Überraschende Erkenntnisse zum Energienetz der Zukunft
Um Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu den Zentren des hohen Verbrauchs zu transportieren, ist der Ausbau der Netzinfrastruktur notwendig. Doch wie sieht das zukünftige Energienetz aus? Eine Studie liefert Antworten: Danach soll der parallele Ausbau von Wasserstoff- und Stromnetzen erhebliche Kosten einsparen.
Statt Kraftwerke erzeugen immer mehr kleine Anlagen wie Photovoltaikanlagen oder Windräder Energie, die über lokale sowie regionale Netze verteilt werden. Doch scheint die Sonne nicht immer gleichmäßig. Und auch der Wind weht nicht immer regelmäßig. So können erneuerbare Energiequellen Netzschwankungen verursachen. Um auf die natürlichen Schwankungen im Stromnetz in Zukunft flexibel reagieren zu können und gleichzeitig die Energiewende voranzutreiben, ist der Ausbau der Netzinfrastruktur wichtig.
Doch wie sieht das Energienetz von morgen aus? Welche nachhaltigen Energiequellen stehen wo zur Verfügung und wie lässt sich die Energie möglichst effizient transportieren? Mit diesen Fragen haben sich Forschende der Technischen Universität (TU) Berlin und der Universität Aarhus in Dänemark beschäftigt. Mit ihrer Studie liefern sie nun überraschende Ergebnisse. Nach ihren Berechnungen ist die Energiewende in Europa auch ohne den Ausbau der Übertragungsnetze und ohne Energieimporte umsetzbar. Allerdings könnte Europa mit dem Ausbau von Strom- und Wasserstoffnetzen bis zu 70 Milliarden Euro pro Jahr einsparen.
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Software ermöglicht zielführende Planung von Energiesystemen
Für den Ausbau von nachhaltigen Energiequellen und der damit zusammenhängenden Netzinfrastruktur ist eine sorgfältige Planung entscheidend: In welchen Regionen scheint häufig die Sonne, wo gibt es mögliche Freiflächen für die Erzeugung von Windenergie, wo lassen sich Energiespeicher platzieren, wo herrscht ein hoher Bedarf und welche Netze sind vorhanden? An dieser Stelle setzen die Forschenden das digitale Planungstool „Python für Power System Analysis“ (PyPSA) ein, das über eine umfangreiche Datenbasis zur Simulation und Optimierung moderner Stromversorgungssysteme verfügt. Neben verschiedenen Wetterdaten kann das System auf Informationen zu Energienetzen in verschiedenen Ländern oder verfügbaren Flächen für den Ausbau von Photovoltaik- und Windenergie zugrückgreifen. Noch dazu liefert es Informationen darüber, wo beispielsweise CO₂ aus Industrieprozessen ausgeschieden wird. Auf Basis dieser komplexen Datengrundlage lassen sich verschiedene Netzausbauszenarien durchrechnen.
„Das Besondere an PyPSA ist, dass das Tool so entwickelt wurde, dass viele verschiedene Regionen und Wetterbedingungen gleichzeitig berücksichtigt werden können. Genau das, was man für die Modellierung der gesamteuropäischen Energiewende mit hohen Anteilen von Wind- und Solarstrom braucht“, sagt Fabian Neumann vom Fachgebiet „Digitaler Wandel in Energiesystemen“ der TU Berlin. Das digitale Tool, das Neumann selbst begleitet hat, liefert somit wichtige Lösungsansätze, um die Energiewende möglichste kosteneffizient umzusetzen.
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Der Ausbau von Wasserstoff- und Stromnetzen würde jährlich 70 Milliarden Euro einsparen
Bei ihren Untersuchungen zum Gelingen der Energiewende haben die Forschenden insgesamt vier verschiedene Netzausbauszenarien berücksichtigt: Den ausschließlichen Netzausbau eines Stromnetzes, den alleinigen Ausbau eines Wasserstoffnetzes, den Ausbau beider Netze in Kombination und keinen Netzausbau. Das Ergebnis: Auch ohne den Ausbau der Netzinfrastruktur und Energieimporte wäre eine ausschließliche Versorgung mithilfe von nachhaltigen Energien möglich. Der Ausbau der Netzinfrastruktur wäre jedoch in allen drei Szenarien mit deutlichen Kosteneinsparungen verbunden. Bei dem ausschließlichen Ausbau des Stromnetzes ließen sich den Berechnungen zufolge sechs bis acht Prozent der gesamten Kosten für die Energieversorgung in Europa einsparen. Bei dem alleinigen Ausbau eines Wasserstoffnetzes wären immer noch Einsparungen von zwei bis drei Prozent der Gesamtkosten für das Energiesystem in Europa möglich. Am effektivsten ist laut der Studie der Ausbau von Wasserstoff- und Stromnetzen in Kombination. Hier wären Kosteneinsparungen von bis zu zehn Prozent möglich. Das entspricht etwa 70 Milliarden Euro pro Jahr in Europa.
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Europäische Energiewende erfordert eine länder- und sektorenübergreifende Infrastruktur
Auch wenn der Ausbau der Netzinfrastruktur, laut Studie, keine Voraussetzung für das Erreichen der Energiewende ist, so lassen sich doch durch eine kluge Planung der Energienetze erhebliche Kosten einsparen. Dafür sind jedoch eine länder- und sektorenübergreifende Planung, Koordination und Umsetzung notwendig. „Um Klimaneutralität kosteneffizient erreichen zu können, müssen die Standorte von Energieerzeugung, -transport, -umwandlung und -speicherung verstärkt integriert geplant werden, da sie stark voneinander abhängen“, sagt Neumann.
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