Kapazitäten reichen dennoch nicht 12.07.2024, 13:37 Uhr

China baut doppelt so viel Wind- und Solarkapazität wie der Rest der Welt zusammen

China macht riesige Fortschritte beim Ausbau der Wind- und Solarenergie. Die Kapazitäten reichen dennoch nicht aus, zumal auch immer mehr Kohle verbrannt wird.

Solarpark in China

Laut einer Studie baut China derzeit eine Kapazität an erneuerbaren Energien auf, die doppelt so hoch wie beim Rest der Welt ist. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit.

Foto: PantherMedia / chungking

Laut einer aktuellen Studie des Global Energy Monitor (GEM), einer in San Francisco ansässigen Nichtregierungsorganisation, bleibt China weltweit führend beim Ausbau erneuerbarer Energien. Demnach sind in China derzeit 180 GW Solar- und 159 GW Windenergie im Bau. Das ergibt eine kombinierte Leistung von 339 GW, was fast doppelt so viel ist wie der Rest der Welt zusammen. Die auf dem zweiten Platz liegende USA kommt lediglich auf 40 GW. Deutschland ist in den Top-10 laut der Studie erst gar nicht vertreten.

Die Forschenden konzentrierten sich bei ihrer Arbeit allerdings auf große Solarparks mit einer Leistung von mindestens 20 MW, die direkt in das Stromnetz einspeisen. Die Kapazitäten, die Deutschland alleine über Balkonkraftwerke oder Solaranlagen auf dem Dach aufbaut, wurden in der Studie daher gar nicht berücksichtigt.

Grund für Chinas Führungsrolle

Chinas bemerkenswerter Aufschwung im Bereich der erneuerbaren Energien wurde durch starke staatliche Unterstützung gefördert. Präsident Xi Jinping höchstpersönlich macht sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien stark. Das führte dazu, dass China zwischen März 2023 und März 2024 mehr Solarenergie installiert hat als in den drei vorangegangenen Jahren zusammen und mehr als der Rest der Welt im Jahr 2023 insgesamt.

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GEM-Analysten prognostizieren, dass China bis Ende 2024 eine installierte Wind- und Solarkapazität von 1.200 GW erreichen wird. Dieser Wert sollte laut Regierungsziel erst sechs Jahre später erreicht werden. Diese ungebremste Bauwelle sichert Chinas Führungsposition bei der Installation von Wind- und Solarenergie.

Kapazitäten reichen dennoch nicht aus

Trotz des enormen Ausbaus der erneuerbaren Energien reichen die Kapazitäten laut der Studie nicht aus, um die Kohlenstoffintensität der chinesischen Wirtschaft um die angestrebten 18 % zu senken. Die Kohlenstoffintensität misst die Menge an CO2-Emissionen pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Frühere Studien haben gezeigt, dass China bis 2030 zwischen 1.600 und 1.800 GW an Wind- und Solarenergie installieren muss, um das Ziel von 25 % nicht-fossiler Energie zu erreichen.

Zwischen 2020 und 2023 wurden nur 30 % des Anstiegs des Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt, womit das Ziel von 50 % verfehlt wurde. Li Shuo, Direktor des China Climate Hub am Asia Policy Institute in Washington, DC, betont die Komplexität dieses Übergangs. „Es ist wichtig, dass China mehr und mehr erneuerbare Energien nutzt, um seine Ziele zu erreichen. Aber es reicht nicht, einfach weiter zu bauen, und das Problem ist gelöst“, sagt er.

Neue Kohlekraftwerke trüben die Bilanz

Nicht nur beim Ausbau von erneuerbaren Energien geht China voran, auch was den Neubau von Kohlekraftwerken angeht, ist das Reich der Mitte führend. Eine frühere Analyse von GEM und dem Centre for Research on Energy and Clean Air ergab, dass sich die Genehmigungen für neue Kohlekraftwerke zwischen 2022 und 2023 vervierfacht haben. Dieser Anstieg erfolgte trotz des Versprechens von 2021, neue Kohlekraftwerksprojekte „streng zu kontrollieren“. Zudem stieg der Gesamtkohleverbrauch zwischen diesen Zeiträumen von durchschnittlich 0,5 % auf 3,8 % pro Jahr.

Geopolitische Spannungen wie der Krieg in der Ukraine haben die Sorge um die weltweite Energiesicherheit verstärkt. Große Stromausfälle in Teilen Chinas in den letzten Jahren haben diese Besorgnis ebenfalls geschürt und dazu geführt, dass viele Verantwortliche Kohle als zuverlässige Energiequelle ansehen, um die Volatilität der erneuerbaren Energien auszugleichen.

China arbeitet auch fleißig an Speicherlösungen

Um die zunehmende Menge an sauberer Energie effizient zu nutzen, braucht es bessere Speicherlösungen und Netzflexibilität. Die chinesische Regierung hat diese Herausforderung erkannt und Lithium-Ionen-Batterien als eine der „neuen drei“ Technologien identifiziert, die neben Elektrofahrzeugen und Solarzellen für ein hochwertiges Wachstum unerlässlich sind. Im Jahr 2023 investierte China laut der Studie 11 Milliarden US-Dollar in netzgekoppelte Batterien, eine Steigerung von 364 % gegenüber 2022.

Generell unterstreicht der GEM-Bericht Effizienz beim Aufbau der geplanten Infrastruktur für erneuerbare Energien. Die 339 GW an Wind- und Solarenergieprojekten, die derzeit im Bau sind, stellen ein Drittel der geplanten Projekte dar und übertreffen damit die weltweite Baurate von 7 % bei weitem. „Chinas Pipeline für erneuerbare Energien ist doppelt so groß wie die der übrigen Welt“, betont Li Shuo. „Aber die Frage, die wir uns zunehmend stellen sollten, lautet: Warum ist der Rest der Welt so langsam?“

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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