Chinesische Solarzellen haben eine verheerende Umweltbilanz
Rund zwei Drittel aller Solarmodule stammen inzwischen aus China. Der Grund: Die chinesische Regierung subventioniert heimische Hersteller, die sich als Preisbrecher auf dem Weltmarkt durchsetzen können und beispielsweise die deutsche Solarindustrie in die Knie gezwungen haben. Eine Studie zeigt jetzt: Die Ökobilanz chinesischer Solarmodule ist verheerend.
Einmal auf dem Dach installiert, produziert so ein Solarmodul wirklich sauberen Strom ohne Kohlendioxidemissionen. Aber vorher hinterlässt so ein Solarmodul einen ziemlich großen ökologischen Fußabdruck. Vor allem die Herstellung der Module in China verschlingt enorm viel Energie.
Laut einer jetzt veröffentlichten Untersuchung der Northwestern University im US-Bundesstaat Illinois in Zusammenarbeit mit dem US Department of Energy Argonne National Laboratory sind die Umweltauswirkungen bei der Herstellung von Sonnenkollektoren in China etwa doppelt so hoch wie in Europa. „Wir schätzen, dass der Kohlendioxid-Fußabdruck in etwa doppelt so hoch ist, wenn ein Solarpanel in China hergestellt und in Europa gebraucht wird im Vergleich zu einem vor Ort in Europa hergestellten und gebrauchten Panel“, berichtet Fengqi You, Assistant Professor für Chemie- und Bioingenieurwesen an der Northwestern University und einer der Autoren der Studie.
Zwei Drittel der Weltproduktion entfällt auf China
Dank geringerer Produktionskosten und finanzieller Anreize der Regierung ist China zum größten Photovoltaikhersteller der Welt aufgestiegen. Nach einer Analyse von Global Data stammen 90,4 Prozent aller Solarmodule aus dem asiatisch-pazifischen Raum. Dabei beherrscht China sowohl bei der Nachfrage, als auch bei der Lieferung von Solarmodulen den Weltmarkt. 2013 entfielen rund zwei Drittel der Weltproduktion auf das Reich der Mitte. „China kann sich über einen erdrutschartigen Sieg bei der kristallinen Modulproduktion 2013 freuen, nachdem es seinen globalen Marktanteil auf 70,4 Prozent beträchtlich gesteigert hat“, sagt Ankit Mathur, Projektmanager für Alternative Energien bei Global Data.
Die Photovoltaik wird hierzulande durch das Erneuerbare Energien Gesetz gefördert. Das Problem dabei: Die Förderung unterscheidet dabei nicht, ob die Solaranlagen in Deutschland hergestellt wurden oder anderswo. So verlagerte sich die Produktion dorthin, wo es billiger ist – nach China. „In Deutschland installiere Photovoltaikmodule werden zu etwa zwei Drittel von chinesischen Firmen hergestellt“, sagt Eicke Weber vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. „Die chinesische Regierung hat eine strategische Entscheidung für die Photovoltaik getroffen. Sie unterstützt die Industrie massiv mit Bürgschaften bei der Finanzierung.“
Geringe Umwelt- und Effizienzstandards
„In China haben wir eine Vielzahl von Photovoltaikherstellern, die auch von der Regierung unterstützt werden. Aber ein hoher Anteil der Umweltverschmutzung stammt auch davon“, kritisiert Huang Xianjin von der Nanjing University. Der Hauptgrund für die schlechte Umweltbilanz chinesischer Solarmodule liegt in den geringen Umwelt- und Effizienzstandards und der überwiegenden Erzeugung des Stroms aus Kohle. „Es braucht eine Menge Energie, um Silizium zu gewinnen. Und China nutzt Energie aus schmutzigen und weniger effektiven Energiequellen, als das in Europa der Fall ist“, sagt der Co-Autor der Studie und Argonne-Forscher Seth Darling.
Die Autoren der Studie sehen China allerdings im Prinzip auf einem guten Weg. So wurde im Jahre 2011 bereits eine Photovoltaik-Produktionsstätte in Zhejang geschlossen, nachdem die Bürger der Provinz tagelang gegen die Verschmutzung der Luft und des Wassers demonstriert hatten. Einvernehmliche Lösungen mit den Menschen vor Ort sind für die Konzerne oft günstiger.
Siliziumgewinnung verschlingt enorm viel Energie
Am Beginn der solaren Wertschöpfungskette steht die Siliziumgewinnung. Der Halbleiter wird mithilfe von Schmelz, Reinigungs- und Destillationsprozessen bei hohen Temperaturen aus Quarz hergestellt. „Die hierfür nötige Energie spielt eine Solaranlage erst nach einem dreiviertel Jahr wieder ein“, erklärt Mariska de Wild-Scholten von der niederländischen Firma SmartGreenScans. Das Unternehmen ist auf die Lebenszyklusanalyse von Photovoltaiktechnik spezialisiert.
Auch die Wafer- und Zellenfertigung ist alles andere als umweltfreundlich. Zur Wafer-Reinigung nutzen Hersteller Säuren und Laugen. Zur elektrischen Ausrichtung bringen sie Phosphor und Bor in die Zellen ein. Alle diese Chemikalien finden sich später in den Abwässern der Fabriken wieder.
Chinesische Module müssen 20 bis 30 Prozent länger laufen
Die Studie der Northwest University besagt nun, dass chinesische Photovoltaikanlagen etwa 20 bis 30 Prozent länger in Betrieb bleiben müssten als europäische Modelle, um den Energieaufwand zu kompensieren, den die Produktion in China verursacht. Als Standort haben die Autoren der Studie den sonnigen Süden Europas gewählt. Im nicht so sonnenverwöhnten Deutschland sieht die Bilanz somit noch schlechter aus.
Überhaupt nicht berücksichtigt bei ihrer Studie haben die Forscher die Energiekosten für den Transport eines Solarmoduls vom Produktions- zum Einsatzort. Diese Energiekosten aus dem Transport würden die Differenz im Vergleich China-Europa noch weiter vergrößern, wenn sie – wie rund 60 Prozent aller Solaranlagen 2012 – nach Deutschland oder Italien gingen, sagt Seth Darling.
Einkristall-Sonnenkollektoren haben die beste Energieausbeute
Das Forscherteam hat sich die Energiebilanz von drei verschiedenen Arten von Silizium-Solarzellen angesehen. Einkristall-Sonnenkollektoren haben dabei die beste Energieausbeute, brauchen aber am längsten, um die zur Erzeugung eingesetzte Energie zu kompensieren. Dahinter rangieren multikristalline Solarzellen. Am leichtesten zu fertigen sind Folien-Silizium-Panels. Diese sind allerdings auch am wenigsten effizient in der Energieausbeute. Dafür ist ihre Amortisationszeit am schnellsten.
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