Das sauberste Gaskraftwerk Deutschlands bei Köln ist nicht am Netz
Die norwegische Statkraft hat Mitte Juni in Hürth bei Köln ein nagelneues, hocheffizientes Gaskraftwerk eröffnet. Kostenpunkt: 350 Mio. €. Aber es ist bis heute nicht in Betrieb genommen. Denn der Strom wäre zu teuer, um ihn verkaufen zu können. Der Konzern hofft, ab Herbst den ersten Strom ins Netz liefern zu können.
Konzernchef Christian Rynning-Tønnesen war persönlich aus Oslo gekommen. In vorschriftsmäßiger Sicherheitskleidung dankte der CEO des norwegischen Staatskonzerns Statkraft dem Projektteam, das im Industriegebiet Knapsack in Hürth bei Köln für sein Unternehmen ein hochmodernes Gaskraftwerk gebaut hat.
430 MW Leistung, 59,2 % Wirkungsgrad, damit eine hocheffiziente Anlage, sechs Wochen vor der Zeit fertiggestellt und das unterhalb des Budgetrahmens. Vier Jahre von Planungsbeginn bis zur Eröffnung. „Das ist sehr schnell, schneller geht es nicht“, freut sich Horst Kesselmeier, Leiter Projektentwicklung bei Statkraft. Bei einem derartigen Großprojekt gute Gründe zum Feiern.
Statkraft hofft auf höhere Stromnachfrage im Herbst
Feierlaune wollte im Festzelt mit Juni aber nicht aufkommen. „Ich würde gerne sagen, das Kraftwerk geht in Betrieb, aber wenn wir Glück haben, ist das Richtung Herbst der Fall“, so Statkrafts Deutschland-Chef Jürgen Tzschoppe. Dann nämlich sei der Strombedarf höher. Vielleicht findet der im Vergleich zu Kohle- derzeit teure Gasstrom dann am Markt seine Abnehmer.
Statkraft ist mit seinen Investitionen in deutsche Gaskraftwerke derzeit „gestrandet“, wie Tzschoppe es ausdrückt. 2009 habe man vor dem Hintergrund die Pläne beschlossen, dass mit dem zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energien „Gaskraft als umweltfreundliche Ergänzungs- und Brückentechnologie“ sehr sinnvoll sei.
„Es ist billiger, Kohle für die Stromerzeugung zu verbrennen als Gas.“ Dass es jemals so weit käme, damit hatte bei Statkraft vor vier Jahren kaum einer gerechnet. Deutschland setze faktisch auf Kohle statt Gas in Kombination mit Ökostrom. „Wir halten das nach wie vor für die falsche Richtung“, so Tzschoppe. Sein Unternehmen glaube, dass für Kraftwerke „langfristig Kapazitätsmärkte notwendig sind“.
Schon zwei Kraftwerke in Kaltreserve
Statkraft hat in Deutschland Gaskraftwerke mit 2650 MW am Netz, doch sie wurden ab dem ersten Halbjahr 2012 so gut wie nicht mehr eingesetzt. Seit Juli 2012 ist der 450-MW-Block in Emden in Kaltreserve, seit Juli auch das 500-MW-Kraftwerk in Landesbergen an der Weser. Das neue Kraftwerk Knapsack II und die 800-MW-Anlage Knapsack I sollen am Netz bleiben.
Mit Knapsack I fuhr Statkraft 2012 nach Angaben von Gundolf Dany, Leiter Energieerzeugung Deutschland und Großbritannien, ein Minus in Millionenhöhe ein. Die Anlage erzeugte in etwa 1000 Betriebsstunden gerade einmal 1 TWh an Strom, 2010 seien es in ungefähr 4000 Betriebsstunden noch über 3,5 TWh gewesen, so Statkraft.
Braunkohlekraftwerk Goldenberg arbeitet, Gaskraftwerk Knapsack II steht still
Außer im Probebetrieb im vergangenen Jahr hat das neue Kraftwerk Knapsack II in Hürth noch keinen Strom produziert. „Zum ersten Mal wurden hier vierstufige Brenner eingesetzt, die vor allem im unteren Lastbereich sehr emissionsarm und daher sehr effizient arbeiten“ erklärte Rainer Hauenschild, Bereichsleiter Energy Solutions bei Siemens Energy, die technischen Neuerungen. Das Kraftwerk kann bei einem Heißstart in wenigen Minuten auf Volllast fahren. Doch die Hightechanlage steht still, während in Sichtweite das Braunkohlekraftwerk Goldenberg erkennbar arbeitet.
Statkraft will untersuchen, ob man in Zukunft Knapsack II noch flexibler fahren kann als ursprünglich geplant, um so weitere Absatzmärkte zu erschließen. Das aber hieße noch mehr Stress für das eingesetzte Material. Jetzt muss Generalunternehmer Siemens abklären, was möglich ist.
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