Brandrisiko von Photovoltaik-Anlagen beherrschbar
Bei zunehmend kritischer Einschätzung der Photovoltaik als umweltgünstiger Energieträger wird nun auch die Sicherheit von Aufdach- und Freiflächenanlagen akribisch unter die Lupe genommen. Erste Ergebnisse einer seit 2011 laufenden Studie zur Bewertung des Brandrisikos und zu möglichen Sicherheitskonzepten stellten Experten in Köln vor.
„Das Brandrisiko bei Photovoltaikanlagen ist seit Langem bekannt“, sagt Willi Vaaßen, bei TÜV Rheinland Geschäftsleiter des Bereichs Solare Energien. „Vor allem, weil sie als Gleichspannungsquellen bei Stromflussunterbrechungen Lichtbögen unterstützen.“ Die Systemspannung wird zwar als Niederspannung eingestuft, doch sie erreicht bis zu 1000 V.
Vaaßen initiierte die dreijährige Studie „Bewertung des Brandrisikos in Photovoltaikanlagen und Erstellung von Sicherheitskonzepten zur Risikominimierung“. Bislang, so Vaaßen, war das kein großes Thema, „weil nicht viel passiert ist. Es gab nur wenige Brände.“ Mit der stark wachsenden Zahl der Anlagen – in Deutschland ca. 1 Mio. – steigt auch die Schadenshäufigkeit. „Deswegen unser Forschungsvorhaben – mit dem Ziel der Risikominimierung.“
Ursachen von Bränden in Photovoltaik-Anlagen untersucht
Folgerichtig untersucht das Projekt mehrere Ursachen: Mangelnde Qualität der Produkte und unsachgemäße Installation der Anlagen gehören dazu. Daraus sollen detaillierte und aktuell angepasste Sicherheitskonzepte entstehen. Eine stichhaltige Statistik über Schadensfälle, die durch Photovoltaik-Anlagen oder externe Ursachen mit Photovoltaikanlagen ausgelöst wurden, existiert bisher nicht. Dazu läuft derzeit, recht schleppend, eine Fragebogenaktion bei den Anlagenbetreibern.
Prinzipiell gilt für alle elektrischen Anlagen, die Gleichspannungen verwenden: Lichtbögen entstehen als Reihen-Lichtbogen durch Leitungsunterbrechungen oder als paralleler Lichtbogen durch Kurzschlüsse zwischen Plus- und Minusleitungen. Sie können lange stehen und zu Bränden in direkter Umgebung führen. Reihen-Lichtbögen in Solaranlagen sind durch Beschädigungen von außen oder durch Qualitätsmängel wie schlechte Löt-, Steck- und Klemmverbindungen bedingt. Parallel-Lichtbögen entstehen durch schadhafte Isolierung falsch verlegter Anschlusskabel, so an scharfen Kanten.
Alternde Photovoltaik-Anlagen werden zum Problem
Ein aktuelles Problem ist der alternde Bestand an Photovoltaik-Anlagen. Jahrein, jahraus sind sie der Witterung ausgesetzt, vielerorts schlummern Fehler, verursacht durch unzureichend ausgebildete Installateure unterschiedlicher Gewerke (Dachdecker, Zimmerer und Elektriker), die nicht immer fachübergreifend kommunizieren. Doch mittlerweile, so Vaaßen, „sind die Schulungsangebote recht breit – wenn sie auch noch nicht jeden Betrieb erreicht haben“.
Der meist private Betreiber einer solchen Anlage kann sich durch Referenzen absichern, empfiehlt Vaaßen: „Der kritische Endverbraucher ist gefragt.“ Bei größeren Anlagen helfen unabhängige Gutachter.
Außerdem existieren umfassende Regelwerke an Normen und Sicherheitsvorschriften, die auch die Photovoltaik als „elektrotechnische Anlage“ abdecken. Beispiel: „Brandschutzgerechte Planung, Errichtung und Instandhaltung von Photovol-
taikanlagen“ vom BSW Solar, ZVEH und anderen involvierten Stellen. Vaaßen: „Das muss nur in die Köpfe rein.“
Mindere Qualität trotz CE-Zertifikat lässt sich z. B. durch den vom TÜV mit der Zeitschrift Solarpraxis konzipierten „Photovoltaik+“-Test, eine verschärfte Prüfung auf Sicherheit und Performance, erkennen, u. a. mit einem Klimatest über 1500 h, statt der laut IEC61730 vorgeschriebenen 1000 h. Das sagt etwas über die Langlebigkeit der Anlage. Außerdem, so Vaaßen, entwickeln sich Baustoffe wie Bauprinzipien laufend weiter, so durch dreifach angelegte Busbars zwischen den Zellen eines Moduls. Damit kann sich der Strom im Falle schlechter Zellverbindungen aufteilen und Hotspots werden verhindert.
TÜV verschärft Prüfung mit dem „Photovoltaik+“-Test
Lichtbogen-Detektoren gibt es schon länger. Sie sprechen auf das hochfrequente Rauschen im Funkenspektrum von (Reihen-)Lichtbögen an. Jetzt sind sie am deutschen Markt verfügbar. In den USA sind sie nach NEC690.11 bereits vorgeschrieben – mit Blick auf die meist mit Holzschindeln oder Teerpappe gedeckten Dächer amerikanischer Einfamilienhäuser. Kommt solch eine Vorschrift auch bald vom VDE? Vaaßen: „So nicht, da unsere Gebäudestruktur eine andere ist. Aber man kann immer voneinander lernen.“
Fest steht: Mit wachsendem Bestand alternder Photovoltaikanlagen müssen sich die Betreiber mit periodischer Inspektion und Wartung anfreunden. Bei anderen Anlagen, auch bei Fahrzeugen, ist das längst der Brauch. Auch wenn das die schöne Rendite drückt.
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