Brennstoffzellen eignen. Doch die Sache hat einen Haken. Denn grüne Bereiche des Sonnenlichts lassen sich nicht nutzen; Forscher sprechen von einer „Grünlücke“, welche die Effizienz biologischer Solarzellen sinken lässt. Dieses Manko haben Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum und des Israel Institute of Technology jetzt behoben. Ihr Trick: Sie kombinierten einen Photosynthese-Proteinkomplex, der in Pflanzen vorkommt, mit einem Lichtsammelprotein aus Cyanobakterien. Das sind Bakterien mit photosynthetischen Eigenschaften. Sie lösen keine Krankheiten aus.
Der Superkomplex aus zwei Proteinen schließt die Grünlücke
Nicht alle photosynthetisch aktiven Lebensformen besitzen diese Grünlücke. „Cyanobakterien haben das Problem dadurch gelöst, dass sie spezielle Lichtsammelproteine, die Phycobilisomen, bilden, die auch dieses Licht nutzbar machen“, berichtet Marc Nowaczyk. Er ist Leiter der Projektgruppe Molekulare Mechanismen der Photosynthese an der Ruhr-Universität Bochum. Nowaczyk: „In der Natur klappt die Zusammenarbeit, im Reagenzglas bisher noch nicht.“
Doch jetzt hatten die Forscher Erfolg. Mit kurzkettigen Quervernetzern konnten sie PS II und Proteine aus Cyanobakterien chemisch verbinden und ein riesiges Eiweiß als Superkomplex erzeugen. Der Schritt gilt als Meilenstein, weil plötzlich Lichtsammelkomplexe unterschiedlicher Organismen zusammenarbeiten. Sie verwerten Energie aus dem ganzen Lichtspektrum, was zu effizienteren Ausbeuten führt.
Auf der Suche nach geeigneten Elektroden
Nach diesen Vorarbeiten im biochemischen Labor mussten geeignete Materialien entwickelt werden, um die Proteine tatsächlich einzusetzen. Die Wahl fiel auf Elektroden mit hoher Transparenz – schließlich soll kein Licht auf dem Weg zu den Lichtsammelkomplexen verloren gehen. Als weitere Komponente kam ein redoxaktives Hydrogel hinzu: ein Polymer, das Wasser bindet, aber selbst wasserunlöslich ist. Tests haben gezeigt, dass der Protein-Superkomplex in den Elektroden doppelt so viele Photonen verwertet wie herkömmliche Systeme auf Basis der Photosynthese.
Die Photosynthese imitieren – ein ehrgeiziges Projekt
Die Idee, chemische Reaktionen der Photosynthese nachzuahmen, ist nicht neu. Beispielsweise arbeitet das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO mit synthetischen Farbstoffen. Ziel des Verbundprojekts ColorSol® ist, Farbstoffsolarzellen herzustellen und zu optimieren. Hier setzen die Forscher nicht auf Chlorophylle oder Carotinoide, sondern arbeiten mit metallorganischen Farbstoffen auf Rutheniumbasis. Diese sind stabiler und – noch – besser hinsichtlich ihrer Energieausbeute. Der Farbstoff ist in nanokristalline Elektroden aus Titandioxid eingebettet.
Im Jahr 2016 beschrieb Itamar Willner von der Hebräischen Universität in Jerusalem ein funktionsfähiges System und zeigte, dass sich die Ideen auch mit biologischen Proteinen umsetzen lassen. Er isolierte das PS I aus Cyanobakterien. Seine Elektrode bestand aus Polymeren und aus Platin-Nanoteilchen. Tatsächlich führten Licht und Sauerstoff dazu, dass Glukose (Traubenzucker) oxidiert wurde, und Elektronen flossen. Mit einem Wirkungsgrad unter einem Prozent eignen sich die Systeme nicht für industrielle Anwendungen aus Silizium oder Perowskiten.
Dass sich Forscher intensiv mit biologischen Solarzellen befassen, hat mehrere Gründe. Die Systeme benötigen keine teuren, schwer verfügbaren Rohstoffe. Sie sind – von der reinen Hardware abgesehen – preisgünstig. Im Fermenter lassen sich Proteine in großem Stil erzeugen und isolieren. Und so lange man keine transgenen Organismen verwendet, stellt auch die Entsorgung kein Problem dar: ein großer Vorteil gegenüber halbleitenden Materialien, deren Aufbereitung zu einer schlechten Energiebilanz führen kann.
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