Brückenschlag durch Offshore-Stromkabel im Dreiländereck der Ostsee
Zwei Netzbetreiber wollen erstmals zwei Offshore-Windparks im „Dreiländereck der Ostsee“ über nationale Grenzen hinweg mit einem Seekabel verbinden.Es könnte ein Brückenschlag mit Symbolcharakter für die Energiewende werden.
Bauen wollen diesen Brückenschlag der deutsche Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz Transmission und der dänische Netzbetreiber Energinet.dk. Das ist neu, denn bislang sind Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee nur an das jeweilige nationale Festlandnetz angebunden. Das Projekt „Kriegers Flak Combined Grid Solution“ ist rund 300 Millionen Euro schwer und wird von der Europäischen Union zur Hälfte gefördert.
Investitionsvolumen von fast einer Milliarde Euro
50Hertz ist für das Höchstspannung-Übertragungsnetz mit 220 und 380 Kilovolt im Norden und Osten Deutschlands zuständig. Die Gesamtlänge der Leitungen von 50 Hertz kommt auf fast 10.000 Kilometer und deckt damit rund 30 Prozent der Fläche Deutschlands ab. Das Unternehmen will insgesamt knapp eine Milliarde Euro in die Verlegung von sechs jeweils rund 90 Kilometer langen Seekabelsystemen investieren. Über diese Stromtrassen können Windparks mit einer Gesamtleistung von 1500 Megawatt angebunden werden, sagte der Projektmanager von 50Hertz, Stefan Westhues.
Im Areal Kriegers Flak, dem „Dreiländereck der Ostsee“ von Deutschland, Dänemark und Schweden sollen von 2018 an über eine Konverter-Plattform und zwei parallel verlaufende 150-Kilovolt-Seekabel ein dänischer Windpark mit einer Leistung von 600 Megawatt und der bereits in Bau befindliche deutsche EnBW-Windpark Baltic 2 mit einer Leistung von 288 Megawatt gekoppelt werden. Beide Windparks trennen nur eine Entfernung von 15 Kilometer Luftlinie. Das Flachwassergebiet Kriegers Flak liegt rund 30 Kilometer nordwestlich von Rügen. Dort haben Schweden, Dänemark und Deutschland sogenannte „Ausschließliche Wirtschaftszonen“, in denen nationale Behörden Eignungsprojekte für Offshore-Windparks ausgewiesen haben und diverse Energieunternehmen Windparks errichten wollen.
„Pilotcharakter für Europa“
„Die Einbindung von Offshore-Windparks von zwei Staaten in eine sogenannte Interkonnektorenlösung hat Pilotcharakter für Europa“, sagt der zuständige Projektleiter von 50 Hertz, Sebastian Wagner. Solch ein „Offshore-Interkonnektor“ bringt eine ganze Reihe von Vorteilen. Zum einen ermöglicht er, dass die nationalen Strommärkte miteinander verbunden werden. Es ist somit möglich, Stromhandel zu betreiben, was langfristig zu niedrigeren Strompreisen führen kann.
Aber der ganz große Vorteil eines solchen Offshore-Interkonnektors ist die Möglichkeit, den von den Offshore-Windparks produzierten Strom wahlweise nach Deutschland oder nach Skandinavien zu leiten. Heute ist die Situation unbefriedigend, denn bei Starkwinden müssen die Windmühlen im Park gedrosselt werden, um eine Überlastung der Netze zu verhindern. „Jede Verbindung zu anderen Verbrauchermärkten ist ein Beitrag zur Optimierung der Netze“, weiß Wagner. Und wenn gerade wieder Flaute ist und kein Wind die Rotoren antreibt, dann kann über diese Leitung Strom aus Wasserkraft von Skandinavien nach Deutschland transportiert werden.
Vom Adlergrund durch die Ostsee
2015 soll Baubeginn sein. Die Stromtrassen werden in 1,5 Meter Tiefe unter dem Meeresboden vom Adlergrund und Arkonabecken östlich von Rügen durch die Ostsee bis zum Umspannwerk Lubmin führen. Die Genehmigungen für die Verkabelung unter dem Meer hat 50Hertz Transmission beim Energieministerium in Mecklenburg-Vorpommern und Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie mit Sitz in Hamburg eingereicht. Jens Regiment, der bei 50Hertz für die Genehmigung zuständige Manager, sagt, dass Auswirkungen auf die Fischerei und Schifffahrt und auf militärische und Umweltbelange untersucht wurden. Er hofft daher auf eine Genehmigung zum Ende des Jahres 2014.
50Hertz sieht kein Umweltproblem durch das Seekabel
50Hertz hat auch Auswirkungen durch den Bau von geplanten Parallelprojekten untersucht. Denn in der Region ist einiges los. So planen die Energiewerke Nord (ENW) in Lubmin den Bau eines 1800-Megawatt-Gaskraftwerkes. „Wir sind mit 50Hertz im Gespräch, um eine koordinierte Vorgehensweise zu ermöglichen und eine mögliche wechselseitige Behinderung der Großprojekte zu vermeiden“, sagte eine ENW-Sprecherin.
50Hertz sieht kein Problem durch gleich zwei Großprojekte in der Region. Im Gegenteil: Im ökologisch sensiblen Greifswalder Becken werde die „Erheblichkeitsschwelle“ der Umweltauswirkungen nicht überschritten, selbst wenn es zum Bau eines dritten und vierten Strangs der Ostseepipeline sowie eines Gaskraftwerks in Lubmin kommen sollte, betonte Manager Regiment.
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