Energiewende 2030: Schaffen wir die Wende überhaupt noch?
Die Energiewende ist bis 2030 gefordert. Doch schaffen wir das überhaupt? Mit dieser Frage befassen sich Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut.
Erdwärme, Photovoltaik, Solarthermie, Erdgas – die Energieversorgung ist mit Beginn der Energiewende deutlich komplexer geworden. Das Angebot hat sich erweitert, erneuerbare Energien sind hinzugekommen. Dafür wird künftig nicht mehr auf zentrale Erzeugungsanlagen gesetzt, die mit fossilen Brennstoffen Strom oder Wärme erzeugen. Die Branche befindet sich im Umbruch, und so müssen sich Gemeindevertreter mit zahlreichen Fragen zur Energieversorgung beschäftigen. Dazu gehören unter anderem: Was ist für meine Gemeinde sinnvoll? In welchem Ausmaß können diese Technologien zur Energieversorgung vor Ort beitragen? Gibt es Fördermittel für den Einsatz bestimmter Energieformen?
Im vergangenen Jahr ist der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix auf 14,8 % angestiegen. Welche Art der Energieversorgung eignet sich für welche Gemeinde? Die Energiewende stellt vor allem Vertreter kleinerer Kommunen vor neue Herausforderungen. Hilfe erhalten Sie von einem neuen Online-Tool – entwickelt von Forschern am Fraunhofer-Institut.
Besonders Vertreter kleinerer Gemeinden haben nicht die Zeit, sich so intensiv und im Detail mit diesem Thema auseinanderzusetzen, wie es nötig wäre. Schließlich gibt es zahlreiche weitere relevante Themen, die ihrer Aufmerksamkeit bedürfen. Forscher des Institutsteils Angewandte Systemtechnik (AST) des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) haben im Rahmen des Projektes „Energietechnische und -wirtschaftliche Modellierung ModTRAIL“ ein Online-Tool entwickelt, mit dem Gemeindevertreter ihren optimalen Energiemix inklusive aller Fördermöglichkeiten ermitteln können. Und das einfach und schnell.
Tool berücksichtigt erneuerbare und konventionelle Energieerzeugung
„Mit unserer Software können sich Bürgermeisterinnen und Bürgermeister kleinerer Gemeinden über die technischen Möglichkeiten im Bereich der Energiewende sowie der entsprechenden Förderungen informieren – und zwar individuell auf die Gemeinde zugeschnitten“, sagt Liane Rublack, Wissenschaftlerin am Fraunhofer IOSB-AST.
Dabei ist es nicht entscheidend, dass Wärme und Elektrizität zu 100% regenerativ erzeugt werden. Das Tool setzt vielmehr auf einen Energiemix aus konventionellen und erneuerbaren Erzeugungsanlagen. Die Forschergruppe hat das Tool in vier Modellkommunen in Thüringen getestet: in Kahla, Werther, Neumark und Großobrigen. Das sind vier Gemeinden mit jeweils weniger als zehntausend Einwohnern.
Die Eingaben sind für die Entscheidungsträger relativ überschaubar, das Tool funktioniert nahezu selbsterklärend und intuitiv. Sie tragen zuerst den Namen der Gemeinde ein. Daraufhin erhalten sie Informationen zum Strom- und Wärmebedarf des Ortes. Im Anschluss können sie Wünsche eingeben, die sie an die künftige Strom- und Wärmeversorgung stellen. Dazu gehört zum Beispiel, auf welche Technologien sie bauen oder welche sie lieber ausklammern möchten. Hierzu gibt es zahlreiche Optionen, aus denen die Entscheider wählen können – von der Solar- und Windenergie über Strom- und Wärmespeicher, Öl- und Gasbrennwertkessel bis hin zu Luftwärme- oder Erdwärmepumpen. Andere Faktoren, wie die Minimierung des CO2-Ausstoßes oder die Bezugskosten für Energie, fragt das Tool ebenfalls ab. Das Ergebnis bietet dann die Informationen über den künftigen Energie- und Anlagenmix entsprechend der angegebenen Zielvorgaben. Darin enthalten sind zusätzlich die Kosten für Installation und Betrieb, die Bezugskosten für die Energie, die Menge des CO2-Ausstoßes sowie alle Fördermöglichkeiten.
Tool ließe sich auch auf andere Bundesländer übertragen
Die Forscher nutzen Standardlastprofile für Haushalte und Zeitreihen für erneuerbare Energiequellen als Basisdaten in ihrem Tool. Letztere hinterlegt der Deutsche Wetterdienst, in diesem Fall konkret die Thüringer Wetterstation bei Erfurt-Weimar. Die für die thüringischen Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner notwendigen Daten sind bereits im System hinterlegt. Würde man die Daten ergänzen, ließe sich das Tool auch in anderen Bundesländern nutzen, stellen die Forscher in Aussicht. Das Projekt soll Bestandteil der Online-Software des Verbundvorhabens „Transformation im ländlichen Raum“ (TRAIL) werden. Ziel sei es, ein einfach zu bedienendes Tool zur Verfügung zu stellen, das eine große Anzahl kleinerer Gemeinden dazu motivieren soll, sich mit Fragen rund um eine effiziente Energieversorgung intensiv auseinanderzusetzen. Damit wollen die Forscher die Einstiegshürden überwinden, die aus ihrer Sicht hauptsächlich aus begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen bestehen.
Energiewende 2030: Kann sie noch gelingen?
Können wir die Klimawende noch schaffen? Zur Beantwortung hat sich der Podcast „Technik aufs Ohr“ vom Verein Deutscher Ingenieure und ingenieur.de Professor Harald Bradke vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI eingeladen. Er ist dort Leiter des Competence Centers Energietechnologien und Energiesysteme. Darüber hinaus ist Harald Bradke Vorsitzender der VDI-Gesellschaft Energie & Umwelt.
Können wir die Schäden der Erderwärmung nur noch aufhalten oder gelingt uns die Wende noch? Diese Frage ist auch für unseren Gast schwer zu beantworten.
„Wir müssen es versuchen“, sagt Harald Bradke im Podcast.
CO2-Einsparung und Schäden reduzieren müssen nun parallel geschaffen werden. „Wir haben zu lange gewartet mit der CO2-Einsparung“. So lautet das Credo des Professors an der ISI.
Wie andere Länder mit der Energiewende umgehen, welche Rolle Photovoltaik spielt und ob eine CO2-Steuer helfen kann, hören Sie hier.
Was beinhaltet die Energiewende 2030?
Das Fazit nach fast zehn Jahren Energiewende in Deutschland gibt der Politik wenig Anlass, sich auf den bisherigen Erfolgen auszuruhen. Daher gibt es strikte Ziele für die Energiewende bis 2030. Unter anderem sollen der Ausbau der erneuerbaren Energien wieder forciert, die Kostenspirale gebremst und mögliche Probleme bei der Versorgungssicherheit abgewendet werden. Der deutschen Umwelt- und Klimapolitik ist es immer noch nicht gelungen, die CO2-Emissionen deutlich zu senken. Das aktuelle Klimapaket wurde im Dezember 2019 verabschiedet.
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